- Anti-Bias-Vorbereitung auf Schulpraktika im Ausland
- Ziele des Ansatzes
- Erfahrungen und Emotionen reflektieren
- Vor- und Nachbereitung
- Vernetzung und Austausch
- Weiterführende Informationen & Kontakt
- Literaturverzeichnis
Ziele des Ansatzes
Im Rahmen des Projekts “Diversity Context in Teacher Education” (DiCoT) werden Studierende im dritten Bachelorsemester auf ihr erstes Schulpraktikum vorbereitet. Das Praktikum kann entweder in Hamburg oder im Ausland absolviert werden. Die Auslandsplätze werden durch Kooperationen mit Universitäten oder Schulen in Argentinien, Ghana, USA, Brasilien, Vietnam, Nepal und Australien angeboten.
Ausreisende und nicht ausreisende Studierende werden gemeinsam auf ihr Schulpraktikum vorbereitet. Dazu wurde eine innovative Perspektive in die universitäre Lehre eingebracht: der Anti-Bias-Ansatz.
Die Ziele dieses Ansatzes sind:
- Ich- und Bezugsgruppenidentität stärken – ohne Überlegenheitsgefühl.
- Erfahrungen mit Vielfalt machen und sich angesichts von Unterschieden wohlfühlen.
- Ungerechtigkeit sowie Schieflagen wahrnehmen und benennen können.
- Aktiv werden gegen Unrecht und Diskriminierung (1 Panesar 2022, S. 58-59)
Ich glaube, es ist auch ganz gut, dass wir manchmal Aufgaben hatten, die so persönlich waren (…) also, über deine Erfahrungen oder deine Meinung oder so, weil ich finde persönlich, wenn man das so macht, bleibt das mehr im Gedächtnis als wenn man jetzt einfach so einen Text liest und das zusammenfassen soll.Studierende im Interview nach dem Aufenthalt im Ghana
Erfahrungen und Emotionen reflektieren
Anti-Bias-qualifizierte Lehrende entwickelten Vorbereitungsseminare, die alle Studierenden dazu anregen, ihre eigenen Erfahrungen und Emotionen im Zusammenhang mit Diversität und sozialer Ungleichheit zu reflektieren und sich dazu auszutauschen. Wissenschaftliche Perspektiven und der Anti-Bias-Ansatz werden auf eine solche Art miteinander verschränkt, dass Studierende unterschiedliche Zugänge auf die Themen des Seminars erhalten.
Diskriminierung verstehen
Das Verständnis von Diskriminierung und ein offener Kulturbegriff spielen dabei eine wichtige Rolle. In den begleitenden Seminaren während des Schulpraktikums werden die Studierenden darin unterstützt, die Rolle als Praktikantin oder Praktikant in der Schule selbstsicher einzunehmen und Diversität und soziale Ungleichheit in der jeweiligen Schule zu beobachten und ggf. einen angemessenen Umgang dazu zu finden.
Ergänzend zu den Anti-Bias-Seminaren wurden im Laufe des Projekts einmalige Workshops explizit für die ausreisenden Studierenden sowohl vor als auch nach dem Auslandsaufenthalt entwickelt. Die Moderation der Workshops erfolgt im Tandem, dies entspricht dem im Anti-Bias-Ansatz üblichen Vorgehen.
Kurz nachdem ich nach [neue Stadt] gezogen war, war ich auf der Suche nach einer Zahnarztpraxis. Ich habe also im Internet recherchiert, welche Praxen sich in meiner Umgebung befanden. Nach einigen Minuten fiel mir auf, dass ich mich nur auf die Praxen fokussierte, die einen "deutschen" Namen hatten. Ich hinterfragte in diesem Moment mein Verhalten und erkannte, dass ich den "deutschen" Namen als Qualitätsmerkmal herangezogen hatte. Ich hatte also bei vielen Zahnärztinnen und Zahnärzten, aufgrund eines vermuteten Migrationshintergrunds, erwartet, dass sie schlechtere Leistungen erbringen als diejenigen, die einen "deutschen" Namen hatten. Warum sollte ich diese Kategorisierung nicht auch unterbewusst auf Schülerinnen und Schüler anwenden? Basierend auf dieser Erfahrung sollte ich doch vielmehr davon ausgehen, dass meine Leistungserwartungen durch einen Migrationshintergrund beeinflusst werden. Nur wenn ich mir dem Problem bewusst bin, kann ich auch dagegen angehen.Text eines Studierenden eines DiCoT Seminars
Vor- und Nachbereitung
Im Kick Off-Workshop vor Praktikumsbeginn werden die Studierenden spielerisch mit irritierenden Situationen konfrontiert, mit eigenen Stereotypen über die Zielländer und Stereotypen über Deutschland in den Austausch gesetzt und für ihre eigenen Erwartungen sensibilisiert. Dabei werden sie zur kritischen (Selbst-)Reflexion angeleitet und ermutigt, sich auf herausfordernde Situationen vorzubereiten und über konstruktive Strategien nachzudenken. Auch organisatorische Aspekte des Aufenthaltes werden besprochen.
Welcome Home
Im Welcome Home-Workshop nach Absolvierung des Praktikums haben die Studierenden die Möglichkeit, explizit auf Situationen einzugehen, die für sie während des Auslandspraktikums besonders bedeutsam und herausfordernd waren. Diese Situationen werden individuell reflektiert und in Paaren, Gruppen und im Plenum diskutiert.
Die Reproduktion von Stereotypen und ihre Veränderung vor den Eindrücken des Praktikums wird thematisiert. Die Bedeutung des Auslandspraktikums wird in der Gruppe im Hinblick auf die zukünftige berufliche Laufbahn diskutiert. Auch positiven Erinnerungen, Emotionen und der Reflexion der eigenen Entwicklung werden Raum gegeben.
Vernetzung und Austausch
In den Jahren 2022 und 2023 wurden Vernetzungskonferenzen an der Universität Hamburg durchgeführt. Diese ermöglichten den Austausch mit den Partnern zu projektrelevanten Themen wie etwa der Begleitung und Vorbereitung von Auslandspraktika an Schulen an den verschiedenen Zielstandorten.
Darüber hinaus fanden Gastbesuche einzelner Partner mit einer Studierendengruppe statt, im Rahmen derer Hospitationen an Hamburger Schulen durchgeführt und Seminare an der Universität abgehalten wurden. Ein neues Workshopformat zu einer kritischen Reflexion des Aufenthalts in Hamburg wird zurzeit entwickelt und erprobt.
Weiterführende Informationen & Kontakt
Das Projekt Diversity Contexts in Teacher Education ist in Zusammenarbeit der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg mit dem Zentrum für Lehrkräftebildung Hamburg (ZLH) entstanden und wird von Dr. Myriam Hummel (EW und Abteilung Internationales), Dr. Britta Schmidt (ZLH), Prof. Dr. Telse Iwers (EW) und Prof. Dr. Sara Fürstenau (EW) geleitet. Weitere Informationen finden Sie auf der Projekthomepage.
Die Qualifizierung der Hochschullehrenden im Anti-Bias-Ansatz wurde von Rita Panesar und Elisabeth Wazinski von der Anti-Bias-Praxis durchgeführt.
Unsere internationalen Partner sind:
- Universidad de la Ciudad de Buenos Aires, Argentinien
- Griffith University, Australien
- Universidade Federal do Rio Grande do Sul (UFRGS), Brasilien
- Université de Strasbourg (UNISTRA), Frankreich
- University of Education Winneba (UEW), Ghana
- Shree Dedi Thumka Lower Secondary School, Nepal
- Universidad de Alcalá (UAH), Spanien
- Universidad de Almería (UAL), Spanien
- Indiana University (IU), USA
- University of North Carolina Greensboro (UNC), USA
- Ho Chi Minh City University of Education (HCMUE), Vietnam
Kontakt
Projektleitung:
Sara Fürstenau: sara.fuerstenau@uni-hamburg.de
Myriam Hummel: myriam.hummel@uni-hamburg.de
Telse Iwers: telse.iwers@uni-hamburg.de
Forschung & Lehre:
Javier Carnicer: javier.carnicer@uni-hamburg.de
Carolina Colmenares Díaz: carolina.colmenares@uni-hamburg.de
Helena Dedecek Gertz: helena.dedecek.gertz@uni-hamburg.de
Britta Schmidt: britta.schmidt@uni-hamburg.de
Nadezda Strunk: nadezda.strunk@uni-hamburg.de
Projektkoordination:
Nicolai Pudimat: nicolai.pudimat@uni-hamburg.de