DAADeuroletter editorial LIEBE LESERINNEN UND LESER Erasmus+ feiert dieses Jahr Geburtstag. Seit 35 Jahren können junge Menschen mit dem Bildungs- und Mobilitätsprogramm der Europäischen Union ihren Horizont erweitern und Europa erleben. 13 Millionen Mal wurde diese Gelegenheit bereits genutzt, 1 Million Mal von Angehörigen deutscher Hochschulen. Die Verdopplung des Erasmus+ Budgets in der Programmgeneration 2021–2027 auf über 28 Mrd. Euro will noch mehr jungen Menschen diese für sie oft prägende Lebenserfahrung ermöglichen. Neben den Hochschulen sind im gemeinsamen Eras- mus+ Programm seit 2014 auch die Schulen, die berufliche Bildung, der Jugendbe- reich und die Erwachsenenbildung sowie der Sport adressiert. Erasmus+ für alle! Dieses Ziel verfolgt gleichermaßen das zentrale transversale Schwerpunktthema «Inklusion und Vielfalt» der neuen Programmgeneration. In Vor- bereitung darauf hatten wir bereits den DAADeuroletter 69 diesem Thema gewidmet und darin Ziele, Möglichkeiten und Instrumente der Ausweitung der sozialen Teilhabe ausgeleuchtet. Mit der vorliegenden Ausgabe greifen wir das Thema nach 2,5 Jahren wieder auf. Mit dem Start der neuen Programmgeneration konnten wir die Planungen zur Aus- weitung der sozialen Teilhabe am und im Programm in die Tat und nicht zuletzt in der Förderung umsetzen. Darüber berichten wir mit Beispielen aus den Hochschulen in dieser Ausgabe. Die NA DAAD blickt auf eine lange Tradition in der Unterstützung Studierender und Hochschulmitarbeitender mit Behinderung durch die Übernahme real entstan- dener Kosten von Auslandsaufenthalten zurück. Der Adressatenkreis wurde nun erweitert, indem auch Menschen mit chronischer Erkrankung und solche, die ihren Auslandsaufenthalt mit Kind(ern) durchführen, in die Gruppe der Antragsberechtigten

DAADeuroletter spektrum top Impulse: Leitaktion 1 8 «Mobilität chancengerecht – Begleitung, Information und Vernetzung im Erasmus+ Pro- gramm» Unter diesem Titel lud die NA DAAD Anfang Juni 2022 Erasmus+ Koordi- natorinnen und Koordinatoren und Hochschulmitarbeitende zu einem Netzwerktreffen ein. 10 Inklusion und Vielfalt Chancengerechte Mobilitäten – am Beispiel der TU Dortmund Erasmus+ und Inklusion – was be- deutet das für Hochschulen? Wir haben alltägliche Herausforderungen der Programmausgestaltung sowie am Austausch Beteiligte kennengelernt. 4 27 Das Inklusionsversprechen von E+ Ein Check-up von Achim Meyer auf der Heyde Die Erhöhung der Stipendienraten ist ein richtiger Schritt, stellt der vorma- lige Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks fest, mahnt aber gleichzeitig die Nachjustierung an, sollte das Versprechen nicht gehal- ten werden. top Impulse: Leitaktion 2 28 Inklusive Projektförderungen in Erasmus+ Möglichkeiten und ihre Bedeutun- 18 Kreis potenziell Geförderter deutlich ausgebaut Erweiterte finanzielle Unterstüt- zungsmöglichkeiten im Erasmus+ Programm Durch möglichst niedrigschwellige Nachweisverfahren soll die Balance zwischen einfachem Zugang zu den Fördermöglichkeiten und verantwor- tungsvollem Umgang damit gewahrt werden. 21 Erfahrung mit Inklusion Der Jugendbereich in Erasmus+ Inklusiven und diversitätssensiblen Projektansätzen wird in den EU-Pro- grammen für den Jugendbereich schon seit Langem eine hohe Priorität bei- gemessen. 22 Kräfte bündeln, Strategien gemeinsam entwickeln Die Long-Term Activity «Social Inclusion in Higher Education» Seit Anbeginn verfolgt die EU mit Erasmus auch gesamtgesellschaftliche Ziele: die Vertiefung der europäischen Integration und die Stärkung des Ge- meinschaftsgefühls. 26 SALTO Resource Centre for Inclusion and Diversity (Education and Training) Bis zum Ende der laufenden Pro- grammphase soll das neue Zentrum die Nationalen Agenturen sowie an- dere Akteure auf europäischer Ebene bei der Förderung von Inklusion und Vielfalt unterstützen. gen für das Selbstverständnis der NA DAAD Als horizontale Priorität ist Inklusion und Vielfalt noch stärker in den Fokus von Erasmus+ gerückt, so auch in der Projektförderung der Leitaktion 2. Wie hat sich die NA DAAD den Herausfor- derungen angenähert? 30 Ein innovativer Ansatz für eine neue Herausforderung Das Cooperation-Partnership- Projekt «All means all» Das gleichnamige OpenTextbook wird ein zugängliches, interaktives und multimediales Lehrbuch und ein Instru- ment sein, um strukturelle Benachteili- gungen in der Bildung zu bekämpfen. 32 Europäische Hochschulen als Vorbilder und Inspirations- quellen Das Beispiel der ENLIGHT-Allianz Die Allianz versteht Chancengerechtig- keit, Vielfalt und Inklusion als wichtige Querschnittsmomente für eine nach- haltige Entwicklung von Hochschulen.

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DAADeuroletter top «Mobilität chancengerecht – Begleitung, Information und Vernetzung im Er Unter diesem Titel lud die NA DAAD Anfang Juni 2022 zu einem 2-tägigen Netzwerktreffen nach Bonn ein. Eras- mus+ Koordinatorinnen und Koordinatoren sowie Hoch- schulmitarbeitenden themenrelevanter Bereiche wurde Gelegenheit geboten, sich zu informieren, zu vernetzen und darüber auszutauschen, wie die erweiterten Prozesse und ausgebauten Möglichkeiten der Inklusionsmaßnah- men des Programms an Hochschulen am besten umge- setzt werden können. Grundlegende Veränderungen bringen neue Herausforderungen Mit der neuen Programmphase haben Inklusion und Vielfalt bekanntermaßen weiter an Bedeutung gewon- nen. Ein vormals wichtiger Themenbereich ist nunmehr als eine von 4 horizontalen Prioritäten ein Eckpfeiler von Erasmus+ und damit mitbestimmend bei der Ent- wicklung und Durchführung aller Aktivitäten. Zudem gibt es programmseitig neue und adaptierte Formate (Blended- und kürzere Aufenthalte) und erweitere Mög- lichkeiten in der finanziellen Zusatzförderung (Aufsto- ckungsbetrag und Realkostenanträge). Darauf hat die NA DAAD ein breites Angebot aufgebaut mit dem Ziel, Studierendengruppen zu unterstützen, die bisher aus so- zioökonomischen Gründen weniger mobil waren. Durch den Transfer von Mitteln aus dem Europäischen Sozial- fonds Plus wurde die finanzielle Grundlage geschaffen, Die Parameter der Förderung: Schon lange setzt sich die NA DAAD für die chancengerechtere Gestaltung von Auslandsaufenthal- ten ein. So gibt es bereits seit Beginn der vergangenen Programmgeneration 2014 finanzielle Zusatzförderung für Studierende mit Behinderung oder mit Kind(ern) im Ausland. Zur Schaffung noch besserer Zugangsbedingungen zu Erasmus+ sind diese Möglichkei- ten noch einmal ausgebaut worden. Ab dem Aufruf 2022 hat die NA DAAD in Abstimmung mit dem BMBF für alle Studierenden die Erhöhung der Stipendienraten in der innereuropäischen Studierendenmobilität um bis zu 160 Euro beschlossen. Gleichzeitig sind die Zielgruppen mit geringeren Chancen, die eine zusätzliche finanzielle Förderung über Aufstockungsbeträge erhalten, ausgeweitet worden. Anhand nationaler Daten sind hierfür weniger mobile Studierendengruppen identifiziert worden, die einen erhöhten Unterstützungsbedarf zur Realisierung einer Auslandsmobilität aufgrund organisatorischer und finanzieller Barrieren haben: Studierende aus einem nicht akademischen Eltern- haus und erwerbstätige Studierende.1 Mit dieser Erweiterung wurde ein Angebot für geschätzt die Hälfte aller deutschen Studieren- den geschaffen. Möglich war der mehrzügige Ansatz der Förderung durch den Transfer aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus auf Erasmus+. Hierdurch stehen in den Jahren 2022–2027 insgesamt 57 Mio. Euro für die Mobilität von Einzelpersonen zur Verfügung. Über pau- schalierte Zusatzförderung und individuelle Realkostenförderung können bis 2027 somit zusätzlich mehr als 13.000 Studierende mit geringeren Chancen von einer erhöhten Unterstützung profitieren. 1 Gründe für die Auswahl: Die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks aus dem Jahr 2016 zeigt: Fast die Hälfte aller Studierenden an deutschen Hochschulen sind Erstakademikerinnen und Erstakademiker. Gleichzeitig sind Studierende aus einem nicht akademischen Elternhaus während des Studiums weniger mobil als ihre Mitstudierenden. Ein Diskussionspapier des Stifterverbandes bestätigt, dass die Finanzierung des Auslandsaufenthaltes eine wesentliche Hürde darstellt (Vom Arbeiterkind zum Doktor | Stifterverband). Ähnlich stellt sich die Situation für erwerbstätige Studierende in Deutschland dar. Die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks zeigt: Mehr als jede(r) zweite Studierende in Deutschland sieht eine Hürde bezüglich der Umsetzung einer Auslandsmobilität im Wegfall von Leistungen beziehungsweise von Verdienstmöglichkeiten. Gleichzeitig sind fast 70 Prozent der Studierenden im Präsenzstudium erwerbstätig und mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Studierenden ist auf den eigenen Verdienst zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen. 8

DAADeuroletter top Inklusion und Vielfalt in Erasmus+ Chancengerechte Mobilitäten – am Beispiel der TU Dortmund Die neue Programmgeneration von Erasmus+ hat in Deutsch- land zu einer Erweiterung der Personenkreise geführt, die Anspruch auf gesonderte Unterstützung zur Durchführung eines Auslandsaufent- halts haben. Damit ergeben sich neue Aufgaben, Herausforderungen, aber ebenso Chancen für Hochschulen. Was bedeutet das für ihre tägliche Arbeit? Welche Schritte und Maß- nahmen sind notwendig, um die Zielgruppen zu erreichen? Und was ist zu bedenken? Auf der Suche nach Anregungen und Inspirationen an der TU Dortmund. Das Internationale Begegnungszen- trum (IBZ) der TU Dortmund grenzt un- mittelbar an das Gebäude der Zentralen Studienberatung. Der markante rote Bau dient allen Fakultäten der Hochschule für Veranstaltungen im internationalen Kontext. 10 Gute Nachrichten «Es ist und bleibt spannend. Und das sage ich nach 20 Jahren im Re- ferat Internationales und genauso vielen Jahren Arbeit mit Erasmus», stellt Silke Viol mit einem Lächeln fest, als sie uns an diesem Dienstag- vormittag in ihrem Büro im 2. Stock des Gebäudes der Zentralen Studien- beratung am Campus Nord der TU Dortmund begrüßt. Gerade habe sie noch, erzählt die Erasmus+ Hoch- schulkoordinatorin und stellvertre- tende Leiterin des Referats, mit ihrer Kollegin Laura Hope gesprochen, die im Referat unter anderem für die Beratung zu Auslandsaufenthal- ten verantwortlich ist. «Wir haben in diesem Jahr den höchsten Stand an Mobilitätszahlen seit der erst- maligen Programmteilnahme 1987 erreicht. Vor allem im Bereich der Studierendenmobilität für Auslands- studium und Auslandspraktikum können wir eine jährliche, kontinu- ierliche Steigerung verzeichnen.» Einflüsse und Vorbildwirkungen, auch von jenseits des Atlantiks Was sind die Gründe für den Erfolg, fragen wir sie. Silke Viol, selbst Erstakademikerin, muss nicht lange überlegen. Über die Jahre, so sagt sie, seien innerhalb des Referats Internationales, aber ebenfalls an der TU insgesamt belastbare Infor- mations- und Beratungsstrukturen aufgebaut worden. Sie seien die Voraussetzung dafür, dass hervorra- gende Betreuung von Outgoings und Incomings auf allen Ebenen geleistet werden könne. «Wir haben früh verstanden, dass wir uns intensiv um die Incoming- Austauschstudierenden kümmern müssen, um attraktive Austausch- plätze studiengebührenfrei für Dortmunder Studierende an unseren Partneruniversitäten schaffen zu können», erläutert Viol, die während ihres Studiums Auslandsaufenthalte absolvierte. «Als Ruhrgebietsuniver- sität müssen wir uns besonders an- strengen, um für Incomings attraktiv zu sein, da im Ausland häufig ande- re, größere Städte bekannter sind.» Gleichzeitig stammten viele der Stu- dierenden aus nicht akademischem Haushalt, womit die Erwerbstätigkeit während des Studiums oftmals ein- hergehe, erläutert sie. «Somit ist die Studiengebührenfreiheit für unsere Studierenden enorm wichtig, um im Ausland studieren zu können.» →

DAADeuroletter top Die Incoming-Perspektive Sebastian Diaz Darias studiert in Madrid und absolviert im akademischen Jahr 2022/2023 eine Erasmus+ SMS Mobilität an der TU Dortmund. In Madrid finanziert er sein Studium mit circa 30 Stunden wöchentlicher Arbeit und kann dies auch remote in Dortmund fortführen. Seine Erasmus+ Förderung beträgt 260 Euro. Weitere finanzielle Unterstützung aufgrund seiner Arbeit wurde von seiner Heimatuniversität nicht angeboten. Sie arbeiten während Ihres Aufenthalts an der TU Dortmund weiterhin. Wie lassen sich Studium und Arbeit vereinbaren? Eine gute Organisation ist essenziell. Ich arbeite früh morgens, mache in Ruhe meine Arbeit und fahre dann an die Universität. Dabei hilft es, dass mein Arbeitgeber sehr flexibel ist. Und die akademische Viertelstunde eröffnet immer wieder etwas Spielraum. Was sagen Sie zur finanziellen Aufstockung, die in Deutschland an erwerbstätige Studierende gezahlt wird, damit sie mit Erasmus+ ins Ausland gehen können? Ich denke, es ist eine erstaunliche Idee, organisierte, hart arbeitende Menschen, die ein klares Ziel vor Augen haben, zu belohnen und zu motivieren. Das ist in meinen Augen eine gute Mittelverwendung, von der wir in anderen Ländern ler- nen können. Es ist auch wichtig, dass die Unternehmen die Studierenden unterstützen, wie es bei mir ist, sonst würde es natürlich nicht funktionieren. Ein wichtiger Impuls für diesen serviceorientierten Ansatz ging vom USA-Programm der TU Dortmund aus, fügt sie erklärend hinzu. «Wir haben es hier mit Studierenden zu tun, die Tausende von US-Dollar Stu- diengebühren an ihrer Heimatuni- versität zahlen, um ein Semester in Dortmund zu studieren. Diese Stu- dierenden haben gewisse Erwartun- gen, und die wollten wir auf jeden Fall erfüllen, da wir mit diesen Inco- mings gleichzeitig attraktive – näm- lich studiengebührenfreie – Aus- tauschtauschplätze für Dortmunder Studierende generieren können. Den dabei entwickelten Servicegedanken, die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, haben wir in das Eras- mus+ Programm hineingetragen.» Bedarfsgerechte Betreuung mit verlässlichen Partnern Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zu einer jener Einrichtungen, mit denen das Referat Internationa- les eng zusammenarbeitet: dem Be- reich «Behinderung und Studium» im Zentrum für Hochschulbildung. Die Anfänge der besser unter der Abkürzung «DoBuS» bekannten Einrichtung reichen bis Ende der 1970er-Jahre zurück, als feste Be- ratungsstelle besteht sie seit 2001. DoBuS berät gezielt Dortmunder Studierende und Lehrende mit Be- hinderung oder chronischen Krank- heiten, unter anderem zu einem geplanten Auslandsaufenthalt. Das betrifft beispielsweise Fragen zur Ermittlung des zusätzlichen Bedarfs und der Kosteneinschätzung für einen Realkostenantrag im Rah- men von Erasmus+. DoBuS bietet aber auch Dienstleistungen an. Gemeinsam mit der Universitäts- bibliothek setzt es Studienmate- rialien, Klausuren und Lehrbücher für sehbeeinträchtigte Studierende in barrierefreie Medienformen um und untertitelt für Studierende mit Hörbeeinträchtigung im Bedarfsfall Lehrvideos. Wir erreichen DoBuS nach nur weni- gen Gehminuten über den Campus Nord, der in den 1970ern im Zuge der Erweiterung der damaligen Universi- tät Dortmund mit großzügigen Grün- flächen errichtet wurde. Die meisten Fakultäten sowie die Universitätsbib- liothek und die Mensa befinden sich hier. Auffallend sind die Maßnahmen zur Sicherung der baulichen Barriere- freiheit – Rampen für Rollstuhlfah- rerinnen und -fahrer sowie Blinden- leitsysteme für sehbeeinträchtigte Personen sind überall. Sie sind der sichtbare Teil der umfassenden Bar- rierefreiheit, die sich auf die Hoch- schullehre, die Digitalisierung und die Verwaltungsprozesse erstreckt und soziale sowie ökonomische As- pekte einschließt. Die TU Dortmund stellt für sich den Anspruch, eine «Hochschule für Alle» zu sein. 12

DAADeuroletter top Ein Blick auf Studierende mit Kind(ern) «Das Elterncafé müsste gerade zu Ende gegangen sein», sagt Silke Viol, nachdem wir von uns Carsten Bender verabschiedet haben. «Las- sen sie uns noch zu Jeannette Kratz gehen. Sie ist seit vielen Jahren in der Stabsstelle Chancengleichheit, Familie und Vielfalt für den Bereich ‹Familiengerechte Hochschule› ver- antwortlich, eine wichtige Partne- rin unseres Referats und vor allem jemand, die Ihnen etwas zu den Herausforderungen erzählen kann, denen sich Studierende mit Kind gegenübersehen, ganz grundsätzlich, aber auch bezüglich einer Auslands- mobilität. Sie kann Ihnen eine Ein- schätzung zu den neuen Fördermög- lichkeiten für diese bislang wenig mobile Zielgruppe geben.» Neben dem Elterncafé gibt es weitere Ange- bote der «Familiengerechten Hochschule», hier zum Beispiel der Eltern-Kind-Raum der Universitätsbibliothek für Recherchearbei- ten mit Kind(ern). Die zielgruppengerechte Beratung auf dem Campus informiert auch über die Fördermöglichkeit eines Auslands- aufenthalts. 14 Wir treffen Jeannette Kratz in dem Raum, in dem eben noch das Eltern- café stattgefunden hat, eine einmal im Monat angebotene Möglichkeit zum Treffen von Eltern, um in einer entspannten Atmosphäre beispiels- weise Tipps zur Vereinbarkeit von Familie mit Studium, Forschung oder Beruf auszutauschen. Uns inte- ressiert, was sie insbesondere über die neue Realkostenförderung für Studierende mit Kind(ern) bezie- hungsweise die Aufstockungsbeträ- ge für Studierende aus einem nicht akademischen Elternhaus denkt.* Alles wichtig, alles richtig, sagt sie. Vielleicht können wir dadurch auch Studierende mit einem oder gar mehreren Kindern über Erasmus+ ins Ausland schicken, sei es zum Studium oder für ein Praktikum. Sie werde auf jeden Fall, so wie bislang, Unterstützung anbieten. «Leider hatten wir bisher nur weni- ge Studierende mit Kind, die einen Auslandsaufenthalt in Erwägung zogen», fügt sie hinzu. Die Gesamt- situation dieser Studierenden sei oft nicht einfach. Wenn sie zudem aus einem nicht akademischen Haushalt kommen oder es ihnen an finanziel- lem Rückhalt beispielsweise ihrer Familie fehlt, dann wird ein Aus- landsaufenthalt oft nicht einmal angedacht. «Ein Auslandsstudium erscheint ihnen als Luxus». Veränderungsbedarfe Was müsste passieren, damit sich daran etwas ändert? Die Bedingun- gen für ein Studium mit Kind(ern) müssten in Deutschland insgesamt besser werden, sagt sie. Zudem wä- re es hilfreich, stünden mehr und umfassendere Informationen über * Vgl. Infokasten auf S. 8 mögliche Gasthochschulen zur Ver- fügung, und das niedrigschwellig und leicht abrufbar. Gibt es dort Wohnungen für Studierende mit Kind? Welche wohnungs- oder cam- pusnahen Betreuungsmöglichkeiten existieren, wie viel kosten sie und wie bekommt man einen Platz? Wie sieht es mit einem Familienbüro an den Gasthochschulen aus, gibt es diese und könnten sie Informatio- nen bereitstellen und Unterstützung bieten? Das sind einige zentrale Fragen. Jeannette Kratz wünscht sich in diesem Zusammenhang Hilfe von außen, da Hochschulen diese In- formationsbeschaffung nicht allein bewältigen könnten. Geeignet wäre zum Beispiel eine europaweite Ver- netzung aller Akteurinnen und Ak- teure, das heißt auch der Familien- büros von Hochschulen, gleich dem Netzwerk Familie in der Hochschule e. V. im deutschsprachigen Raum. Denkbar wäre ebenfalls, die Platt- form InclusiveMobility.eu, auf der Hochschulen über ihre Beratungs- und Unterstützungsangebote infor- mieren können, auf dieses Themen- feld auszuweiten, so wie das von der NA DAAD angeregt wird. Und außerdem? Vielleicht wäre es förder- lich, Studierende mit eigener Fami- lie, die in der Regel chronisch unter Zeitmangel leiden, meistens auf ihre Finanzen achten müssen und daher oft sehr fokussiert studieren, direkt auf ein Auslandssemester anzuspre- chen. «Hierzu ist die Vernetzung innerhalb der Universität, wie wir sie gerade in Dortmund ausbauen, so wichtig, damit diese Studierenden ermutigt werden, doch ein Auslands- studium mit Kind oder Kindern zu planen.»

DAADeuroletter top Wie erreicht man die Zielgruppen? Und wie groß sind sie? Nach ein paar Minuten sind wir wieder im Büro von Silke Viol. Wir kommen auf die derzeitigen Her- ausforderungen für die Erasmus+ Arbeit in Dortmund zu sprechen, ge- rade im Hinblick auf Inklusion und Vielfalt. «Die Strukturen für eine individuelle Betreuung sind vorhan- den und greifen, wenn es konkrete Fälle bei Studierenden, Graduierten und Lehrenden gibt, die eine beson- dere Förderung benötigen», stellt Sil- ke Viol fest. «Mit den neuen finan- ziellen Unterstützungsmöglichkeiten haben wir zusätzlich einen größeren Handlungsspielraum erhalten. Die Frage ist: Wie erreichen wir die ent- sprechenden Zielgruppen besser, bei uns in Dortmund beispielsweise Stu- dierende aus nicht akademischem Haushalt oder berufstätige Studie- rende, wenn wir nicht nur die, die sowieso ins Ausland gehen wollen, mit einem höheren Stipendium aus- statten wollen?» Das Beratungsangebot sei vielfältig und groß, reiche von Gesprächen – individuell vereinbart oder im Rah- men von offenen Sprechstunden, Präsenz oder online – über Mails bis hin zu Infoveranstaltungen, abrufba- ren Aufzeichnungen solcher Veran- staltungen und Videos zu einzelnen Themen, zum Beispiel Studium im Ausland oder Auslandsaufenthalte für Englisch-Lehramtsstudierende. Laura Hope, mit der sie ja noch vor unserem Besuch gesprochen habe, sagt, dass speziell Videos sehr gut ankämen. Dadurch habe sich auch der individuelle Beratungsaufwand merklich reduziert. Tatsache sei aber ebenfalls, räumt Silke Viol ein, «dass wir nicht ganz wissen, wie groß die potenziellen Zielgruppen wirklich sind. Die TU Dortmund erfasst nicht, wie viele Studierende mit Behinde- rung, chronischer Erkrankung oder Kind eingeschrieben sind, wie viele nebenbei arbeiten oder aus einer nicht akademischen Familie stam- men. Uns geht es da wie eigentlich allen deutschen Hochschulen oder zumindest den meisten.» Das heiße aber keineswegs, dass nichts geschehe. Ganz im Gegen- teil, ergänzt Silke Viol. «Um diese Zielgruppen und noch eine weitere bei der Mobilität eher verhaltene Gruppe – die Lehramtsstudieren- den – besser zu erreichen, haben wir uns vom Referat Internationales mit DoBuS, der Stabsstelle Chancen- gleichheit, Familie und Vielfalt, den Talentscouts und dem Dortmunder Profil für inklusionsorientierte Leh- rer/-innenbildung an der TU Dort- mund zusammengesetzt, um nach Lösungen zu suchen und gleichzeitig das Thema ‹Auslandsaufenthalt› in den entsprechenden Einrichtungen präsenter zu platzieren.» Das erste Kick-off-Meeting in größerer Runde habe erfolgreich im Oktober 2022 stattgefunden und gezeigt, dass es immer wieder zu neuen Netzwerken inner- und auch außerhalb der Uni- versität kommen müsse, damit die Informationen letztendlich bei den richtigen Studierenden und Gradu- ierten sowie dem Hochschulpersonal ankommen, um die Mobilität wirk- lich zu erhöhen. Ein taktiles Leitsystem führt von Gebäude zu Gebäude. Es ist ein wesentlicher Baustein der TU Dortmund im preisgekrönten Konzept zur Inklusion von jungen Menschen mit Behinderungen, Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen. 16

DAADeuroletter top Kreis potenziell Geförderter deutlich ausgebaut Erweiterte finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten im Erasmus+ Programm Die erweiterten finanziellen Unter- stützungsmöglichkeiten im Eras- mus+ Programm haben wir zum Anlass genommen, die Zielgruppen derjenigen auszuweiten, die auf- grund geringerer Chancen durch monatliche Aufstockungsbeträge oder Realkosten besondere finan- Grundstipendienraten Projekt 2022 je nach Zielland: 490 / 540 / 600 EUR pro Monat Top-up für Studierende mit geringe- ren Chancen (in Deutschland Personen aus nicht-akademischem Elternhaus, erwerbstätige Studierende, Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkran- kung sowie Studierende mit Kindern): 250 EUR + Grundstipendienrate Top-Up Auslandspraktikum: 150 EUR + Grundstipendienrate + ggf. Top-Up geringere Chancen Maximalförderung je Zielland: ∙ 490 EUR + 250 EUR + 150 EUR = 890 EUR / Monat ∙ 540 EUR + 250 EUR + 150 EUR = 940 EUR / Monat ∙ 600 EUR + 250 EUR + 150 EUR = 1.000 EUR / Monat Realkostenabrechnung: Studierende und Hochschulmitarbeiten- de mit Behinderung oder chronischer Erkrankung und solche, die ihren Aus- landsaufenthalt mit Kindern durchführen, können bis zu 15.000 EUR pro Semester bzw. Mobilität für real entstandene aus- landsbedingte Mehrkosten für einen Aus- landsaufenthalt oder eine vorbereitende Reise erhalten. zielle Förderung erhalten. Seit dem Aufruf 2022 werden daher neben Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung und Studierenden mit Kind(ern) im Ausland auch erwerbstätige Studie- rende sowie Studierende aus einem nicht akademischen Elternhaus über monatliche Aufstockungsbeträge ge- fördert. Studierende mit Kind(ern) haben darüber hinaus neuerdings auch die Möglichkeit der Förderung über Realkosten. Bei der Umsetzung der Maßnah- men ist die Wahrung der Balance zwischen einfachem Zugang zu den Möglichkeiten für Teilnehmende, geringem administrativem Aufwand für Hochschulen und verantwor- tungsvollem Umgang mit Förder- mitteln nicht immer einfach. Für den Erhalt der Aufstockungsbeträge haben wir uns dazu entschlossen, die ehrenwörtliche Erklärung als Nachweis der Förderfähigkeit einzu- führen. Weitere Nachweise sind nur auf Nachfrage der Hochschule vor- zulegen. Durch dieses vereinfachte Nachweisverfahren möchten wir die Nutzung der Angebote gleichzeitig niedrigschwellig für Studierende und mit möglichst geringem Verwal- tungsaufwand für die Hochschulen gestalten. Die Beantragung von und der Nach- weis über real entstandene Kosten für Geförderte bedarf aufgrund der hohen Fördersummen eines etwas umfänglicheren Verfahrens. Dies hängt mit der möglichst genauen Kalkulation der Kosten zusammen, um Hochschulen mit den entspre- chenden Mitteln auszustatten und Rückzahlungen Geförderter zu ver- meiden, sowie mit der Nachweis- pflicht entstandener Kosten. Hinzu kommt, dass jede Anfrage einen Ein- zelfall darstellt und der Prozess von der Beantragung über die Prüfung bis hin zur Abrechnung den viel- fältigen Bedürfnissen der Antrag- stellenden gerecht werden muss. Vor diesem Hintergrund war unser Ziel, ein möglichst offenes und zugleich strukturiertes Antragsverfahren zu entwickeln. Da wir mit den erweiterten Maßnah- men einen nun deutlich größeren Kreis potenzieller Geförderter an- sprechen, wird derzeit eine Anlei- tung zur Antragstellung für Studie- rende erstellt. Im kommenden Jahr werden wir die Antragstellung dann auch in unseren Beratungsforma- ten für Erasmus+ Koordinatorinnen und Koordinatoren aufgreifen. Erste Anträge von Studierenden, die mit Kind(ern) ins Ausland gehen, haben bereits gezeigt, dass ein hoher Be- darf besteht. Wir freuen uns sehr, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen an den Hochschulen nun noch mehr Studierenden und Hochschulmitarbeitenden einen Auslandsaufenthalt ermöglichen zu können! fs Kontakt Frauke Stebner EU02 – Soziale Teilhabe > erasmus-inclusion@daad.de 18

Veronika Wolff Ich bin mit meinen beiden Söhnen seit Ende August 2022 für ein Auslandssemester am Blekinge Institute of Technolo- gy im schwedischen Karlskrona. Das auch auf den zweiten Blick wohl Ungewöhnliche daran: Nicht meine beiden Söhne begleiten mich, sondern ich sie. Vor allem Richard braucht mich. Er ist ein Asperger Autist und benötigt deshalb eine ver- traute Person, um das Studium zu absolvieren – zur Organisa- tion, in den Vorlesungen sowie in der häuslichen Betreuung. Da ich alleinerziehend bin und keine weitere Unterstützung habe, ist dieser Auslandsaufenthalt für Richard, aber eben- falls für Niclas (er ist schwerhörig und trägt ein Hörgerät) nur dank des Realkostenantrags im Rahmen von Erasmus+ möglich. Das gilt grundsätzlich, besonders aber für Schwe- den, einem sehr teuren Land. Das Auslandssemester ist in mehrerer Hinsicht wichtig: für Richard, da es notwendig für den Abschluss seines Studiums an der Technischen Hochschule Brandenburg in Brandenburg an der Havel ist; für Richard und Niclas, weil es ihnen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet – mit Blick auf die Festigung der englischen Sprache in Wort und Schrift sowie die Erfahrungen beim Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Nationen, Religionen und Kulturen. Die Zeit in Karlskrona fördert die Selbstständigkeit beim Leben und Er- lernen von Sozialkompetenzen. Der Weg nach Schweden war nicht einfach. Schlussendlich aber bin ich so froh, dass es so etwas wie Erasmus+ gibt. n DAADeuroletter top Jana Reh Der Erasmus+ Aufenthalt war eine einzigartige Gelegenheit, um einen Teil meines Studiums im Ausland zu verbringen. Somit konnte in mein technisches Studium – ich studiere Materialwissenschaft und Werkstofftechnik im Master an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg – ein sprachlicher Aspekt eingebaut werden, der ansonsten nicht möglich gewesen wäre. Neben der hilfreichen Unterstüt- zung an meiner Heimatuniversität kümmerte sich auch die Gastuniversität Aix-Marseille in Frankreich wunderbar um alle ausländischen Studenten. Hierbei standen stets diverse Ansprechpartner zur Verfügung, die sich Zeit für persönliche Gespräche nahmen. Der Aufwand, den man vor einem Erasmus+ Aufenthalt hat, mag so manch einen abschrecken. Jedoch kann ich mit Überzeugung sagen, dass sich dieser definitiv lohnt! Man sammelt durch das Leben im Ausland – bei mir waren es fast 6 Monate zwischen Ende Februar und Anfang Juli 2022 –nicht nur kulturelle Erfahrungen, sondern lernt außerdem zahlrei- che andere Studierende aus ganz Europa kennen. Die Sonderförderung aufgrund meiner chronischen Erkran- kung hat mir die Chance eröffnet, den Aufenthalt trotz Co- rona geprägter Situation durchführen zu können. Durch die allgemeine Förderung ist es überhaupt erst möglich, sich ein Semester im Ausland leisten zu können, und dabei die Zusatzkosten im Rahmen zu halten. Die anteilige Auszahlung zu Beginn des Aufenthalts ist dabei sehr hilfreich. 20

Long- Kräfte bündeln, Strategien gemeinsam entw Die Long-Term Activity «Social Inclusion in Higher Education» DAADeuroletter top Mit der Anfang 2021 angelaufe- nen Programmphase von Erasmus+ haben sich neue Anforderungen an die Nationalen Agenturen wie auch an die Hochschulen ergeben. Das betrifft beispielhaft den Bereich «Inklusion und Vielfalt», eine der 4 horizontalen Prioritäten, für den viele Entscheidungen den Nationalen Agenturen überlassen wurden, so die Zielgruppendefinition oder Kommu- nikationsstrategien. Im Rahmen der neuen Langzeitaktivitäten können sie gemeinsam mit anderen Stakehol- derinnen und Stakeholdern dafür an Lösungen arbeiten. Die NA DAAD hat als eine der ersten Nationalen Agenturen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Seit 2021 koordiniert sie die von ihr initiierte und noch bis Mitte 2024 laufende LTA «Social Inclusion in Higher Education». Daran beteiligen sich derzeit Nationale Agenturen aus 13 Ländern1 und die in Brüssel ansässige Academic Cooperation Association (ACA), eine interna- tionale Denkfabrik im Bereich der internationalen Zusammenarbeit im Hochschulbereich, die sich in thema- tischen Peergroups mit der Auswei- tung der Inklusion in der internatio- nalen Hochschulbildung beschäftigt. Neue Optionen Was ist in einer Grenzen überschrei- tenden Initiative wie Erasmus+ naheliegender, als konzertiert nach Antworten für Herausforderungen zu suchen, die vielleicht nicht in allen Programmländern identisch, aber doch durchaus ähnlich sind? Das ist die grundlegende Idee der Long-Term Activities (LTAs), eines von der Europäischen Kommission mit dem Start der neuen Programm- generation von Erasmus+ geschaffe- nen Instruments. Es erlaubt Nationa- len Agenturen, unter Einbeziehung der Europäischen Kommission über einen längeren Zeitraum im engen Austausch auch mit anderen betrof- fenen und interessierten Personen, Institutionen und Organisationen (zum Beispiel nationalen Behörden) Maßnahmen für einen bestimmten Politikbereich zu konzipieren, die sich auf dessen Entwicklung und Erasmus+ insgesamt auswirken. Belgien, Tschechien, Estland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Niederlande, Norwegen, Serbien, Finnland, Slowakei und Deutschland. 1 22 «Long-term activities shall present a strategic framework that can cover several years. They are carried out by several NAs who have agreed to cooperate to develop a series of activities linked to a policy area with the aim to produce an impact on the development of the Programme and of the policy area they are tackling. Within the agreed scheme, one NA takes the lead and manages the overall coordination of a long-term activity. The other NAs participating in the scheme can organise, on a rotati- onal basis, specific activities and/or provide a financial contribution to functioning of the long-term activity during the period of duration of the long-term activity.» Europäische Kommission, Guide for National Agencies, Version 2 – 07 July 2022, S. 75 Term A

Long- DAADeuroletter top The Perspective of an NGO Martin Bogdan has been Policy and Project Officer at the Academic Cooperation Association (ACA) since 2019. He is also a member of the LTA’s sub-group «Inclusion Reader», among other things. From ACA’s perspective, why is inclusion important for international higher education? Martin Bogdan: The strong focus on inclusion is slowly challenging the traditional notion of the higher education sector as a place reserved only for an elite cohort of students. Both the Erasmus+ programme and the Bologna Process, two drivers of internationalisation in Europe, embrace inclusion, albeit in different ways, as a horizontal priority (Erasmus) and a social dimension (Bologna). These political commitments are then translated into national policies and funding mech- anisms, which aim to diversify cohorts of students at higher education institutions and, subsequently, in international programmes. Making a programme more inclusive means making it more flexible so that it can address the needs of diversified groups of students. To encourage these students to participate, however, an environment must be created that encourages international experiences. This requires changing the way we communicate with those who are not the «typical address- ees» of our international programmes – the children of edu- cated parents who have a relatively stable social background. Moreover, once students from disadvantaged backgrounds either go abroad or enrol in an international programme at their institution (COIL, virtual exchange), they might require further support that is tailored to their specific needs. For example, working students might need a shorter mobility pe- riod to avoid losing their jobs. What kind of inclusion activities does ACA implement? We are working on two related fronts. On the one hand, we are supporting the HE sector, including the funding agencies that are managing the programmes and making them more inclusive. On the other, we are doing research and trying to find ways to overcome obstacles. This includes collecting da- ta and designing impactful measures, for example. Are there any overlaps and/or synergies with the LTA coordinated by the NA DAAD? We are collaborating closely on these issues with NA DAAD’s LTA on social inclusion. So far, it has been very helpful to hear how other participants approach the same issue in different ways, and I think it is very beneficial for all those involved to have an opportunity to hear what their colleagues are doing. Currently, we are developing the new Inclusion Reader which will be a very useful resource. In addition, in ACA, we are running a thematic peer group called «Widening Inclusion in Higher Education» which dis- cusses similar topics. The NA DAAD’s colleagues are also a part of this group. In 2023 and 2024, we will also be running our «ACAdemy» training series on inclusion in collaboration with the SIHO centre for HEIs and NA staff from six European countries, amongst them the NA DAAD, and German HEIs. It will bring together experts from universities, support organ- isations and researchers who can share practical tips and good practice and discuss the topic more broadly and pro- vocatively to provide food for thought. 24 Term A

DAADeuroletter top SALTO Resource Centre for Inclusion and Diversity (Education and Training) 2018 richtete die Europäische Kommission erstmals ein Ressourcenzentrum für allgemeine und berufliche Bildung ein (für Ausbildungs- und Kooperationsmaßnahmen, TCAs), seit Mai 2022 gibt es nun ein weiteres: für Inklusion und Viel- falt. Bis zum Ende der laufenden Programmphase soll das von der kroatischen Agencija za mobilnost i programe EU (AMPEU) verantwortete Zentrum die Nationalen Agenturen in den 33 Erasmus+ Programmländern sowie andere Akteure auf europäischer Ebene bei der Förderung dieses Aufgabenbereichs umfassend unterstützen. Für 2022 hat das Team 3 Arbeits- pakete definiert, die bis spätestens Anfang 2023 erfolgreich umgesetzt sein werden. Das erste umfasst den Aufbau einer eigenen Webseite, die alle relevanten Informationen zum Programmschwerpunkt «Inklu- sion und Vielfalt» enthalten wird, einschließlich Ressourcen (Berich- te, Forschungsarbeiten, Analysen, Instrumente, Leitlinien, Veröffent- lichungen usw.). Das zweite betrifft die Beratung und die Betreuung, die das SALTO-Ressourcenzentrum den Nationalen Agenturen bei der Entwicklung ihrer Strategien für Inklusion und Vielfalt bieten wird. «Wir haben uns 2 Schlüsselziele gesetzt», erläutert Josip Luša, Leiter der neuen, von der kroatischen Hauptstadt Zagreb aus operieren- den Einrichtung. «Erstens möchten wir die im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung tätigen Nationalen Agenturen wie auch die Europäische Kommission dabei unterstützen, die integrative Dimen- sion des Programms zu stärken und ihre Bedeutung für eine qualitativ hochwertige Umsetzung hervorzuhe- ben.» Erreicht werden soll dies bei- spielsweise mit Analysen und über den Austausch bewährter Praktiken zwischen den NAs. «Zweitens wol- len wir den Aufbau einer effektiven Partnerschaft zwischen der Euro- päischen Kommission, den Natio- nalen Agenturen und allen anderen relevanten Akteuren fördern.» Dazu setzen Luša und sein Team unter an- derem darauf, politischen Entschei- dungstragenden und Programmge- staltenden Leitlinien und Vorschläge an die Hand zu geben, mit denen die Kluft zwischen Politik und Praxis überbrückt werden kann. Und das dritte ist eine Studie, mit der die derzeitige Praxis der NAs in Bezug auf Inklusion und Vielfalt einerseits sowie deren Bedürfnisse und Herausforderungen andererseits ermittelt werden soll. Bei alldem ist es Luša wichtig, Inklusion und Vielfalt als mehr- dimensionale Herausforderung zu verstehen. Die Steigerung der Mobilitätszahlen von Menschen mit geringeren Chancen sei fraglos ein relevanter und weiterhin im Mittel- punkt stehender Indikator. Aber es sollten zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um die inte- grative Dimension des Programms in jeder Hinsicht zu stärken, zum Beispiel die Kommunikation, die Zugänglichkeit der Ergebnisse und sektor- und programmübergreifende Synergien. Und dazu möchte und wird das neue SALTO einen ent- scheidenden Beitrag leisten. mk n Kontakt: Josip Luša SALTO > Josip.Lusa@ampeu.hr 26

DAADeuroletter top Inklusive Projektförderung in Erasmus+ Möglichkeiten und ihre Bedeutungen für das Selbstverständnis der NA DAAD Mit der Festschreibung von Inklusion und Vielfalt als horizontaler Priori- tät über alle Förderlinien hinweg ist das bereits vor 2021 wichtige Thema noch stärker in den Fokus von Eras- mus+ gerückt, so auch in der Projekt- förderung der Leitaktion 2. Anders als bei den Mobilitäten von Einzel- personen, für die die Zielgruppen und die Mittel für zu unterstützende Personen genau definiert sind, wird bei den Kooperationsprojekten ledig- lich festgelegt, welche Inklusions- aspekte in welcher Förderlinie und wie berücksichtigt werden sollen. Die Nationalen Agenturen sind so in hö- herem Maße gefordert. Wie hat sich die NA DAAD den Herausforderungen angenähert? Am Anfang stand eine Referatsklausur «Aufgrund der Bedeutung von In- klusion und Vielfalt in der neuen Programmgeneration von Erasmus+ und den vielen neuen Aufgaben, die sich gerade für unseren Bereich der Kooperationsprojekte dadurch erge- ben – für die NA, die Hochschulen, die Gesellschaft insgesamt –, war es notwendig, sich Zeit zu nehmen und das ganze Referat zu involvieren. Deswegen haben wir 2022 für die Anfang jedes Jahres durchgeführte Referatsklausur bewusst auch dieses Thema gewählt», erläutert Beate Körner, Leiterin des für die Partner- schaften und Kooperationsprojekte verantwortlichen Referats EU03 der NA DAAD. «In einem Brainstorming haben wir überlegt, was jeder unter Inklusion und Vielfalt versteht, was es für die verschiedenen Ebenen – die Projekt-, die NA- und die EU-Ebe- ne – bedeutet, wie in den einzelnen Förderlinien damit umgegangen wird und wie wir das Thema in Zu- kunft verstärkt bearbeiten wollen.» Eine Reihe konkreter Maßnahmen Mit Blick auf das Referat und seine zukünftige Arbeit zu Inklusion und Vielfalt wurde eine Reihe diverser Maßnahmen beschlossen, die seit- dem sukzessive umgesetzt werden, um bisher benachteiligten Gruppen die Teilnahme an der Projektarbeit und den Zugang zu den Ergebnis- sen zu erleichtern. So haben sich Beate Körner und ihr Team daran gemacht, an Hochschulen vorhan- dene Vorbehalte gegenüber einer Projektbeantragung zu diesem The- ma abzubauen; sie dazu zu ermuti- gen, Vorteile und Anreize für eine Projektteilnahme von Studierenden, Lehrenden und sonstigen Teilneh- menden an bereits geförderten Projekten barrierefrei zu kommuni- zieren; und sie aufgefordert, Beispie- le guter Praxis mit Inklusionsbezug auf der Webseite zu veröffentlichen beziehungsweise auf Veranstal- tungen zu verbreiten. Gleichzeitig werden die Fördermöglichkeiten für Benachteiligte im Programm auf den Webseiten der NA und bei Ver- anstaltungen sichtbarerer gemacht, während bei der Gutachteraus- schreibung ein möglichst diverser Personenkreis mit entsprechender Expertise adressiert wird. Weitere auf der Klausurtagung getroffene Entscheidungen betreffen zum einen die Teilnahme des Refe- rats EU03 an der von den Kollegin- nen und Kollegen des Referats EU02 – Mobilität von Einzelperso- nen angestoßenen und geleiteten Long-Term Activity «Social Inclusion in Higher Education» (siehe S. 22), wobei der Schwerpunkt unter ande- rem auf den Synergien zwischen den Förderlinien der Kooperationsprojek- te im Besonderen und von Erasmus im Allgemeinen liegt. Zum anderen wurde entschieden, die Inklusions- aufgaben im Referat zu bündeln. 28

DAADeuroletter top Ein innovativer Ansatz für eine neue Herausforderung Das Cooperation-Partnership-Projekt «All means all» Ziele und Ansprüche Inspiration und Kooperation, international Pädagoginnen und Pädagogen sehen sich in ihrer Arbeit in Klassenzim- mern, Schulen und Gemeinden zuse- hends mit verschiedenen Lernenden und ihren unterschiedlichen Bedürf- nissen konfrontiert. Das Ziel unseres Projekts ist es, diesen Lehrkräften mittels eines innovativen, modu- laren sogenannten OpenTextbook dabei zu helfen, dieser Herausforde- rung eines wachsenden Bedarfs an Unterstützung zu begegnen. Das OpenTextbook wird ein zu- gängliches, interaktives und multi- mediales Lehrbuch für Studierende in der Erstausbildung von Lehre- rinnen und Lehrern sein. Es soll 60 Themen aus dem Bereich der Bil- dung abdecken und ein Instrument sein, um strukturelle Benachteili- gungen in der Bildung durch Armut, soziale Schicht, Kultur, Religion, Behinderung und vieles mehr zu be- kämpfen. Dies soll, so der Anspruch, intersektional geschehen, indem die Inhalte nicht nach Dimensionen, sondern thematisch aus verschiede- nen Perspektiven beleuchtet werden. Inspiration für das Projekt war ein Beitrag von Noah Levin, der bei der OpenEd-2019-Tagung in Phoenix be- richtete, wie er kollaborativ mit Kol- leginnen und Kollegen zwei Open- Textbooks für den Geschichtsbereich erstellt hat. Ausgehend von eigenen Erfahrungen mit der Entwicklung von Open Educational Resources (OER) für die Lehrkräftebildung an der Universität Bremen wurden mit der National University of Maynooth Ireland und der Freien Universität Bozen kompetente Partnerinnen ge- funden, die jeweils eigene Perspekti- ven mit einbringen. Um tatsächlich einen weiten In- klusionsbegriff in die Ausarbeitung der Kapitel einbeziehen zu können, war klar, dass mehrere Perspektiven in dem Buch vereint werden sollen, hinsichtlich sowohl der Heterogeni- tätsdimensionen als auch der Frage der Beteiligung von self-advocates, also Selbstvertreterinnen und -ver- tretern, zum Beispiel Menschen mit Behinderung oder Repräsentantin- nen und Repräsentanten von Nicht- regierungsorganisationen. Erreicht werden soll dies über eine umfang- reiche Partizipation. Text: Frank J. Müller/Universität Bremen Die Frage der Umsetzung theoreti- scher Überlegungen in die Praxis stellt sich im Bereich «Inklusion und Vielfalt» immer wieder bei Projek- ten, gerade und nicht zuletzt bei größeren, im Rahmen von Erasmus+ durchgeführten Kooperationen. Wie dieser Herausforderung inklusiv und intersektional begegnet werden kann, erläutert Dr. Frank J. Müller, Juniorprofessor für inklusive Pädago- gik, Schwerpunkt geistige Entwick- lung und Lernen, an der Universität Bremen, bespielhaft anhand des von ihm seit 2022 koordinierten Projekts «All means all». «All means all – an interactive, modular, multimedia OpenTextbook for an inclusive and intersectional, multidimensional approach in teacher education – Part I: The Euro- pean Perspectives» Koordination Universität Bremen Partnerinstitutionen Freie Universität Bozen/Libera Univer- sità di Bolzano; National University of Maynooth Ireland Laufzeit 01.01.2022–31.12.2024 Fördersumme 392.315 Euro Website https://all-means-all.education/ 30

DAADeuroletter top ENL «Inklusion und Vielfalt» sind multidimensional Europäische Hochschulen als Vorbilder u Das Beispiel der ENLIGHT-Allianz Es handelt sich um eine der jüngsten Förderlinien, und doch kommt den Europäischen Hochschulen eine her- vorgehobene Position in Erasmus+ zu. Sie sollen eine tragende Rolle im europäischen Bildungsraum einneh- men sowie als Modell und Ideenge- berinnen für bewährte Praxis in der europäischen Hochschullandschaft fungieren. Ein zentraler Bereich ist Inklusion und Vielfalt. Gleiche Chan- cen für alle, Diversität und Gender- gerechtigkeit sind Ziele, die sich die Initiative auf die Fahnen geschrieben hat. Weiterführende Informationen Europäische Kommission https://t1p.de/3atyu (European Universities initiative) NA DAAD https://t1p.de/6y0fu (Europäische Hochschulen) DAAD https://t1p.de/nqsr3 (Film: «Auf dem Weg zu Europäischen Hochschulen») https://t1p.de/hk7d (Europäische Hochschulnetzwerke [EUN] – nationale Initiative) Die von den Europäischen Hoch- schulallianzen zur Erreichung dieser Priorität angedachten, konzipier- ten und teils bereits umgesetzten Maßnahmen reichen von Netz- werken mit Schulen, Vereinen und Unternehmen über den Einsatz von Microcredentials bis hin zu Online- angeboten und projektbasierten Aus- bildungsformaten.1 Diese Bandbreite reflektiert zum einen den Umstand, dass in Erasmus+ unter «Inklu- sion und Vielfalt» unterschiedliche Aspekte subsumiert werden, bei- spielsweise Behinderungen jeder Art und Gesundheitsprobleme, aber auch kulturelle Unterschiede und geografische Hürden. Zum anderen erklärt sie sich dadurch, dass die Europäischen Hochschulallianzen Zusammenschlüsse von Institutio- nen mit verschiedenen Traditionen, Sicht- und Herangehensweisen an ein Thema sowie diversen Erfahrun- gen und Einschätzungen sind.2 Perspektivenvielfalt als Herausforderung und Chance Dass dieser Umstand Einfluss auf die Arbeit der Allianzen hat, unter- streicht Prof. Dr. Andrea D. Bühr- mann, geschäftsführende Direktorin des Instituts für Diversitätsfor- schung an der Georg-August-Univer- sität Göttingen und Mitglied im seit 2020 bestehenden ENLIGHT-Netz- werk, in dem 9 Hochschulen aus ebenso vielen Erasmus+ Programm- ländern3 zusammenarbeiten. «Die Herausforderungen, denen wir bei den Themen Diversität und Inklusi- on begegnen», erläutert die Diversi- tätsforscherin, «bestehen vor allem darin, die unterschiedlichen Pers- pektiven der Beteiligten von den ver- schiedenen Universitäten zu verste- hen und eine gemeinsame Strategie zu finden.»4 In dem zusammen mit Elena Futter- Buck verfassten Beitrag erläutert Andrea D. Bührmann, wie die EN- LIGHT-Allianz sich dieser Aufgabe stellt, und das erfolgreich. Welche Hindernisse gibt es? Wie können sie überwunden werden? Welche Insti- tutionen sind in die entsprechenden Prozesse involviert? Und welche Aufgaben übernehmen sie bei der Entwicklung von Maßnahmen? Das sind einige der zentralen Fragen, die sie beleuchten. mk Kontakt Yvonne Schnocks EU03 – Europäische Hochschulen > eu-hochschulen@daad.de 1 2 3 4 Siehe dazu die Beispiele von 4 Europäischen Hochschulallianzen in Sabine Moser, Europäische Hochschulen: Inklusiv und divers, DAAD Aktuell, 30. November 2021, online verfügbar unter https://t1p.de/hfqcz [06.09.2022]. Zurzeit gibt es 44 Allianzen mit rund 340 teilnehmenden Hochschuleinrichtungen in 31 Ländern (allen EU-Mitgliedern sowie Island, Norwegen, Serbien und der Türkei): 24 aus der 2. Pilotrunde und 20, die in der 1. regulären Auswahlrunde Ende Juli 2022 erfolgreich waren. Darunter sind 16 Projekte aus bestehenden Allianzen der 1. Pilotausschreibung sowie 4 aus neuen Hochschulallianzen, die eine tiefgreifende institutionelle Zusammenarbeit anstreben. Nähere Informationen finden sich unter https://t1p.de/cxems [06.09.2022]. EU-Mitgliedstaaten und mit dem Erasmus+ Programm assoziierte Drittstaaten Zitiert nach Moser, Europäische Hochschulen. 32

DAADeuroletter top ENL In der Retrospektive greifen wir drei Umsetzungsschritte heraus: - Herstellen eines gemeinsamen Verständnisses in der ENLIGHT-Allianz: Im Rah- men verschiedener Arbeitsgruppen auf der Ebene der ENLIGHT-Allianz, aber gleichfalls in Göttingen haben wir zunächst ein gemeinsames Zielverständnis erarbeitet. Daran waren Expert*innen aus dem Feld und ebenso strategische Entscheider*innen beteiligt. Dabei wurden auch CBR-Projekte als transdiszipli- näre Transfermaßnahmen aufgefasst. Erste Diskussionen fanden hierzu schon im Vorfeld der Antragstellung auf einem internationalen Workshop an der Uni- versität Bordeaux statt. - Identifikation bereits erprobter Best-/Good-Practice-Beispiele: Ausgehend von diesen Diskussionen wurden schon erprobte und implementierte Maßnahmen beziehungsweise Projekte an den jeweiligen Hochschulen identifiziert und für die Mitglieder der Allianz in einer Übersicht zusammengestellt. - Allianzweiter Austausch über die Aktivitäten und Maßnahmen: Hier sind an der Universität Göttingen zwei Aktivitäten gestartet worden – und in der Allianz noch viele weitere. Erstens wurden in einem virtual workspace Chancengerech- tigkeit, Vielfalt und Inklusion auf alle ENLIGHT-Arbeitspakete angewandt und diskutiert. Die Ergebnisse dieses Austausches wurden zusammen mit den Er- gebnissen der Zusammenstellung der Best-Practice-Beispiele in das «Teaching and Learning Lab» eingespeist und auf der Teaching and Learning Conference diskutiert. Und zweitens fanden entsprechende Workshops auf dieser internati- onalen Konferenz statt. Im Workshop «Diversity on-site: negotiating co-creation and experiences of differences in community-based learning» griffen wir unsere CBR-Erfahrungen auf. Ziel war es zum einen, bewährte Projekte vorzustellen. Zum anderen wollten wir voneinander lernen und gemeinsam mit Akteur*innen aus der Forschung, aus der Hochschuldidaktik, aber vor allem mit Studieren- den, Lehrenden und handelnden Personen aus der Region Erfolgsfaktoren und Hindernisse für CBR-Projekte diskutieren und diese entsprechend der Zielstel- lung von ENLIGHT weiterentwickeln. Davon ausgehend sollen weitere Dissemi- nationsaktivitäten erfolgen, die dann im Weiteren in die geplanten Evaluations- prozesse der ENLIGHT-Allianz eingehen sollen. Als eine Zwischenevaluation betrachten wir dabei die Workshops auf der Konferenz. ENLIGHT – European university Network to promote equitable quality of LIfe, sustainability & Global engagement through Higher education Transformation Factsheet der Europäischen Kommission https://t1p.de/8l0rr Steckbrief des DAAD https://t1p.de/yth3c Website https://enlight-eu.org/ 34

Die or DAADeuroletter top Die organisierte Zivilgesellschaft als P Die Europäische Kommission unter- stützt zivilgesellschaftliche Organi- sationen, die einen Beitrag zu den politischen Prioritäten der EU leisten, unter anderem zur Förderung der in- klusiven Bildung für alle. Aus die- sem Grund werden im Rahmen der Förderlinie «Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft im Bereich der all- gemeinen und beruflichen Bildung» europäische Nichtregierungsorgani- sationen und EU-weite Netzwerke mit Betriebskostenzuschüssen struk- turell unterstützt. Eine der aktuell geförderten Organisationen ist die European Studentsʼ Union (ESU). Was erhofft sich die Europäische Kommission durch die Kooperation? Zivilgesellschaftliche Organisatio- nen verfügen über weitreichende Netzwerke auf europäischer und nationaler Ebene und stehen im engen Austausch mit verschiedenen Zielgruppen. Durch und über sie können somit EU-Bürgerinnen und -Bürger erreicht werden, um bei- spielsweise das Bewusstsein für den Europäischen Bildungsraum sowie die EU-Politik im Bereich der allge- meinen und beruflichen Bildung zu sensibilisieren. Gleichzeitig dient die Zusammen- arbeit zwischen den einschlägigen Interessenträgerinnen und -trägern und der Europäischen Kommission auch dem Austausch von Strate- gien, dem Lernen und der Unter- stützung bei der Verwirklichung der Ziele und Prioritäten der EU, unter anderem Inklusion und Vielfalt als einer der 4 Prioritäten des Erasmus+ Programms. Dadurch fungieren die zivilgesellschaftlichen Organisatio- nen folglich nicht nur als Multipli- katoren nach dem Top-down-Ansatz, sondern sie leisten ebenso einen Beitrag zur Politikentwicklung nach dem Bottom-up-Ansatz. Fördermodalitäten Wer kann teilnehmen? Europäische Nichtregierungsorganisationen und EU-weite Netzwerke im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung Dauer der Förderung 12 Monate Art der Finanzhilfe Betriebskostenzuschuss Förderhöhe 80.000–200.000 Euro (abhängig vom Aufruf) Antragstellung bei der EACEA 36 Zivilgesellsc

DAADeuroletter top «Das Schlüsselkonzept ist ‹Gleichheit›» Ein Gespräch zu den Aufgaben und Zielen der European Students’ Union Die or To what extent are inclusion and diversity embedded in your work programme and activities? Matteo Vespa: Inclusive higher education is deeply embedded in the work of the European Students’ Union. ESU has been the main promoter of the Social Di- mension in Higher Education, defined in the Paris Communiqué of the European Higher Education Area Ministerial Conference of 2019 as the «commitment that the student body entering and graduating from European higher education institutions should reflect the diversity of Europe’s populations» by «improv[ing] access and completion by under-represented and vulnerable groups.» ESU’s work on the issue is embodied by several lines of action. ESU is promoting a Student Rights’ Charter as the minimum set of criteria to be enjoyed by all students in Europe. We are working extensively on mental health support, both in terms of policy advocacy and through research. Furthermore, ESU has a Gender Mainstream- ing Strategy and a Human Rights and Solidarity Strategy that define ESU’s internal and external activities in the two fields. How can the higher education sector be made more inclusive? How does or can ESU help achieve this goal? Matteo Vespa: The first element is that education should be free. This is the ultimate goal recognised by the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights. This means free of direct costs (tuition fees), but also indirect ones which can be as effective at limiting access to education as tuition fees: housing, transport, cost of living, cost of study materials – for all this, scholarships are fundamental. But this might not be enough. Students come from different backgrounds and have different starting points, and this difference needs to be acknowledged and addressed so that everyone has the same opportunity to develop. The key concept is «equity». We should not be afraid to promote affirmative actions, and we need to assess whether and how our education systems as a whole tend to reproduce social barriers. ESU’s role in this is multifaceted. At the global level, through its world organisation Global Student Forum, it works to enshrine investment in free education and affirma- tive actions in various international documents that provide a reference for the global discussion on education. At the European level, it is working to establish a reference framework on social dimension that will push governments to invest in opening up education (within the Bologna Process, the European Union, the Council of Europe). At the national and local level, through its member unions, it is campaigning for investments, legislation and policies that will allow disadvantaged groups to access and complete higher education. Finally, ESU can lead by example, by assessing in- ternally how to foster the empowerment of the more disadvantaged students within its structures. That is why we are working on an equity plan, with an intersectional perspective including but not limited to dimensions of inclusion, gender equality, accessibility, racism, homophobia, transphobia, ableism, and xenophobia. 38 Zivilgesellsc

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DAADeuroletter forum 3 Fragen an die Erasmus-Alumna Geraldine Rauch Die Präsidentin der TU Berlin im Kurzinterview Die Fragen stellte Marcus Klein Sie waren im Rahmen Ihres Studiums 2006 ein Semester mit Erasmus an der Cardiff University. Was hat Sie zu die- sem Schritt bewogen? Und welche Er- fahrungen haben Sie aus dieser Zeit für Ihre spätere Karriere mitgenommen? Im 100-Tage-Programm des Präsidiums werden die interne Weiterbildung für Hochschulmitarbeitende und die Wei- terentwicklung der entsprechenden An- gebote als Ziele definiert. Wo sehen Sie dabei Erasmus+ mit seinen vielfältigen Förderlinien? Klimawandel, Energiewende und nach- haltige Ressourcennutzung sind nur einige der aktuell großen gesellschaft- lichen Herausforderungen. Was kann eine Hochschule wie die TU Berlin da- bei zur Lösung beitragen? Geraldine Rauch: Mein Ziel war und ist es immer gewesen, mir ein möglichst unabhängiges und viel- fältiges Bild von der Welt und dem Wissen der Menschheit zu machen. Differenziertheit im eigenen Den- ken kann man nur erlangen, indem man unterschiedliche Perspektiven, Kulturen, Informationsquellen und Meinungen kennt. Ein Auslands- aufenthalt während des Studiums kann den Horizont da entschei- dend erweitern. Die Erasmus-Zeit in Cardiff war anders, als ich es aus meinem Studium in Bremen kannte, und es war eine wichtige Erfahrung für mich, das Neue mit Freude zu erleben, aber auch zu erkennen, was ich in meiner Heimat schätze und vermisse. Die Hochschulen sind Orte von Leh- re und Forschung. In der Lehre bil- den wir die nächsten Generationen aus – wir geben jungen Menschen das Wissen und die Kreativität mit, damit wir gemeinsam Lösungen für unsere globalen Probleme finden können. In der Forschung arbeiten wir intensiv an zukunftsweisenden Technologien. Die TU Berlin setzt sich schon seit Jahren für Projekte gegen den Klimawandel ein. Was die TU Berlin aber wirklich einzigartig macht: Die Menschen an der TU Berlin sind keine Mitläufer*innen – sie diskutieren hitzig und kontrovers und hinterfragen alles. Das machen die Studierenden, die Wissenschaft- ler*innen, unsere Professor*innen und die vielen Universitätsgremien. Das habe ich so noch an keiner an- deren Universität erlebt und ich bin überzeugt davon, dass es diese kriti- sche Haltung ist, die die Menschheit weiterbringen wird. Aktuell leben wir in einer Welt mit sich zuspitzenden globalen politischen, gesundheitlichen und klimatischen Krisen und daraus resultierenden zunehmenden Ver- teilungskämpfen. Selten war Ver- ständigung zwischen Kulturen und Menschen so wichtig wie heute. Das kann keine Digitalisierung ersetzen. In diesen Zeiten werden die Mittel des DAAD infrage gestellt und die Länder beginnen sich zu- nehmend abzuschotten. Vor ein paar Jahren noch war die Frage, ob Deutschland sich bei der Verteilung von Geflüchteten solidarisch gegen- über den Mittelmeerstaaten verhält im Fokus – heute riegeln sich die Bundesländer innerhalb Deutsch- lands gegenseitig ab. Wo bleibt da die Investition in die Menschlich- keit? Wenn wir uns gegenseitig kennen und verstehen, dann können wir hoffentlich nicht mehr sagen: «Meine Tür bleibt zu, vielleicht hilft Dir jemand anderes.» 42

DAADeuroletter forum Erasmus+ Reporters «Hallo! Ich bin Michelle, 21 Jahre alt, und im Wintersemester 2022/23 ge- he ich mit Erasmus+ nach Salaman- ca.» So beginnt die erste Reportage der Erasmus+ Reporters auf der Web- site der NA DAAD. Mit diesem Artikel möchten wir Sie – als Hochschulverantwortliche für das Programm – dazu einladen, Studierende zu motivieren, eben- falls Teil unserer Erasmus+ Reporters zu werden und die Öffentlichkeit an der Faszination Austausch teilhaben zu lassen: mit spannenden Welt-Ge- schichten, die Einblicke, Ausblicke und Erkenntnisse eröffnen. Seit August online Michelle wird immer die Erste sein Es war der Zufall und Michelles Engagement im Standort-Team Bonn von «Europa macht Schule», die sie zu unserer Nummer eins gemacht hat. Chapeau, Michelle, du hast dich damit nicht nur in das Erasmus- Abenteuer in Salamanca, sondern auch in das einer engagierten Re- porterin gestürzt. Wir von der NA hoffen, dass du die Erste von unzäh- ligen anderen aus der Erasmus-Welt sein wirst. Am Anfang stand die Idee einer Serie und ihrer Geschichtenerzäh- lenden, für die wir Impulse gesucht haben: «Tim und Struppi» (für die wahren Fans des belgischen Comic- zeichners Hergé originalgetreu na- türlich «Tintin»), die «Reporter der Windrose» (das von Peter von Zahn 1961 als Vorläufer des «Weltspiegels» entwickelte Reportagemagazin) oder aktuell Dennis Gastmanns «Mit 80.000 Fragen um die Welt» – Vor- bilder gab es viele. Und natürlich ge- hörte zu unseren Impulsgebern auch das superspannende DAAD-Format «studieren weltweit – ERLEBE ES!». Das Team Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der NA DAAD im Referat EU05 hat sich dann aber (zunächst) für eine präzise an den Kernfragen potenzieller Austausch- studierender orientierte schnörkel- lose Präsentation entschieden. Seit August ist diese online. 44

Fokus Schweden TEXT: MARCUS KLEIN Ein Blick über den Tellerrand, Teil 8: Internationale Mobilität, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, politische Unterstüt- zung, und das in verschiedenen Bildungs- und gesellschaftlichen Bereichen. Für all das und noch einiges mehr steht Erasmus+. Das gemeinsame Dach aller Bildungsprogramme der Europäischen Union ist dabei nicht nur unbestritten eines ihrer Vorzeige- projekte; für mittlerweile rund 13 Mio. Europäerinnen und Europäer – davon fast 1 Mio. Deutsche im Hochschulbereich – hat es vor allem Europa bereits erlebbar gemacht. Allein in den 7 Jahren der neuen Programmgeneration (2021–2027) sollen etwa 10 Mio. Menschen an Mobilitätsaktivitäten im Ausland teilnehmen. Die Ziele werden zum einen von all denen umgesetzt, die von den diversen Förderlinien profitieren – dazu zählen mobile Ein- zelpersonen ebenso wie kooperierende Hochschulen und andere Organisationen. Zum anderen sind es aber auch die Nationa- len Agenturen, mit denen die EU bei der «Verwaltung» des Programms zusammenarbeitet, «[d]amit die Wege für die Teilnehmer zu Erasmus+ möglichst kurz sind und sichergestellt werden kann, dass [es] in den verschiedenen Ländern gut funktioniert», wie auf der entsprechenden Webseite der Europäischen Kommission zu lesen steht. Während über (ausgezeichnete) Projekte von Teilnehmenden immer wieder berichtet wird, ist über die Nationalen Agenturen und deren Arbeit weit weniger bekannt. Mit dieser Serie möchten wir das ändern und Ihnen bislang unbekannte Perspektiven auf und Einsichten in Erasmus+ bieten. Diesmal schauen wir auf Schweden, das im ersten Halbjahr 2023 turnusmäßig den Vor- sitz im Rat der EU übernehmen wird. Universitets- och högskolerådet (UHR)/Swedish Council for Higher Education The impact of Erasmus on Swedish higher education (institutions) Thirty years have already passed since Sweden, alongside Austria, Finland, Iceland, Norway, and Switzerland1, joined the Erasmus programme in 1992, in what could be described as the first big enlarge- ment of the European Union’s (then still small) mobility and exchange programme. Over the course of these three decades, while Erasmus has experienced many changes and different institutions have been responsible for its administration in Sweden – the Swedish Council for Higher Education (Universitets- och högskolerådet, UHR), a Swedish gov- ernment agency established in 2013 and organised under the Ministry of Education and Research (Utbild- ningsdepartementet), currently ful- 1 Switzerland participated until 1996/97, then joined again in 2011, only to leave – this time for good – in 2013/14. 46 fils the task of a national agency for school education, vocational educa- tion and training, higher education, and adult education –, it has become a firm fixture in Swedish higher education and its institutions (HEIs). «The Erasmus+ mobility programme is seen by many HEIs as the cor- nerstone of internationalisation,» says Daniel Edquist, director of the national agency, who heads a team of 45 employees, around 10 of whom work on higher education in offices in the Solna municipality of Stockholm as well as in Visby on the island of Gotland in the Baltic Sea. It «is one of the most effective tools we have to develop and maintain inter- national relations and cooperation, which offers scholars and students a wider platform where they can ex- change views and practices, give and receive feedback, share results, and gain new perspectives.» These expe- riences, Edquist adds, «have helped increase the quality of the processes for teaching and learning in higher education, giving both students and scholars the skills they need to work, learn, and conduct research in a glo- balised society». → Karte © AdobeStock

DAADeuroletter fokus Schweden Furthermore, at an institutional level, decades of student and staff mobility on all levels of higher education have helped HEIs transform international relations into deep and sustainable cooperations across borders and disciplines. A clear sign of this is the success of Swedish HEIs in the Euro- pean Universities initiative. After the 2022 Erasmus+ call for proposals, the first regular call for this new ambi- tious action, 13 Swedish HEIs – out of 42 holders of a Erasmus Charter for Higher Education (ECHE), that is to say, almost one in three – are members of alliances of European Universities, and many more have applied and are interested in joining such cooperations. «These HEIs are willing to take international cooper- ation to the next level and commit themselves to achieving ambitious mobility goals and strategic collabo- rations on all levels of their organisa- tions», says Edquist. Still room for improvement Impressive as these numbers certainly are, some things could still be better, namely the number of outgoing mobilities, which lag behind incoming mobilities by a considerable margin. In the academ- ic years 2015/16 to 2019/20, which saw a steady if only slight increase in incoming and outgoing mobilities amongst both students and train- ees2, on average more than twice as many students and trainees came to Sweden than went abroad. In 2019/20, for example, 4,865 students and trainees from Swedish HEIs went abroad with Erasmus+, mainly to the United Kingdom, France, and Germany, while 10,909 people (in- cluding 217 from partner countries) came to Sweden to study. Overall, «less than 15% of Swedish students go abroad, but many more could be mobile, as available funds are normally never used up,» stresses Edquist. One of the reasons why students from Swedish HEIs choose not to take advantage of Erasmus+ mobil- ity projects to the extent Daniel Ed- quist and his higher education team would like is that they are older than students in the rest of Europe. In the academic year 2018/19, more than half of students registered in higher education in Sweden were over 24. Many of them have already left home and have their own ac- commodation, have started a family and work parttime, making it more unlikely and difficult for them to go abroad for a longer period. Another reason is that Swedish students primarily want to study in English during their exchange (in some cases they study in other Scandinavian languages, but rarely in other European languages), with some reporting difficulties finding a full term of courses given in English that will be recognised by their pro- grammes at their home institution. Then there are bilateral agreements without additional grants, and some students go abroad with Nordplus (financed by the Nordic Council for exchanges within the Nordic and Baltic countries). Most importantly, though, Erasmus+ is not the only way to study abroad. One popular option that competes with exchange programmes is to complete a full degree in another country. The Swedish Board of Student Finance offers loans to cover tuition fees abroad (up to a certain amount) and the grants and loans are portable. In 2019/20, 16,000 Swedish students were enrolled in a full degree abroad. Addressing the target group In order to promote Erasmus+ among students and encourage more to participate in the mobility projects, the Swedish NA has con- ducted an advertising campaign in digital media, mainly on Instagram and Snapchat, every year since 2018 (and in 2022 also on TikTok), target- ing students and potential students aged 18–29 years. Since 2018, UHR has also relied on Student Exchange Ambassadors. The idea for this nationally funded project arose from an analysis of several surveys which show that peer-to-peer communication is a successful way of communicating with students who are more reluc- tant to study abroad. The HEIs apply and receive funding to recruit a pair of students to work parttime as Ex- change Ambassadors. They both par- ticipate in events organised by the HEI but often organise small events themselves, visiting classrooms, posting inspirational photos on social media, etc. «This has been a successful strategy to reach students who initially haven’t seen mobility as an option,» Edquist points out. Very welcome adjustments and innovations Maybe not entirely surprising- ly, UHR also pins its hopes on the 2 According to the data provided by the European Commission, the only exception to this rule is the number of incoming trainees, which declined in the academic year 2018/19 due to the COVID-19 pandemic. See European Commission, Erasmus+ in numbers 2020: Sweden, available online at https://ec.europa.eu/assets/eac/factsheets/factsheet-se-2020_en.html [11.10.2022]. 48

DAADeuroletter fokus Schweden Ausgewählte Kennzahlen Schweden und Deutschland im Vergleich Anzahl der eingeschriebenen Studierenden Frauenanteil an Studierenden (alle Studienstufen) in % Immatrikulationsquote in % des Jahrgangs Gesamtgesellschaftliche Bildungsausgaben (öffentlich in% des BIP) Anteil ausländischer Studierender in % Schweden Deutschland* 431.065 2.947.500* 60,1 72,46 7,57 7,17 50,20* 55,8** 7,2*** 11,1**** (wichtigste Herkunftsländer für Schweden: 1. China, 2. Finnland, 3. Indien, 4. Deutschland, 5. Italien) Anteil der im Ausland Studierenden in % 3,71 5,4***** (beliebteste Zielländer für Schweden 1. USA, 2. Vereinigtes Königreich, 3. Dänemark, 4. Polen, 5. Norwegen) Quelle: DAAD-Datenblatt Schweden 2021, DESTATIS, statista, Studentenwerk; * 2021/2022, **2021, *** 2020, **** 2019/2020, ***** 2019 Mobilität mit Programmländern: Austausch zwischen Schweden und Deutschland, Aufruf 2019* schwedische Outgoer schwedische Outgoer Anteil nach Deutschland insgesamt Studierendenmobilität – Auslandsstudium Studierendenmobilität – Auslandspraktikum Personalmobilität – Unterrichts-/Lehrzwecke** Personalmobilität – Fort- u. Weiterbildung** total*** 364 208 23 20 615 4.321 1.404 708 1.096 7.529 8,4 % 14,8 % 3,2 % 1,8 % 8,2 % deutsche Outgoer deutsche Outgoer Anteil nach Schweden insgesamt Studierendenmobilität – Auslandsstudium Studierendenmobilität – Auslandspraktikum Personalmobilität – Unterrichts-/Lehrzwecke** Personalmobilität – Fort- u. Weiterbildung** total 2.540 439 26 55 3.060 37.109 8.039 1.445 1.604 48.197 6,8 % 5,5 % 1,8 % 3,4 % 6,3 % * Laufzeit wurde aufgrund der pandemischen Ereignisse auf 34 Monate verlängert. ** Dienstreisen waren durch die pandemischen Ereignisse kaum möglich beziehungsweise untersagt. Quellen: - NA DAAD, Stand: September 2022 - *** Dashboard der Europäischen Kommission, Stand: 10.10.2022 (Angaben beziehen sich auf contracted participants = bewilligte TN [nicht abgerechnet]) 50

der gastkommentar Auch Studierende der ersten Generation brauchen Auslandserfahrung von Katja Urbatsch* Ein Gast ist laut Duden «jemand, der sich in einer anderen als seiner eigenen Umge- bung, besonders in einem Personenkreis, zu dem er nicht fest gehört, zu bestimmten Zwecken vorübergehend aufhalt». Diese Definition beschreibt sehr treffend unsere Intention, im DAADeuroletter durch Gastkommentare Sichtweisen erschließen und Impulse gewinnen zu können, die nicht durch die alltägliche Arbeit mit und für Eras- mus+ geprägt sind. Das Auswahlkriterium dafür heißt Relevanz: das vereinte Europa; der internationale Austausch von Wissen, Konzepten und Visionen; die Herausforde- rungen, denen Lehrende und Lernende sich werden stellen müssen – dies sind die Themen, zu denen wir Autorinnen und Autoren einladen werden, ihre Gedanken zu formulieren. In dieser Ausgabe schreibt Katja Urbach, Gründerin und Geschäftsführerin von ArbeiterKind.de.** * Der Artikel gibt die persönliche Auffassung der Autorin wieder und stellt folglich keine Meinungsäußerung der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit dar. ** Siehe auch: Beitrag von Achim Meyer auf der Heyde auf S. 27 52

DAADeuroletter der gastkommentar haben sie damit zu tun, in der ihnen fremden Hochschulwelt anzukommen, sich im Unidschungel grundsätzlich zurechtzufinden, sich mit dem akademi- schen Habitus vertraut zu machen und ein Zugehörigkeitsgefühl zur akademi- schen «Blase» entstehen zu lassen. Wir wissen es: Auslandsaufenthalte haben eine positive Auswirkung auf die persönliche und die professionelle Ent- wicklung und sind bei der Bewerbung auf die besten beruflichen Positionen wohl das A und O. Doch auch beim Thema «Auslandsstudium» hören Stu- dierende der ersten Generation in ihren Herkunftsfamilien meist ähnliche Sätze, wie generell beim Thema «Hochschul- bildung»: «Wozu soll das gut sein?», «Schau lieber, dass du schnell fertig wirst!» oder «Wir haben das alles auch nicht gehabt …» In diesem Milieu hat sich das Wissen um die Bedeutung von Auslandserfah- rungen für Arbeitgeber:innen bei der Auswahl von Bewerber:innen noch nicht manifestiert. Auch wollen Kinder aus Familien aus bescheidenen Verhältnis- sen ihre Eltern nicht unnötig belasten. Deshalb sollten Stipendiengeber:innen, Hochschulen und andere Akteur:innen im Bildungswesen auf dieses Informa- tionsdefizit direkt zugehen und Stu- dierende der ersten Generation sowie deren Eltern gezielt auf diese Thematik ansprechen. Sie sollten als Bildungs- partner:innen Möglichkeiten aufzeigen, einen Auslandsaufenthalt erfolgreich durchzuführen. Spezielle Werbebro- schüren über die Vorteile von Auslands- aufenthalten könnten hier hilfreich sein, die gezielt auch nicht akademische El- ternhäuser ansprechen und ein partner- schaftliches Lösungsangebot anbieten. akademische Tradition ausdrücklich und proaktiv zu fördern. Dabei sollten die Stipendiengeber:innen noch mehr Transparenz über Bewerbungs- und Auswahlverfahren herstellen. Genau wie wir bei ArbeiterKind.de mit echten Mutmacher:innen arbeiten, so könnten Hochschulen und Stipendiengeben- de mit positiven Vorbildern zu einem Auslandsstudium ermutigen. Wer den direkten Austausch mit positiven Vor- bildern zum Beispiel an Infoabenden ermöglicht, beugt vielen Unsicherhei- ten bei möglichen Nachahmer:innen vor. Bei Stipendien gilt es zudem, entschieden dem weitverbreiteten Vor- urteil entgegen zu treten, diese seien nur etwas für Hochbegabte. Denn unter dem Begriff «begabt» stellen sich viele Studierende viel höhere Anforderungen insbesondere an Noten vor, als sie von den Stipendiengebenden gemeint sind. Die Finanzierung eines Auslandsaufent- halts ist mit Abstand die größte Hürde, vor der Studierende der ersten Gene- ration stehen. Wichtig ist daher vor allem, dass die zu erwartenden Kosten für einen Auslandsaufenthalt klar kommuniziert werden und möglichst keine Vorfinanzierung erwartet wird, denn das ist für ihre Familien meist überhaupt nicht zu stemmen. Auch ist es wichtig, Stipendienbewerbungen von Studierenden aus Familien ohne Das Auslands-BAföG muss in der Regel 6 Monate im Voraus beantragt werden. Zu diesem Zeitpunkt weiß man aber oft noch nicht, ob man einen Studien- platz an der Uni im Ausland erhalten wird. Wie viel Förderung man tatsäch- lich während des Auslandssemesters erhält, erfährt man dann erst kurz vor Antritt des Auslandsaufenthalts oder sogar erst währenddessen. Das ist eine zusätzliche Belastung für viele Erstaka- demiker:innen. 54

DAADeuroletter forum Die Erasmus+ Expertinnen und Experten ... ... informieren und beraten deutsche Hochschulen bei der Umsetzung des europäischen Mobilitätsprogramms. Wir haben 3 von ihnen zu ihrer Arbeit und ihrer Motivation befragt. Dr. Mareike Fröhlich (Profilgruppe Leitaktion 2) Jacopo Mariotto (Profilgruppe Digitalisie- rung) Dr. Dagmara Paciorek- Herrmann (Profilgruppe Leitaktion 1) Warum haben Sie die Aufgaben einer Expertin beziehunfsweise eines Experten übernommen? Ich koordiniere seit mehreren Jahren Erasmus+ Projekte im Bereich Partner- schaften, Kapazitätsaufbau und Jean Monnet-Aktionen. Bei Koordinatoren- treffen beziehungsweise anderen For- maten ist mir aufgefallen, dass oft die Perspektive der International Offices und Mobilitätsbüros vorhanden ist, aber die der Fachbereiche fehlte. Das wollte ich gerne ändern. Ich engagiere mich als Erasmus+ Experte, weil ich mein Wissen gerne mit anderen teile und zur Digitalisie- rung im Bereich der Auslandsmobi- litäten beitragen möchte. Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und gemeinsame Suche nach effektiven Lösungen machen mir große Freude. Als Europäer bin ich stolz, ein Teil der Erasmus-Community zu sein. Erasmus+ war für mich immer ein «Land» der Möglichkeiten: als Studen- tin selbst mobil, als Outgoing-Koor- dinatorin unterstützend. Als Expertin freue ich mich über die Möglichkeit, selbst bei der Ausgestaltung der neu- en Programmgeneration mitzuwirken, die Herausforderungen bringt und dabei spannend und – hoffentlich – nachhaltig ist. Inwieweit hat die neue Programmgeneration Ihre Aufgaben und Ihre Arbeit als Expertin beziehungsweise Experte beeinflusst? Da ich Veränderungen, auch bei Eras- mus+, als In novationsmotor schätze, muss ich sagen, dass die Pandemie, die Ener giekrise und die wachsende Inflation sowie der damit verbun- dene Spar zwang aller öffentlichen Einrichtun gen, inklusive Unis, größere Herausforderungen darstellen. In der neuen Programmgeneration wird der Aspekt der Digitalisierung wichtiger und komplexer, wozu wir innovative, übertragbare Lösungen brauchen. Ich möchte dazu motivie- ren, die Digitalisierung des Programm- managements als Chance für die Ge- staltung effizienter und transparenter Prozesse zu sehen. Ich bin erstmalig als Expertin tätig. Aber gerade die neue Programmge- neration hat mich motiviert, mich ein- zubringen. Das Portfolio an Möglich- keiten ist gestiegen und so auch das Bedürfnis, diese operationalisierbar zu machen. Daran arbeite ich mit und unterstütze gerne andere Kolleginnen und Kollegen. Wo sehen Sie im Kontext von Inklusion den aktuell größten Handlungsbedarf? Dieses Thema steht richtigerweise im Mittelpunkt der Erasmus+ Aktio- nen und entsprechende Maßnahmen werden finanziell gefördert. Dennoch glaube ich, dass hier auch ein Engage- ment auf höherer Ebene notwendig ist, um Infrastrukturen an Unis auf- und auszubauen, um so überhaupt auch die Mobilitäten umsetzen zu können. Erasmus+ ist jetzt schon sehr inklusiv, baut Mobilitätshemmnisse ab und ermöglicht vielen Menschen einen Auslandsaufenthalt. Angesichts der aktuellen politischen und gesell- schaftlichen Entwicklungen sollten Studierende mit Migrationshinter- grund und geflüchtete Studierende zu Auslandsmobilitäten ermutigt werden. Ich sehe die größte Herausforderung in der Bereitstellung der Struktur für inklusive Mobilitäten, zum Beispiel von Eltern-Kind-Wohnheimplätzen, behindertengerechten Wohnungen, medizinischen Beratungen und in- klusiven Angeboten auf dem Campus. Erst durch belastbare Systeme lassen sich die Zielgruppen nachhaltig ein- binden. 56

DAADeuroletter Gut zu wissen Um immer mehr Menschen den Zugang zu den unterschiedlichsten Bildungsangeboten zu erleichtern, fließen die Beobachtungen, Erfahrungen und Überlegungen notwendigerweise in eine ganzheitliche strategische Ausrichtung vieler Organisationen und Institutionen mit ein. Das gilt für die Nationalen Agenturen für Erasmus+ im Besonderen ebenso wie für die Bildungseinrichtungen im Allgemeinen. Hier empfehlen wir Ihnen 2 aktuelle Magazine, die sich mit dem Thema «Chancengleichheit» aus Sicht der entsprechenden Organisationen auseinandersetzen. Wir wün- schen eine interessante und anregende Lektüre. sr 35 Juli 2022 Bildung für Europa Journal der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung Inklusion und Vielfalt Bildung für Europa Nr. 2022/35: Inklusion und Vielfalt Nationale Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB) Was verstehen wir unter Vielfalt? Was bedeutet Inklusion? Das sind die zentralen Fragen, denen im Themenschwerpunkt des Magazins nachgegan- gen wird. Alle denkbaren Hürden sollen abgebaut werden, die nicht nur die soziale Situation oder Behinderungen umfassen. Es wird deutlich, inwiefern die EU-Kommission die Begriffe «Inklusion» und «Vielfalt» nicht nur zu einer Priorität, sondern auch zu einem Grundprinzip im Bildungsprogramm Erasmus+ erklärt. Grundsätzlich sollen Menschen mit geringeren Chancen genauso am Programm partizipieren wie alle anderen. Im Journal wird ge- zeigt, wie «Zugang für alle» in Erasmus+ aussehen kann. Außerdem werden erfolgreiche Projekte der Berufs- und Erwachsenenbildung präsentiert. 06 EU-Konzept zur Erasmus+-Priorität 26 35 Jahre Erasmus+ 32 Europäisches Jahr der Jugend Download: https://t1p.de/f4694 www.studentenwerke.de 4/2022 Das Magazin des Deutschen Studentenwerks HOCHSCHULE F R ALLE T HOCHSCHULE FÜR ALLE Studieren mit Behinderung oder chronischer Krankheit: Anspruch und Wirklichkeit ARMIN WILLINGMANN BARRIEREFREIHEIT JÜRGEN DUSEL Sachsen-Anhalts Wissenschafts- minister im Porträt Fünf beeinträchtigte Studierende im Hochschulalltag Der Bundesbehindertenbeauftragte im Interview DSW-Journal 4/2022: Hochschule für alle – Studieren mit Behinderung oder chronischer Krankheit: Anspruch und Wirklichkeit Deutsches Studentenwerk (DSW) In der aktuellen Ausgabe des DSW-Journals werden die Herausforderungen und Chancen von Studierenden mit einer gesundheitlichen Beeinträch- tigung, also einer Behinderung oder chronischen Krankheit, in den Blick genommen. Der Fokus liegt auf Inklusion, Barrierefreiheit sowie Nachteils- ausgleichen im Studium. Dafür kommen beispielhaft 5 Studierende zu Wort. Außerdem feiert die Organisation das 40-jährige Bestehen ihrer Informati- ons- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS). Mit Artikeln zu Anspruch und Wirklichkeit der Inklusion im Hochschulsys- tem, Barrierefreiheit als Teil der Exzellenzstrategie einer Universität, einem Porträt über Armin Willingmann (SPD), Wissenschaftsminister von Sachsen- Anhalt, sowie Beispielen guter Praxis bietet dieses DSW-Journal umfassende An- und Einsichten. Download: https://t1p.de/l3lej 58

eu.daad.de Die jeweils letzten 3 Ausgaben des DAADeuroletters können aus der Publikationsdatenbank der Nationalen Agentur für Erasmus+ Hochschulzusammenarbeit als PDF heruntergeladen werden: https://eu.daad.de/publikationen Die jeweils aktuelle Ausgabe des DAADeuroletters finden Sie zudem auch als E-Paper zum Durchblättern unter: https://eu.daad.de/euroletter eu.daad.de