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DAADeuroletter Liebe Leserinnen und Leser, ein bewegtes, ja dramatisches Jahr 2020 liegt hinter uns. Die Covid-19- Pandemie hat die Welt in allen erdenklichen Bereichen auf den Kopf gestellt. Davon betroffen waren sowohl der internationale Austausch – also unser Berufsfeld – als auch unser privates Leben. Die Zeiten sind schwer und wer- den es wohl noch eine Weile lang bleiben. Zugleich gibt es zum Zeitpunkt der Drucklegung des DAADeuroletters ermutigende Nachrichten zur zeitnahen Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe. Ich wünsche uns allen, dass sich diese Hoffnungen als belastbar erweisen und wir in ein besseres 2021 schauen können. Lassen Sie uns also in die Zukunft blicken. Das tun wir auch mit dieser 3. Ausgabe unseres Euroletters 2020, der – nach Digitalisierung (Nr. 68) und Inklusion (Nr. 69) – ein weiteres transversales, zentrales Zukunftsthema der neuen Erasmus+ Programmgeneration adressiert: Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit zählt unbestritten zu den großen Aufgaben unserer wie kommender Generationen. Nachhaltigkeit ist facettenreich. Sie betrifft – auf die eine oder andere Weise – sämtliche Bereiche unseres Lebens und verlangt deshalb die konzertierte Aufmerksamkeit von Politik, Wirtschaft und Bildung, zumal Hochschulbildung mit ihrer Verbindung von Lehre und Forschung, und das auf nationaler, europäischer und globaler Ebene. In einer Reihe von Beiträgen bieten wir Ihnen An- und Einsichten zu diesem komplexen Thema. Der Fokus liegt dabei, wie Sie es von uns erwarten dürfen, auf Erasmus+, das in der kommenden Programmgeneration noch «grüner» werden soll. Green Erasmus wird dabei vor allem mit nachhaltiger Mobilität verbunden. Aber auch die Nachhaltigkeit von Ko- operationsprojekten wird ein wichtiges Element sein. So soll das Programm einen bedeutsamen Beitrag zur Klimaneu- tralität Europas leisten. Wir haben dazu unter anderem Laurence Farreng interviewt, die als vom Kultur- und Bildungsausschuss des Europäi- schen Parlaments bestellte Berichterstatterin im Sommer dieses Jahres einen entsprechenden Report vorgelegt hat. Eine der zentralen Fragen ist, wie sich Mobilität und Nachhaltigkeit vereinbaren lassen, eine andere berührt die Rolle der Europäischen Hochschulallianzen. Zu beiden Bereichen finden Sie weitere Beiträge in dieser Ausgabe.

DAADeuroletter editorial Währenddessen stellen wir Ihnen gleichfalls bereits abgeschlossene und noch laufende Kooperationsprojekte vor, die ganz unterschiedliche Facetten von Nachhaltigkeit aufgreifen und behandeln. Es stehen sowohl Umweltaspekte wie nachhaltiges Förderhandeln als auch die nachhaltige Wirkung von Projekten in die Gesellschaft im Vordergrund. Und im Gastkommentar, für den wir dieses Mal den Experten für Entwicklung und Skalierung von Klimaschutztechnologie Dr. Peter Schniering gewonnen haben, geht es um die Relevanz internationaler, interdisziplinärer Wissenschaftskoope- ration für grünere, sprich nachhaltigere Technologien, die, so macht Schniering deutlich, ein Gebot der Stunde sind. Die Bedeutung grenzüberschreitender Zusammenarbeit unterstreicht ebenso Dr. Dorothea Rüland, die Anfang 2021 als langjährige Generalsekretärin des DAAD aus dem Amt scheiden wird. Im Interview spricht sie darüber, wie sich die internationale Hochschulkooperation und der DAAD im letzten Jahrzehnt verändert haben, und reflektiert über Digitali- sierung, die Chancen, die sich dadurch ergeben, aber ebenso die Grenzen, die es weiterhin gibt. An dieser Stelle danke ich – ich denke auch in Ihrer aller Namen – Dorothea Rüland ganz herzlich für ihre langjähriges Engagement für den DAAD und das Erasmus+ Programm. Sie, liebe Leserinnen und Leser, darf ich noch auf die Serie «Fokus» hinweisen. Im nunmehr 4. Teil stellen wir Ihnen diesmal die Arbeit unserer portugiesischen Kolleginnen und Kollegen von der Agência Nacional Erasmus+ Educação e Formação vor. Anlass dazu ist der Vorsitz im EU-Rat, den Portugal im ersten Halbjahr 2021 von Deutschland überneh- men wird. 2021 steht für uns unter dem Stern des Starts der neue Programmgeneration des Erasmus+ Programms, das wir Ihnen in seinen großen Zügen in diesem wie in den letzten beiden Ausgaben unseres Euroletters skizziert haben. Es liegt ein vielversprechender Budgetentwurf von 23,4 Mrd. Euro für Erasmus+ in den nächsten 7 Jahre vor. Das sind rund 9 Mrd. Euro mehr als in den letzten 7 Jahren. In der NA DAAD freuen wir uns, die neue Programmgeneration zusammen mit Ihnen zum Wohl unseres gemeinsamen Zusammenlebens in Europa auf den Weg zu bringen! Viel Spaß beim Lesen – und bleiben Sie gesund! Ihr Dr. Stephan Geifes Direktor der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD

DAADeuroletter spektrum DAADeuroletter spektrum top 7 Nachhaltige Entwicklung für ein zukunftsorientiertes Europa Das Konzept «nachhaltige Entwicklung» wurde 1987 durch den Brundtland-Bericht ge- prägt und zu einer Kernidee der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Mit dem Green Deal stellt auch die Europäische Union Nachhaltigkeit ins Zentrum ihrer Wachstums- strategie. 9 Mit Erasmus+ zum ersten klimaneutralen Kontinent? Das Europäische Parlament bekräftigte im September 2020 die Position von Eras- mus+ im «European Green Deal» und unterbreitete der Kommission konkrete Vor- schläge für die Programmgeneration 2021–2027. 11 5 Fragen an Laurence Farreng MEP Als vom Kultur- und Bildungsausschuss des Europäischen Parlaments bestellte rapporteuse legte die französische Abgeordnete im Sommer 2020 den Bericht über «Wirksame Maßnahmen zur umweltgerechteren Gestaltung von Erasmus+, des Pro- gramms ‹Kreatives Europa› und des Europäischen Solidaritätskorps» vor. 13 Nachhaltigkeit als strategisches Ziel Am 25. September 2020 ging die Website «Nachhaltigkeit im DAAD: Unser Beitrag zur Agenda 2030» online. Wir stellen die Website, das Projekt «Nachhaltigkeitsmanage- ment» sowie die korrespondierenden Aktivitäten und Ziele des DAAD vor. 16 der gastkommentar Mehr Technologie. Schneller. Grüner. Internationaler «Wir müssen handeln – und zwar sofort», fordert der Experte für Entwicklung und Ska- lierung von Klimaschutztechnologie Peter Schniering in seinem Beitrag über Energie- wende und Sprunginnovationen. Die europäische Hochschullandschaft bietet dabei nach seiner Auffassung eine hervorragende Basis für einen offenen und länderüber- greifenden Wissenschaftsdiskurs. 4

DAADeuroletter top forum 50 Die Bedeutung von Auslands- erfahrung für die Karriere Der Anteil der deutschen Studieren- den, die im Laufe ihres Studiums einen studienbezogenen Auslands- aufenthalt durchführen, ist zwischen 2000 und 2016 gesunken. Eine vom DAAD in Auftrag gegebene Untersu- chung macht deutlich, dass sich ein Verzicht auf Auslandserfahrungen während des Studiums allerdings im Berufsleben als Verlust an zusätzli- chen Karrierechancen herausstellen könnte. 53 Die NA intern Das gegenseitige Sichkennen ist in einer Zusammenarbeit ein wesent- licher Erfolgsfaktor. Deswegen stellen sich Ihnen in dieser Rubrik in jeder Ausgabe des DAADeurolet- ters einige unserer Kolleginnen und Kollegen vor. 54 impressum wirkung erfahrung 23 Europäische Hochschulen: eine 36 Fokus Portugal aktuelle Bestandsaufnahme Anfang Juli 2020 gab die Europäi- sche Kommission die Ergebnisse der 2. Pilotausschreibung für die Europäischen Hochschulen bekannt. Aus den 62 eingereichten Projekten wurden 24 ausgewählt. Die Gesamt- zahl der im Rahmen der jüngsten Erasmus+ Förderlinie unterstützten Allianzen ist damit auf 41 gestiegen. Im ersten Halbjahr 2021 wird Por- tugal turnusmäßig den Vorsitz im Rat der EU übernehmen. Wir geben einen Einblick in die Arbeit der dortigen NA und stellen das Land in einigen seiner vielfältigen Facetten vor. 26 Europäische Hochschulen: Die Allianzen EURECA-PRO und EUGLOH Fragen an die Vertreter der beteilig- ten deutschen Hochschulen 29 Facetten der Nachhaltigkeit in Erasmus+ Kooperationsprojekten Heute sind Akteure in allen Bil- dungs- und Fachbereichen gefragt, nachhaltige Lösungen zu finden. Viele Erasmus+ Förderlinien bieten einen idealen Rahmen, um den relevanten Fragestellungen zu be- gegnen. 33 NA Jahrestagungszyklus Die Erasmus+ Jahrestagung 2020 fand Corona-bedingt online statt. Der Beitrag schaut hinter die Ku- lissen und wirft einen ersten Blick auf die Reaktionen zur Auftaktver- anstaltung. 42 Unterwegs … wie reist es sich nach- haltig? Der Weg ins Ausland führt häufig zu einem Dialog mit dem eigenen Ge- wissen. Wir haben 3 Studierenden bei der Umsetzung ihrer persön- lichen Nachhaltigkeitsstrategie in Austauschsituationen «über die Schulter geschaut». 44 «Nie war Internationalisierung so wichtig wie heute» Im Interview spricht Dr. Dorothea Rüland, die Generalsekretärin des DAAD, unter anderem über Auswir- kungen der Corona-Pandemie auf den akademischen Austausch, die Veränderungen der internationalen Hochschulkooperation wie auch des DAAD und reflektiert Chancen und Grenzen der Digitalisierung. Ihre Ein- und Ansichten zu Erasmus+ teilt sie ebenfalls mit uns. 5

Nachhaltige Entwicklung für ein zukunftsorientiertes Europa TEXT: NINA KNOPS DAADeuroletter top «There is no Planet B», «Climate Justice Now» – seit März 2019 zieren Plakate mit diesen Slogans die Kli- mademonstrationen der «Fridays for Future»-Proteste rund um den Globus. Die Aktivistinnen und Aktivisten fordern die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaab- kommens. Insbesondere verlangen sie, dass die Erder- wärmung langfristig auf unter 1,5 Grad Celsius gegen- über dem Stand vor der Industrialisierung begrenzt wird. Im Fokus steht dabei die Idee der Klimagerech- tigkeit: «Entscheidungen, die zu Lasten ärmerer Regio- nen und künftiger Generationen getroffen werden», so ist in den Forderungen für Klimaschutz der Bewegung zu lesen, «sind inakzeptabel.» Vom Brundtland-Bericht zur UN-Agenda 2030 Die Idee, dass das Handeln einer Generation, ihr Um- gang mit der Natur und den Ressourcen verantwor- tungsbewusst und mit Blick auf die nächste Generation ausgerichtet sein sollte, ist keineswegs neu. Das Konzept «nachhaltige Entwicklung» wurde bereits 1987 durch den Brundtland-Bericht der Weltkommission für Um- welt und Entwicklung geprägt: «Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart be- friedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können», heißt es dort. Der Bericht erkannte an, dass Umweltprobleme nur be- hoben werden können, wenn weltweite Armut und Un- gleichheit ebenfalls adressiert werden. Die von der ehe- maligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland geleitete Kommission definierte nachhaltige Entwicklung als einen Veränderungsprozess, in dem unter anderem die Nutzung der Ressourcen, die Orien- tierung von technologischer Entwicklung sowie institu- tionelle Veränderungen mit aktuellen sowie zukünftigen Bedürfnissen in Einklang gebracht werden müssen. Der langfristige EU-Haushalt von 2021 bis 2027 soll nicht nur den Gegeben- heiten von heute, sondern auch den Unwägbarkeiten von morgen gerecht werden. 373,9 Mrd. Euro sind dabei für den Bereich «Natürliche Ressourcen und Umwelt» vorgesehen. Foto ©: European Union, 2020/Aurore Mar tignoni 5 Jahre nach der Veröffentlichung des Berichts, auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992, etablierte sich das Leitbild, dass nachhal- tige Entwicklung auf 3 Dimensionen fußt: der sozialen (soziale Gerechtigkeit), der ökologischen (ökologische Tragfähigkeit) und der ökonomischen Dimension (wirt- schaftliche Leistungsfähigkeit). Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung ist auch Kern- idee der aktuellen Agenda 2030 der Vereinten Natio- nen, die Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen zu nachhaltigem Handeln aufruft. Von Bildung über saubere Energie und nachhaltige Städte und Gemeinden bis hin zu nachhaltigem Konsum, Klima- schutz sowie Frieden und Gerechtigkeit adressiert die Agenda 2030 jegliche Politikbereiche – sie ist, so sieht es die Bundesregierung, ein «Fahrplan für die Zukunft»¹. → 1 Bundesregierung, Ziele für nachhaltige Entwicklung weltweit, https://t1p.de/90s3 [27.10.2020]. 7

Zeitplan des European Green Deal 17. September 2020 Vorstellung de[s] 2030 Climate Target Plan (Klimazielplan 2030) 8. Juli 2020 Annahme der Strategie zur Integration des Energiesystems und der Wasserstoffstrategie der EU für einen vollständig dekarbonisierten, effizienteren und stärker vernetzten Energiesektor 20. Mai 2020 Vorstellung einer Biodiversitätsstrategie für 2030 zum Schutz der fragilen natürlichen Ressourcen unseres Planeten 20. Mai 2020 Vorstellung einer Strategie «Vom Hof auf den Tisch», um unsere Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu machen 11. März 2020 Vorschlag für einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft mit Schwerpunkt auf der nachhaltigen Ressourcennutzung 10. März 2020 Annahme einer europäischen Industriestrategie, einem Plan für eine zukunftsfähige Wirtschaft 4. März 2020 Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz zur Verwirklichung einer CO2-neutralen Europäischen Union bis 2050 Öffentliche Konsultation (offen bis zum 17. Juni 2020) zu einem europäischen Klimapakt, der Regionen, lokale Gemein- schaften, die Zivilgesellschaft, Unternehmen und Schulen zusammenbringt 14. Januar 2020 Vorstellung des Investitionsplans für ein zukunftsfähiges Europa und des Mechanismus für einen gerechten Übergang 11. Dezember 2019 Vorstellung des European Green Deal (europäischer Grüner Deal) Der Beitrag Europas Quelle: https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de [11.11.2020] Foto ©: DA AD/Jan von Allwörden Gesellschaftlich sowie politisch hat der Klima- und Um- weltschutz in den letzten Jahren auf nationaler, europäi- scher und internationaler Ebene immens an Bedeutung gewonnen. Dass lässt sich beispielsweise daran festma- chen, dass bei der Europawahl 2019 Klimaschutz das wichtigste wahlentscheidende Thema für die deutschen Wählerinnen und Wähler war.² Ein weiteres Zeichen ist das verstärkte Engagement der Europäischen Union. Mit dem von der Europäischen Kommission im Dezem- ber 2019 vorgestellten Green Deal stellt die EU nach- haltige Entwicklung nunmehr sogar ins Zentrum ihrer Wachstumsstrategie. Wirtschaftliche Entwicklung soll im Einklang mit Umwelt- und Klimaschutz erfolgen und zu fair verteiltem Wohlstand und Wachstum innerhalb der EU beitragen³. Der Green Deal legt ebenfalls fest, dass alle EU-Maßnahmen und -Strategien künftig zur Verwirklichung seiner Ziele beitragen müssen. Nachhal- tigkeit und Umweltschutz erhalten somit Einzug in alle Politikbereiche der EU mit dem Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Mit Inklusion, digitaler Transformation, politischer Teil- habe sowie Nachhaltigkeit – den 4 transversalen The- men der neuen Programmgeneration – setzt Erasmus+ wichtige Prioritäten, um Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung zu schaffen – für ein Europa, das sozial und innovativ ist, politisches Engagement seiner Bürgerin- nen und Bürger fördert und dabei auch die Bedürfnisse der nächsten Generation fest im Blick hat. n Nina Knops EU04 – Politikunterstützung > knops@daad.de 2 Klimaschutz ist das wichtigste Thema, Tagesschau, 16.05.2019, online verfügbar https://t1p.de/bdlb [27.10.2020]. 3 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wir tschaf ts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Der europäische Grüne Deal (11.12.2019), S. 2, online verfügbar unter https://t1p.de/qz2j [27.10.2020]. 8

DAADeuroletter top Mit Erasmus+ zum ersten klimaneutralen Kontinent? TEXT: ANNA-LENA SENDER Im Dezember 2019 stellte die Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen ihren Fahrplan für eine nach- haltige EU-Wirtschaft vor: den «European Green Deal». Dessen erklärtes Ziel ist es, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Geschehen soll dies unter Berücksichtigung sämtlicher Politikbereiche und aller Wirtschaftssektoren – und nicht zuletzt mit Blick auf die sozialen und ökonomischen Auswirkungen, die sich durch die notwendigen Umgestaltungen für Regionen, Industrien und Arbeitnehmende ergeben werden. Der Haushalt der EU spielt in dieser Hinsicht eine zen- trale Rolle. 25 Prozent der Ausgaben sollen im Rahmen aller EU-Programme zur Verwirklichung der Klimaziele beitragen. Horizon Europe, das Forschungsprogramm der EU, soll darüber hinaus mindestens 35 Prozent seiner Mittel für die Finanzierung neuer Klimaschutzlö- sungen aufwenden. Hervorgehoben ist im EU-Fahrplan zum Green Deal auch der Bildungsbereich. Dort wird betont, dass sich Schulen, Berufsbildungseinrichtungen und Hochschulen besonders eignen, «um mit Lernenden, Eltern und der Gemeinschaft insgesamt über die Ver- änderungen zu diskutieren, die für einen erfolgreichen, grünen Übergang erforderlich sind.»¹ Zu diesem Zweck sieht die Kommission vor, Hilfsmaterialien bereitzustel- len und den Austausch bewährter Verfahren in EU-weit vernetzten Ausbildungsprogrammen für Lehrkräfte zu erleichtern. Welchen Beitrag kann der Bildungsbereich zum «European Green Deal» leisten? Komplementär zum EU-Fahrplan verdeutlicht die Kom- mission in ihrer am 30. September 2020 veröffentlichten Mitteilung zur Schaffung eines europäischen Bildungs- raums bis 2025, dass der Übergang zu einer nachhal- tigen und klimaneutralen Wirtschaft in Europa nur mithilfe der Entwicklung notwendiger Kompetenzen und einer Bewusstseinsbildung durch Bildung gelin- gen kann.² Die Maßnahmen im Bildungsbereich sollten daher darauf ausgerichtet sein, ein günstiges Umfeld für den grünen Wandel zu schaffen. Dazu gehöre unter anderem: – die Förderung der Fertigkeiten für grünes Wirtschaf- ten und Unternehmertum sowie den digitalen und technologischen Wandel – Investitionen in Bildung und Ausbildung, um die Zahl der Fachleute zu erhöhen, die sich für eine klimaneutrale und ressourceneffiziente Wirtschaft einsetzen → Grafik: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1596443911913&uri=CELEX:52019DC0640#document1 1 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wir tschaf ts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Der europäische Grüne Deal (11.12.2019), S. 23, online verfügbar unter https://t1p.de/qz2j [27.10.2020]. 2 Siehe DA AD Brüssel, Ein Europäischer Bildungsraum bis 2025, o. D., online verfügbar unter https://t1p.de/3y2x [27.10.2020]. 9

DAADeuroletter top Welche Handlungsempfehlungen macht das Europäische Parlament? - Beginn der Datenerhebung zum ökologischen Fußabdruck der individuellen Mobilitäten durch das Mobility Tool - Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der Projektbewertung durch die Nationalen Agenturen (Integration des Um- weltschutzes in jede nationale Prioritätenliste) - Umlenkung der Programmteilnehmenden auf umweltfreundlichere Verkehrsträger durch neue Anreize sowie Anpassung der geltenden Finanzvorschriften (z.B. grundsätzliche und vollständige Kompensation von zusätzlichen Kosten und Fahr- zeiten, also nicht nur in Ausnahmefällen) - Erfassung, Koordination und Bewertung von bewährten Verfahren, beginnend mit der Veröffentlichung eines Empfeh- lungsverzeichnisses durch die Kommission - Integration des Umweltschutzes als Grundsatz in die Erasmus-Charta für Hochschulbildung (ECHE) sowie in die Pro- grammindikatoren - Partnerschaften mit europäischen Eisenbahn- und Busunternehmen für Vorzugstarife – die Integration ökologischer Nachhaltigkeitsperspek- Das Europäische Parlament legt vor tiven in den Natur- und Geisteswissenschaften – der Ausbau einer nachhaltigen Bildungsinfrastruktur Vor diesem Hintergrund ist geplant, bereits Ende 2020 eine Koalition «Bildung für Klima» ins Leben zu rufen, um innovative Projekte zu fördern und die Bewusst- seinsbildung in Bildungsinstitutionen zu stärken. 2021 will die Kommission dann auch Ratsempfehlungen zur Nachhaltigkeit in der Bildung vorlegen und einen Europäischen Kompetenzrahmen erarbeiten, der dazu beitragen soll, Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellun- gen in den Bereichen «Klimawandel» und «nachhaltige Entwicklung» abzubilden und zu bewerten. Ein grüneres Erasmus+ Nicht zuletzt wird das zukünftige Erasmus+ (2021–2027) durchgehend umweltbewusster: Der Entwurf des Pro- grammleitfadens sieht beispielsweise vor, klimafreundli- che physische Mobilität zwischen Programmländern um eine virtuelle Komponente zu ergänzen und finanziell zu fördern; für Studierende wird dies voraussichtlich mit einem einfach zu beantragenden Top-up geschehen, für Hochschulmitarbeitende wohl über eine Beihilfe zum regulären Reisekostenzuschuss. In den Koopera- tionsprojekten soll indes das Thema «Umwelt» prioritär behandelt und eine nachhaltige Umsetzung der Projekte gefördert werden. Am 15. September 2020 verabschiedete das Europäische Parlament seinen Initiativbericht «Wirksame Maßnah- men zur umweltgerechteren Gestaltung von Erasmus+, des Programms ‹Kreatives Europa› und des Europäi- schen Solidaritätskorps».³ Es fordert darin die «Ökologi- sierung» der Kultur- und Bildungsprogramme der EU. Mit diesem Bericht bekräftigt das Europäische Parlament die Position von Erasmus+ im Green Deal und unterbrei- tet der Kommission konkrete Vorschläge für die kom- mende Programmgeneration. Das Erasmus+ Programm, das sich auf das tägliche Leben von Millionen Europäern auswirkt, könne – grün gestaltet und intelligent genutzt – einen wichtigen Beitrag zu den übergeordneten Um- weltzielen des Green Deals leisten. Beispielsweise müsse man den Programmteilnehmenden die Möglichkeit ge- ben, umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu nutzen. Die Abgeordneten betonen jedoch auch, dass Maßnah- men zur Ökologisierung die ursprünglichen Inhalte und Werte des Programms nicht kompromittieren dürfen: Mobilität sei unersetzbar und müsse weiterhin im Mit- telpunkt stehen. n Anna-Lena Sender DAAD Außenstelle Brüssel > sender@daad.de 3 DA AD Brüssel, Europäisches Parlament: Initiativbericht zu Green Erasmus+, o. D., online verfügbar unter https://t1p.de/e90w [27.10.2020]. 10

DAADeuroletter top 5 Fragen an Laurence Farreng MEP INTERVIEW: ANNA-LENA SENDER Which measures could make Erasmus+, Creative Europe and the European Solidarity Corps ‘greener’? As a rapporteur appointed by the Committee on Culture and Education (CULT) of the European Parliament*, Laurence Farreng addressed this question in a report. For the DAADeuroletter the French MEP summarises its main findings and recommendations. The report contains concrete recommendations on how to make the Erasmus+ programme greener. What do you consid- er to be the key messages, particularly in the field of higher education? What role can the European Student Card and the Erasmus+ App play in this? I want to underline the importance of two principles that should remain inviolate: – Physical mobility is the very essence of the Erasmus+ programme. Virtual mobility, which is useful during a pandemic such as the one we are currently experiencing, can only be temporary or be seen as a complement to physical mobility. – Freedom of content and creation are essential. There may be specific project types that are promoted, but Erasmus+ projects must continue to be generated based on local needs, in a bottom-up rather than top-down approach. I used this report to propose concrete measures that would en- courage greening of the programmes; these are the main ones: – Participants should where possible be encouraged to reduce the environmental impact of these programmes by using less polluting means of transport than air travel, in particular by adjusting the grant amounts and not by imposing penalties. It must however be possible to meas- ure this impact before it can be diminished, which is not possible at present. That is why I asked the Commission to establish environmental indicators. This request has been heard, and we are working on these indicators for the next Erasmus+ programme. – I also propose measures to take advantage of this incred- ible and life-changing experience that is Erasmus+; to change habits and introduce participants to new environ- mental practices. This is where the Erasmus+ App has a Foto ©: European Union 2019 – EP/Dominique Hommel In preparing the report, you consulted a large number of stakeholders, including the DAAD. What do you consider to be the most significant findings from this consultation process? What impression did you gain from the Erasmus+ community on the subject of environmental protection and sustainability? Laurence Farreng MEP: I did indeed consult with many stakeholders while working on the report, be it National Agencies, project leaders, associations or the participants themselves. I would like to take this opportunity to thank the DAAD for its very valuable inputs and ideas! I was struck by the stakeholders’ commitment to making the three pro- grammes Erasmus+, the European Solidarity Corps (ESC) and Creative Europe greener. I was particularly pleased to be able to rely on the work role to play, by providing information and local contacts already performed by different Erasmus+ Agencies already to participants, for example. The European Student Card engaged in this green transition: green indicators and green could in the medium term be developed to offer access to mobility are themes they are already working on. I have seen services that promote more eco-friendly life choices. that both the Agencies and participants are ready to embark on this green path and only seek to be supported by the in- – I am ultimately convinced of the great potential of Eras- mus+, which we must further develop to create trans-Eu- stitutions. It’s up to us, the European co-legislators and insti- tutions, to provide them with the necessary incentives. ropean curricula addressing sustainable environmental development. → * Der Repor t ist online verfügbar unter https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2020-0141_DE.pdf [18.11.2020]. 11

DAADeuroletter top The Commission's communication on the creation of a Euro- pean Education Area by 2025 refers, on the one hand, to the digital transformation and, on the other hand, to the ‘green’ transformation. How can we ensure that these two transfor- mations, which are crucial for the future, go hand in hand? Education is the cornerstone of both the green and digital transformations. It is clear that they cannot be delineated as a simple binary choice between the two. We therefore have to ensure that each of them works alongside the other. Given how crucial they are, they are also introducing a multitude of new and more efficient educational opportunities and further new skills, new jobs, new ways to interact, to connect, to fully grasp our citizenship as Europeans. It is up to us to establish the principles of our green and digital transformations in a Laurence Farreng beim Treffen des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments (CULT ) mit der EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Mariya Gabriel, am 27.10.2020 Foto ©: European Union 2020 – EP/Daina Le Lardic What importance do you attach to the European University concrete manner. It means that the European Education Area Alliances with regards to a ‘greener’ Erasmus+ programme? has the opportunity to promote our values of inclusiveness, In addition to the more traditional mobility and exchange projects, two very promising pilot projects are being funded under the Erasmus+ programme: the European Universities and the Centres of Excellence for Training and Learning. I am deeply convinced of the great potential of these two schemes to train tomorrow's European sustainable development pro- fessionals. There are already some European University Alliances work- ing on green issues, and I very much hope that this will lead to the creation of pan-European curricula, but also to suc- cessful university projects that will find solutions to environ- mental challenges, thanks to the cooperation of European students, researchers and academics. resilience and progress in forming the educative European tools for the new skills relating to the digital economy, en- vironmental sustainability, the circular and climate-neutral economy. How can we succeed in the greatest challenge of human history without developing and using all the efficient tools we need? The first and essential stage is for digital technologies to be used to increase the quality and the num- ber of our professionals working towards a climate-neutral economy. n Laurence Farreng MEP ist eine französische Politikerin der Demokratischen Bewegung (Mouvement Démocrate), die auf der Liste «Renew Europe» in das Europäische Parla- ment gewählt wurde, in dem sie seit Mai 2019 Mitglied ist. Sie ist auch Stadträtin von Pau und Gemeinderätin des Pyrenäen-Agglomerats Pau Béarn. (nach: en.wikipedia.org) The European Year of Rail starts on 1 January 2021. What > https://www.instagram.com/laurencefarreng/?hl=de concrete value will this year add to the Erasmus+ programme > http://www.meptwitter.eu/mep.php?id=197589 and its participants? It is essential for the European Commission to seize this opportunity of developing partnerships with railway compa- nies following what has already been achieved with Discover EU. Participants should be encouraged to use the railways for their main mobility as well as mobility within their host country. Foto ©: European Union 2019 – EP/Dominique Hommel 12

DAADeuroletter top Nachhaltigkeit als strategisches Ziel Die Umsetzung der UN-Agenda 2030 im DAAD TEXT: LUTZ CLEEVES Am 25. September, dem 5. Jahrestag der einstimmigen Verabschiedung der Agenda 2030 durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, ging die Website «Nachhaltigkeit im DAAD: Unser Beitrag zur Agenda 2030» online. Aus diesem Anlass betrachten wir die Aktivitäten des DAAD und stellen die Verantwortlichen für das Projekt «Nach- haltigkeitsmanagement» vor: Nicole Friegel und Dr. Ruth Fuchs. Nachhaltige Entwicklung ist seit nunmehr fast 20 Jahren – seit der Annahme der Nachhaltigkeitsstrategie durch die damalige Bundesregierung – ein Leitprinzip der deutschen Politik¹. Akteure der Zivilgesellschaft sind ge- fordert, Bildung, Wissenschaft und Innovation als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen. Eine wichtige Funktion übernimmt dabei der DAAD als Förderorganisa- tion für den internationalen Austausch von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. «Der DAAD stellt sich der Verantwortung, den Beitrag von Hochschulbildung und Wissenschaft zu Nachhaltig- keit und Klimaschutz weiter zu steigern», konstatiert Ni- cole Friegel. Dabei gehe es nicht nur um das Wirken nach außen vor allem im Rahmen des Förderhandelns, betont die Leiterin des Bereichs «Interne Services» beim DAAD, sondern im besonderen Maße auch darum, die Nachhal- tigkeitsbilanz innerhalb der Organisation zu verbessern – und das gleich in vielerlei Hinsicht, nämlich in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher. Das Spektrum der daraus resultierenden Aufgaben ist groß: Es reicht vom nachhaltigen Gebäudemanagement über klima- und umweltfreundliche Arbeitsplatzmobili- tät und den gezielten Einsatz virtueller Austauschformate zur Vermeidung von Dienstreisen bis hin zu Investitio- nen in Chancengerechtigkeit oder die Auslotung von Möglichkeiten der CO2-Kompensation. Welche konkreten Ziele verfolgt der DAAD dabei? Mit Blick auf seine Rolle als Mittlerorganisation definiert der DAAD 4 Dimensionen von Nachhaltigkeit, die zu- gleich die unterschiedlichen Ebenen seines Handelns als Institution, Förderer und Wissensagentur widerspiegeln: 1. Beitrag der DAAD-Programme zur Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sichtbar machen und weiter steigern 2. Wissen für nachhaltige Entwicklung bereitstellen, Dialog- und Lernprozesse fördern, innovative Ansätze stärken 3. Nachhaltigkeit des Förderhandelns gewährleisten und dauerhafte Wirkungen sichern 4. Institutionelles Nachhaltigkeitsmanagement stärken und den ökologischen Fußabdruck des DAAD redu- zieren. Schon heute sind Nachhaltigkeitsthemen fest im Pro- grammportfolio des DAAD verankert. Darauf verweist Dr. Ruth Fuchs, die als Expertin im Referat Nachhaltige Entwicklung das Projekt «Nachhaltigkeitsmanagement» fachlich verantwortet: «Der DAAD sieht Nachhaltigkeit als ganzheitlichen Auftrag und strategische Priorität für die eigene Organisation.» In diesem Kontext werden zielgerichtet die Nachhaltigkeitskriterien im Betrieb der Organisation und im Förderhandeln weiter gestärkt und die Nachhaltigkeitsbilanz dadurch kontinuierlich ver- bessert. → 1 Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie wurde ursprünglich 2002 als Nationale Nachhaltigkeitsstrategie angenommen. 2016 wurde sie neu aufgelegt und 2018 aktualisier t. Siehe Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung, Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Aktualisierung 2018, online verfügbar unter https://t1p.de/tt64 [05.10.2020]. 13

DAADeuroletter top Grafik: DA AD-Perspektiven 12.08.2020, Nachhaltigkeit im DA AD, S. 3 https://static.daad.de/media/daad_de/der-daad/kommunikation- publikationen/standpunkte/daad-perspektiven_nachhaltigkeit.pdf [12.11.2020] Und wie sieht es mit dem «ökologischen Fußabdruck» des DAAD als Institution aus? «Die Planung und Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Reduzierung des ökologi- schen Fußabdrucks erfolgt im Rahmen von 6 Subteams, die organisationsübergreifend besetzt sind und eine breite Beteiligung gewährleisten», erläutert Ruth Fuchs. Im Mittelpunkt stehen dabei die Themenfelder «Mobilität», «Veranstaltungsmanagement», «Öffentlichkeitsarbeit», «Förderhandeln», Wie trägt der DAAD mit seinen Programmen zur UN-Agenda 2030 bei? Die Umsetzung der Agenda 2030 zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele ist die Leitlinie für ein Engagement, bei dem der DAAD mit den Hochschulen und Partnern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam agiert. Neben dem Bildungsbereich werden dabei auch weiterführende Ziele etwa in den Bereichen «Klimaschutz», «nachhaltige Ressourcennutzung» oder «Gesundheit» adressiert und mithilfe von Kooperations- und Stipendienprogrammen vorangebracht. Das Programmportfolio reicht von der Ausbildung hoch- qualifizierter Fach- und Führungskräfte sowie Nach- wuchswissenschaftler über den Aufbau entwicklungsre- levanter Studienangebote und Kompetenzzentren bis hin zur Förderung von Forschung in international vernetzten Teams. Ziel ist es, den Beitrag der deutschen Hochschu- len und ihrer internationalen Partner zu den Nachhaltig- keitszielen weiter zu steigern und durch internationale Zusammenarbeit die Voraussetzungen für eine globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung zu schaffen. «Gebäudemanagement» und «Vergabe». Für 2021 sind zu- sätzlich folgende Schritte geplant: – Erfassung der Klima- und Umweltbilanz des DAAD – Identifikation und Priorisierung von Verbesserungs- beziehungsweise Einsparungspotenzialen – Erarbeitung eines Nachhaltigkeitsprogramms mit quantifizierbaren Zielen und Aktivitäten zur Ver- besserung der sozialen und ökologischen Nachhaltig- keitsbilanz Wo kann man sich weiter über die Umsetzung der UN- Agenda 2030 im DAAD informieren? Die Website https://www.daad.de/de/der-daad/was-wir- tun/nachhaltigkeit/ zeigt Beispiele auf, wie der DAAD durch die Förderung internationaler Zusammenarbeit da- zu beiträgt, globale Herausforderungen zu bewältigen – im Sinne der Agenda 2030 und der Sustainable Develop- ment Goals. Die Website illustriert diese Aktivitäten mit thematisch vielfältigen Berichten, unter anderem über Projekte des Monats, wie dem für November 2020 über das Fachzentrum CERM-ESA, das 5 Universitäten aus Deutschland und Afrika gemeinsam gestalten. Zudem bietet die Website aktuelle Informationen und detaillierte Beiträge zu den 5 Kernbotschaften der Agenda 2030. 14

Und was kann der DAAD im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung tatsächlich leisten? Professor Dr. Joybrato Mukherjee, der Präsident des DAAD, hat dazu eine konkrete Vorstellung: «Der DAAD kann einen signifikanten Beitrag dazu leisten, dass eine nachhaltige Entwicklung auf diesem Planeten gelingt. Denn wir fördern die Kooperation von Individuen und von Institutionen weltweit und wir sind alle miteinander darauf angewiesen, dass Akteure in aller Welt zusam- menarbeiten, in Projekten, im Austausch, damit wir auf diesem einen Planeten eine nachhaltige Entwicklung be- kommen. Unser Förderhandeln ist insoweit ein wesentli- cher Beitrag und die Hochschulen leisten ihrerseits einen Beitrag im wissenschaftlichen Bereich.»² n 2 Wie der DA AD zu Nachhaltigkeit beiträgt – nachgefragt bei Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee, https://www.daad.de/de/der-daad/was-wir-tun/nachhaltigkeit/ [10.11.2020]. DAADeuroletter top Das Referat Nachhaltige Entwicklung ist federführend für die Strategieentwicklung und Posi- tionierung des DAAD als Akteur im Bereich «nachhaltige Entwicklung» zuständig. Zu seinen diesbezüglichen Kern- aufgaben gehören: – Aufbereitung aktueller Themen und Fragestellungen an der Schnittstelle von Hochschulbildung und nachhalti- ger Entwicklung und Ableitung von Handlungsempfeh- lungen – externe Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zum Beitrag von Hochschulbildung und Wissenschaft zu nachhaltiger Entwicklung – Beratung der Programmabteilungen zur stärkeren Aus- richtung und Erweiterung des Programmportfolios auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die SDGs – Pflege und Ausbau der Netzwerke mit Hochschulen, Geldgebern, Partnerorganisationen und weiteren rele- vanten Akteuren Nicole Friegel ist Leiterin des Bereichs «Interne Services» beim DAAD > friegel@daad.de Foto ©: DAAD Foto ©: Privat Dr. Ruth Fuchs ist Expertin im Referat Nachhaltige Entwicklung und verantwortet dort fachlich das Projekt «Nachhaltig- keitsmanagement» > fuchs@daad.de 15

DAADeuroletter top der gastkommentar Mehr Technologie. Schneller. Grüner. Internationaler. von Peter Schniering* Ein Gast ist laut Duden «jemand, Relevanz: das vereinte Europa; der sich in einer anderen als seiner der internationale Austausch von eigenen Umgebung, besonders in Wissen, Konzepten und Visionen; einem Personenkreis, zu dem er die Herausforderungen, denen nicht fest gehört, zu bestimmten Lehrende und Lernende sich wer- Zwecken vorübergehend aufhält». den stellen müssen – dies sind die Diese Definition beschreibt sehr Themen, zu denen wir Autorinnen treffend unsere Intention, im und Autoren einladen werden, ihre DAADeuroletter durch Gastkommen- Gedanken zu formulieren. tare Sichtweisen erschließen und In dieser Ausgabe schreibt Dr. Impulse gewinnen zu können, die Peter Schniering, Geschäftsführer nicht durch die alltägliche Arbeit der von ihm in Remscheid gegrün- mit und für Erasmus+ geprägt sind. deten Initiative und Denkfabrik Das Auswahlkriterium dafür heißt Future Cleantech Architects (FCA). Foto ©: FCA/Christian Ewald * Der Ar tikel gibt die persönliche Auffassung des Autors wieder und stellt folglich keine Meinungsäußerung der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit dar. 16

Sprunginnovation unter Zeitdruck: Warum die Energiewende so stark vom Wissenschaftsaustausch und von internationalen Wissenschafts- kooperationen profitiert. Und wa- rum das eine der größten Chancen für den europäischen Wirtschafts- raum ist. Wir müssen handeln – und zwar sofort Bei allen Erfolgen der erneuerbaren Energietechnologien: Gemessen am Ziel des Weltklimarats (IPCC), die durch- schnittliche globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu limitieren, klafft eine große Lücke in der Technologieentwicklung und -verbreitung. Dies betrifft selbst die optimistischsten Szenarien. Nimmt man die bereits erreichten atmosphärischen Konzentrationen an Treibhausgasen und berücksichtigt die Trägheit des Klima- systems, muss der Entwicklungs- und Verbreitungsaufwand hochinnovativer Technologie vervielfacht werden. An- dernfalls drohen wesentliche Kipppunk- te des Klimasystems zu einem Zeitpunkt erreicht zu werden, der den Ökosyste- men keine Chance lässt, sich ohne ir- reversible Verwerfungen – und katastro- phale Folgen für alle Bewohner – diesen Bedingungen anzupassen. Die besondere Schwierigkeit hierbei hängt damit zusammen, dass wir nicht nur die häufig mit dem Klimawandel assoziierten Sektoren «Energie» und «Mobilität» betrachten dürfen. Die welt- weiten jährlichen Treibhausgasemis- sionen setzen sich neben der Strom- erzeugung und dem Transportsegment zu jeweils ebenfalls gewichtigen Teilen aus den Sektoren «Industrie», «Gebäu- de» und «Landwirtschaft/Landnutzung» zusammen. Alle diese Bereiche müssen unter hohem Zeitdruck dekarbonisiert und darüber hinaus um Emissionen der übrigen – wie bei Methan teilweise sehr aggressiven – Treibhausgase bereinigt werden. Und in allen diesen Bereichen arbeiten Forscherinnen und Forscher an einer Vielzahl von Technologien und Prozessen, die eine besonders drasti- sche Reduktion der Emissionen verspre- chen – wenn sie denn erfolgreich den Massenmarkt erreichen. Verknüpfte Welt: wirtschaftliche Entwicklung, Mobilität, Erasmus+ Da alle diese bedeutsamen wirtschaft- lichen Segmente zusammenhängen – und in einer im Wesentlichen kohlen- stoffbasierten Infrastruktur aufgebaut wurden –, ist die drastische Reduk- tion von Treibhausgasemissionen so schwierig. Jegliche Entscheidung mit Bezug auf eine bestimmte Technologie oder einen nennenswerten Schritt zum Klimaschutz, ob privatwirtschaftlich oder im öffentlichen Sektor getroffen, muss stets eine Vielzahl von Interessen ausgleichen. DAADeuroletter top Einige dieser Konsequenzen sind bei ambitionierter Klimapolitik offensicht- lich – und zeigen sich in der kontinuier- lichen Lobbyarbeit aller bedeutenden Verbände rund um die Energiewende. So muss bei allen Maßnahmen berück- sichtigt werden, dass auch regionale Wirtschaftsstrukturen und Arbeitsmärkte sich anpassen können, ohne dass es zu Verwerfungen kommt. Jede ambitionier- te Transformation kann nur nachhaltig gelingen, wenn eine überwiegende Mehrheit der Menschen in den jeweili- gen Regionen und Wirtschaftssektoren hinter den Maßnahmen steht – und sie nicht als Bedrohung wahrnimmt. Hierbei ist die Wissenschaftskoope- ration und auch -kommunikation essenziell: Gerade die komplexen Zusammenhänge der internationa- len Herausforderung «Klimawandel» lassen sich nur in interdisziplinärer und länderübergreifender Kooperation erforschen, erfassen und kommunizie- ren. So erscheint nahezu jeder größere, umfassende Bericht zur Thematik «Kli- mawandel und Klimatechnologie» unter Mitwirkung mehrerer Hochschulen und Forschungsinstitute – und multinatio- naler, interdisziplinärer Besetzung der Forschenden. → 17

Abb. 1: Key R&D Areas / Future Cleantech Architects Quelle ©: FCA 2020 FCA arbeitet auf 8 Feldern, die alle grundlegende Potenziale für zukünf tige Durchbruchstechnologie im Klimaschutz bieten. Die Befreiung aus dem festen Klammer- griff der kohlenstoffbasierten Infrastruk- tur und Wirtschaftsweise wird nur mit massiver Investition in Technologie ge- lingen. Selbst ein viel deutlicherer wirt- schaftlicher Einbruch (oder alternativ eine politisch verordnete «Enthaltsam- keit») als während des Covid-19-Lock- downs würde nicht ausreichen, um das Klimaproblem in den Griff zu bekom- men. Die notwendige Transformation ist viel grundlegender. Die Relevanz einer bereits zu Studien- zeit erlebten multinationalen Koope- ration – etwa durch Erasmus+ – ist hierbei nicht zu unterschätzen. Eine große Herausforderung besteht schließ- lich in der Aufbereitung der häufig sehr komplexen Ergebnisse für eine Zielgrup- pe, die zwar unter Umständen wissen- schaftlich arbeitet, jedoch im jeweiligen Publikationsgebiet häufig nur rudi- mentäre Kenntnisse hat. Die verständ- liche Kommunikation – ohne zu starke Verkürzung oder Verwässerung der Kernaussagen – ist hierbei eine der wesentlichen Aufgaben im fachüber- greifenden Dialog. Covid-19 und die leicht übersehenen Folgen für den Klimaschutz Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurde gerade zu Beginn immer wieder ge- äußert, dass wahlweise «die Natur» oder «das Klima» durch den Einbruch wirtschaftlicher Aktivität nun geschont werde. Das ist ein grundlegender Irrtum. Zwar sind die globalen Emissionen seit März 2020 leicht zurückgegangen, die damit einhergehende Unsicherheit hielt aber auch viele Investitionen zurück, die Innovatoren dringend benötigen, um hochinnovative Klimaschutztechno- logien zu entwickeln und zu skalieren. Durch ausbleibende Steuereinnahmen reduzierte Staatshaushalte wiederum limitieren den Handlungsspielraum für Investitionen in Infrastruktur und Öko- systeme zur Förderung brillanter Ideen zum Klimaschutz. 18

Abb. 2: Main Drivers beyond 2030 / Future Cleantech Architects Quelle ©: FCA 2020 Welche Kräf te werden die Energiewende vorantreiben? Wir haben sie in vier Felder gruppier t. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach zukünftiger Mobilität – etwa im Rahmen des Erasmus-Pro- gramms – zu sehen. Der Aufstieg des Mediums «Videokonferenz» war sicher- lich einer der positiven Nebeneffekte einer in Summe sehr schwierigen beruf- lichen Interaktion im Jahr 2020. Aber keine digitale Kommunikation wird den direkten Austausch und das persönli- che Erleben vor Ort je ersetzen können. Gerade junge Erwachsene profitieren wie wohl keine andere gesellschaftli- che Gruppe vom Leben in einem ande- ren kulturellen, sprachlichen und auch universitären Umfeld. Die Kunst wird es mit Blick auf den Klimawandel sein, drastische Emissions- reduktionen bei steigender Wirtschafts- leistung zu erzielen, die Mobilität – besonders von Schülern oder jungen Erwachsenen in der Ausbildung – noch zu erhöhen, die Emissionen dieser Mobilität aber auf einen Bruchteil zu reduzieren. Nur eine Strategie, die beide Zielsetzungen vereint, birgt die Chance, den europäischen Wirtschaftsraum im Sinne der Visionen «Klimaneutralität» und «Kreislaufwirtschaft» weiterzuent- wickeln, zugleich jedoch den bereits erfolgten Rückstand gegenüber den Vereinigten Staaten und China in puncto struktureller Innovationsfähigkeit wieder zu verringern. Eine jüngste Studie des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) und der Boston Consulting Group hat gerade noch einmal das enorme wirt- schaftliche Potenzial der Technologien für die Energiewende erarbeitet. Die Lösung der klimatechnischen Heraus- forderung ist also gleichzeitig eine öko- nomische Chance: Europäische Stand- orte können wirtschaftliche Zugpferde werden und internationalen Vorbildcha- rakter bekommen. Die nationalen und europäischen Strategien zur Wasser- stoff-Wirtschaft sind hier Beispiele für dringend benötigte «Masterpläne». → 19

DAADeuroletter top Wie beschleunigt man Technologieentwicklung? Und warum geht das mit internationaler Kooperation? 2030 müssen entscheidende Technolo- gien und Prozesse der Dekarbonisierung bereits wesentlich weiterentwickelt sein, als wir es derzeit für möglich halten. Diese Notwendigkeit zur Beschleuni- gung betrifft alle Bereiche – vom Labor bis in den Massenmarkt. Sie umfasst darüber hinaus Segmente, die man mit den klassischen Innovationsstufen eines Produkts zunächst gar nicht assoziiert. Herausragende Ideen und Konzepte müssen früher erkannt und gefördert, das sogenannte matchmaking zur Unterstützung der Innovatoren zudem umfassender verstanden werden. Dabei geht es nicht nur um Kapitalgeber und Vertriebspartnerschaften. Vielmehr müssen – im Rahmen internationaler, interdisziplinärer Kooperationen unter Einbindung auch der europäischen Hochschullandschaft – für Forschung und Entwicklung Ökosysteme geschaf- fen werden, die Innovatoren schnell und effizient helfen, gleichzeitig aber sehr weitsichtige Entwicklungsplanung für die Sektorenkopplung an den wesent- lichen Schnittstellen ermöglichen. Nur auf diesem Weg wird eine fundamentale Dekarbonisierung möglich sein. 20 Dies stellt sowohl eine marktwirtschaft- liche als auch eine förderpolitische Herausforderung dar: Viele Weichenstel- lungen gerade der frühen Innovations- stufen können sich bei hochinnovativen Technologien aus dem freien Markt nicht entwickeln, hier muss die öffent- liche Hand unterstützen. Gleichzeitig müssen die Technologieoptionen solan- ge wie möglich offengehalten werden, um einen sogenannten technological lock-in – die irreversible Festlegung auf ein bestimmtes System, etwa durch ex- trem kapitalintensive Infrastruktur – zu vermeiden. Umwelttechnologie und Innovationsstufen Besonders schwer, die Innovationsstu- fen erfolgreich zu durchlaufen, haben es sogenannte High-Impact-Technologien, die in ihrem Segment eine überpropor- tionale Emissionsreduktion mit sich bringen würden. Nur bei Überwindung aller valleys of death können sie am En- de den gewünschten Skaleneffekt in der flächendeckenden Verbreitung zeigen (vgl. auch Abb. 2 auf S. 19). Gerade im Hardwarebereich sind für die erfolgrei- che Skalierung von Cleantech meistens jedoch einige Weichenstellungen in relativ frühen Innovationsstufen wichtig. Die erwähnte Kapitalintensität und im Vergleich mit anderen Technologien sehr lange Entwicklungszeit runden das Spektrum der Herausforderungen ab. Hierbei ist keiner der wesentlichen Be- reiche mehr separat zu sehen. Zudem sind sie hoch dynamisch. Jeden Monat entsteht neues Potenzial an den Schnitt- stellen zwischen den Segmenten. Einige Beispiele können die Bandbreite dieser Innovationen verdeutlichen: - Solares Flugbenzin: Mangels der benötigten Energiedichte können Batteriespeicher weder extreme Lasten noch sehr lange Strecken bewältigen. Die Lösung sind grüne Wasserstoffanwendungen oder an- dere synthetische Kohlenwasserstof- fe. Werden diese – und ähnliche – Lösungen erfolgreich entwickelt und skaliert, wird es mittelfristig möglich sein, auch internationale Mobilität in Einklang mit Anforderungen an Klimaneutralität zu realisieren. - Wellenenergie: Ergänzend zur Pho- tovoltaik und dem bereits sehr weit entwickelten Segment der Windkraft, bietet Energie aus den Ozeanen (so- wie auch aus Flussläufen) ein hohes Potenzial, um den Anteil erneuerba- rer Energien in der Stromerzeugung weiter auszubauen. - Digitale Power: Bedingt durch Netzstrukturen, die den Möglichkei- ten vieler dezentraler Energieerzeu- ger (etwa Windparks und Photo- voltaikanlagen) und einer drastisch steigenden Anzahl von Energie- speichern (in Privathaushalten oder E-Autos) noch nicht gefolgt sind, kann kaum eine der erneuerbaren Ressourcen den vollen Wert ihrer je- weiligen Erzeugungs- oder Speicher- kapazität ausspielen. Dadurch gibt es viele Effizienzverluste, die mit neuen digitalen Märkten gemindert werden sollen.

Schwarmintelligenz | hohe Kreativität Die Betonung der unbedingten Not- wendigkeit zur Sprunginnovation soll in keiner Weise die beeindruckenden Lern- kurven der wesentlichen erneuerbaren Energietechnologien, den Preisverfall im Segment der Energiespeicherung oder das grundsätzliche Umdenken vieler Wirtschaftsakteure in den letzten Jahren schmälern. Die Feststellung, wie weit wir noch von den wesentlichen Zielen zur Begrenzung des Klimawandels entfernt sind, soll nur weiterer Ansporn sein, die Entwicklung – gerade hochinnovativer Technologien und Prozesse – weiter zu beschleunigen. Hierbei ist ein sehr offener und länder- übergreifender Wissenschaftsdiskurs essenziell. Die europäische Hochschul- landschaft bietet eine hervorragende Basis, um diese Beschleunigung – ge- meinsam mit dem außereuropäischen Raum – zu unterstützen. Erasmus+ und andere Programme spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, bauen sie doch früh das Fundament für internationalen Wissenschaftsaus- tausch, der zentral ist, um mehr heraus- ragende Technologie schnell vom Labor in den Massenmarkt zu bringen. n DAADeuroletter top Foto ©: FCA/Christian Ewald Dr. Peter Schniering hat mit einer Dissertation zur Rolle von Techno- logie in Klimaschutzstrategien an der Universität Bonn promoviert. Im Anschluss war er als Carlo- Schmid-Fellow an der Internatio- nalen Energieagentur (IEA-OECD) in Paris und als Berater für die Ver- einten Nationen (UNFCCC) tätig. Für die Strategieberatung Roland Ber- ger hat Dr. Schniering im Bereich «Energieindustrie und Infrastruk- tur» gearbeitet. Er ist Mitglied der Geschäftsführung eines mittelstän- dischen Engineering-Unternehmens und Gründer der Future Cleantech Architects, einer gemeinnützigen GmbH, die Durchbruchs-Innovation im Klimaschutz fördert. Dr. Schniering ist Beiratsmitglied des World Economic Forum im Be- reich «nachhaltige Innovation im Energiebereich» (Sustainable Ener- gy Innovation Panel). 21

DAADeuroletter wirkung Europäische Hochschulen: eine aktuelle Bestandsaufnahme TEXT: MARCUS KLEIN Anfang Juli 2020 gab die Europäische Kommission die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der 2. und letzten Pi- lotausschreibung für die Europäischen Hochschulen bekannt. Aus den 62 eingereichten Projekten wurden 24 aus- gewählt. Die Gesamtzahl der im Rahmen der jüngsten Erasmus+ Projektlinie geförderten Allianzen ist damit auf 41 gestiegen. Auf nationaler Ebene bietet der DAAD mit seinem Begleitprogramm deutschen Hochschulen flankie- rend umfassende Unterstützung. Der Status quo Nach der von unabhängigen exter- nen Sachverständigen in einem erneut kompetitiven Verfahren getroffenen Entscheidung sind nunmehr alle 27 EU-Mitgliedstaa- ten und 32 der derzeit 34 Erasmus- Programmländer mit mindestens einer Hochschule vertreten. In absolu- ten Zahlen steht Deutschland mit 35 Hochschulen an der Spitze¹, gefolgt von Frankreich (32) sowie Italien und Spanien (je 24). Relativ zu ihrer Einwohnerzahl be- trachtet, sind es die Slowakei (3), Zypern (2) und Estland (3). Europaweit sind 284 Hochschulen an den 41 Allian- zen beteiligt. Die sich im Schnitt aus 7 Hochschulen zusammenset- zenden Konsortien zeigen dabei die ganze Vielfalt der europäischen Hochschullandschaft. Klassische Volluniversitäten sind ebenso beteiligt wie Technische Uni- versitäten, Kunsthochschulen und Hochschulen für angewandte Wissen- schaften; im Deutschlands wurden in der 2. Auswahlrunde zum Beispiel erfreuli- cherweise erstmals 2 Fachhochschulen ausgewählt. Gleiches gilt für die Ziele, die umgesetzt werden sollen, und die Themen, denen sie sich widmen. So gibt es Kooperationen, die einen umfassenden Ansatz verfolgen, aber auch solche, die einen klaren thematischen Schwerpunkt gelegt haben, beispielsweise auf Meere, Sozialwissenschaften oder globale Gesundheit, und dabei nicht zuletzt dem Aspekt der Nachhaltigkeit besondere Aufmerksamkeit schenken (siehe dazu die beiden Interviews auf S. 26–28). → Europäische Hochschulen sind transnationale Allianzen, die sich zu Hochschulen der Zukunft entwickeln, europäische Werte und die europäische Identität fördern und außerdem Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hochschul- bildung revolutionieren. […] Diese Allianzen werden - Partner aus allen Arten von Hochschuleinrichtungen mit einer möglichst breiten geografischen Abdeckung innerhalb Europas zusammenbringen[,] - auf einer gemeinsam erarbeiteten, langfristigen Strategie beruhen, die auf Nachhaltigkeit, Exzellenz und europäische Werte ausgerichtet ist, - studierendenzentrierte Lehrpläne anbieten, die gemeinsam im Rahmen eines interuniversitären Campus erstellt werden, wo eine heterogene Studierendenschaft eigene Programme entwickeln und auf allen Studienebenen Mobilität in An- spruch nehmen können, - Studierende, Wissenschaftler und externe Partner abhängig von den jeweiligen Herausforderungen in disziplinübergrei- fenden Teams zusammenbringen, um die größten Probleme zu bewältigen, mit denen Europa heute konfrontiert ist[.] Quelle: Europäische Kommission, Allgemeine und berufliche Bildung, Initiative «Europäische Hochschulen», online abrufbar unter https://t1p.de/5jaw [19.10.2020] 1 Vgl. Informationen der NA DA AD zu den beiden Pilotausschreibungen: https://t1p.de/95dg (2019) und https://t1p.de/mbic (2020). 23

DAADeuroletter wirkung Der finanzielle und institutionelle Rahmen Zur Umsetzung ihrer unterschiedlichen Kooperations- modelle erhalten die Hochschulallianzen für 3 Jahre, also bis 2022 (1. Pilotrunde) beziehungsweise 2023 (2. Pilotrunde), je 5 Mio. Euro, mithin «die höchste Förder- summe, die bisher in Erasmus oder in einem seiner Vor- gängerprogramme für eine Projektlinie»² vorgehalten wurde. Im März 2020 entschied die Kommission zudem, zusätzlich 2 Mio. Euro pro Allianz aus dem EU-For- schungsprogramm Horizon 2020 bereitzustellen, um – ergänzend zur Bildungsdimension – die Forschungs- und Innovationsdimension der Europäischen Hochschulen zu stärken. Ende Juli erhielten die Konsortien der 1. Pilotausschreibung die entsprechende Förderzusage, die Ausschreibung für jene der 2. erfolgt noch dieses Jahr. Damit hat die Kommission eine Entwicklung vorweg- genommen, die eigentlich erst mit Beginn der neuen Programmgenerationen von Erasmus+ (2021–2027) und Horizon Europe (dem Namen des Forschungsprogramms ab 2021) hätte umgesetzt werden sollen; in den entspre- chenden Entwürfen findet sich nämlich die – im Übri- gen von Hochschulvertretern schon im Zuge der Kon- zeptionierung der Förderlinie geforderte – Möglichkeit, Bildungs- mit Forschungs- und Innovationspolitik zu verknüpfen und damit Synergien zwischen den verschie- denen Bereichen zu schaffen. Zur Bedeutung der Initiative Die Horizon-2020-Fördermittel verbessern die finanzielle Ausstattung der Allianzen – die pro Jahr für alle Partner zur Verfügung stehende Summe steigt von 1,67 auf 2,33 Mio. Euro – und stärken dabei insbesondere die For- schungskomponente der Kooperationen. Insgesamt kann die Entscheidung als ein weiteres Bekenntnis zur Euro- päischen Hochschulinitiative verstanden werden, «zwei- fellos das in den letzten Jahren am meisten diskutierte politische Projekt im Bereich der Hochschulbildung und Forschung auf der Ebene der Europäischen Union.»³ Die Kommission, so lässt eine Reihe von Ankündigungen und Veröffentlichungen schließen, sieht in den Allianzen ein wichtiges (bildungs-)politisches Instrument. Beispiels- weise sind in der Anfang Juli 2020 herausgegebenen er- neuerten Europäischen Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz Europäische Hochschulen eine von 12 Maßnahmen.⁴ Und auch im Programmentwurf von Erasmus+ kommt ihnen hervorgehobene Bedeutung zu; als eine Partnership for Excellence werden sie als die ambitioniertesten langzeit- strategischen Kooperationsprojekte gesehen.⁵ 2 Beate Körner, Europäische Hochschulen. Deutsche Hochschulen sind bereit für die Pilotausschreibung der neuen Förderlinie, DA ADeuroletter 65 (2018), S. 62. 3 Anna-Lena Claeys-Kulik, European Universities Initiative – Chances and challenges, University World News, 06.11.2019, online verfügbar unter https://t1p.de/h1af [03.11.2020]. 4 Europäische Kommission, European Skills Agenda: For Sustainable Competitiveness, Social Fairness and Resilience, Brüssel 2020, S. 11, online verfügbar unter https://t1p.de/h1af [21.10.2020]. 5 Siehe dazu NA DA AD, Auftaktveranstaltung Erasmus+ Jahrestagungszyklus 2020, YouTube, 02.10.2020, online verfügbar https://t1p.de/lvkx, 1:16:16. 24

DAADeuroletter wirkung Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat am 26.09.2017 in seiner Rede «Initiative für Europa» in der Pariser Sorbonne die Einrichtung von mindestens 20 Europäischen Universitäten bis 2024 vorgeschlagen Foto ©: Frédéric Dugit/MA XPPP/dpa Zu den bleibenden Unsicherheiten Zum deutschen Begleitprogramm Dabei sind zurzeit grundlegende Fragen noch offen, auch das muss deutlich gemacht werden. Das betrifft die tatsächliche Ausgestaltung der Förderlinie, wie viele und welche der Konsortien über die Pilotphase hinaus ge- fördert werden und mit welchem Budget das geschehen kann. Das hängt zum einem von der Evaluation der Pi- lotprojekte ab und zum anderen von den zurzeit immer noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU; trotz Fortschritten steht – Stand Ende November 2020 – eine finale Eini- gung zwischen Rat, Parlament und Kommission noch aus. In diesem Zusammenhang gibt es warnende Stimmen wie jene des DAAD-Präsidenten Professor Dr. Joybrato Mukherjee, dass die «von Emmanuel Macron angestoße- nen Europäischen Hochschulen […] mit dem aktuellen Haushaltskompromiss» für die nächste Erasmus-Genera- tion «schlicht nicht zu realisieren» sein werden.⁶ Bei all dem Enthusiasmus für das Projekt ist das ein Punkt, der dem Erfolg der Initiative und somit ihrem angedachten Beitrag zum europäischen Bildungsraum noch im Wege steht. Sicher ist währenddessen, dass das vom Bundesminis- terium für Bildung und Forschung aufgelegte und vom DAAD verwaltete nationale Begleitprogramm, Europäi- sche Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative⁷, mit seinen 2 Projektlinien weiterläuft. Die in der 2. Pilot- ausschreibung ausgewählten 20 deutschen Hochschu- len können sich um zusätzliche Fördermittel in Höhe von insgesamt 750.000 Euro (max. 250.000 Euro pro Haushaltsjahr) bewerben (topping up). Und für Hoch- schulen, die trotz eines als förderwürdig eingestuften Antrags aufgrund der Auswahlsituation nicht berück- sichtigt wurden (z.B. wegen der regionalen Verteilung), besteht die Möglichkeit, Zuwendungen von insgesamt maximal 450.000 Euro (max. 150.000 pro Haushaltsjahr) zu erhalten (approved but not funded); nach der 1. Pilot- ausschreibung profitierten davon immerhin 5 deutsche Hochschulen. ■ 6 Mukherjee, Europa braucht junge Europäer, SZ, 14.09.2020, online verfügbar unter https://t1p.de/c8nc [22.10.2020]. 7 Zu den Details, siehe DA AD, Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative, online verfügbar unter https://t1p.de/hk7d [23.11.2020]. 25

DAADeuroletter wirkung Europäische Hochschulen: die Allianz EURECA-PRO* 4 Fragen an die TU Bergakademie Freiberg und die HS Mittweida Warum haben Sie sich mit Ihren Partnerhochschulen an der Welche Erwartungen haben Sie an die Europäische 2. Pilotrunde beworben? Hochschulallianz? Carsten Drebenstedt (TU Freiberg): Europa ist ein Innova- Walter: Wir möchten mit unseren Partneruniversitäten und tionsstandort an der Spitze vieler Entwicklungen. Damit das assoziierten Partnern zum Beispiel die hochschul- und damit so bleibt und ausgebaut wird, benötigen wir die besten Ab- länderübergreifende Ausbildung von Bachelor- und Master- solventen. Um das zu gewährleisten, müssen wir die besten studierenden sowie Doktoranden voranbringen, da sie die Lehr- und Lernmethoden sowie -inhalte nutzen und diese europäische Industrie und Wirtschaft auf ihrem Weg zu einer ständig weiterentwickeln. Da Europa aber relativ kleintei- nachhaltig(er)en Produktion und die Gesellschaft insge- lig in Staatsgebiete untergliedert ist, müssen die Grenzen samt bei der Transformation zu einem nachhaltigen Konsum überwunden und die Kompetenzen gebündelt werden. Dies begleiten und mitprägen werden. Langfristig streben wir schafft zusätzliche Effekte durch verschiedene Erfahrungen gemeinsam einen virtuellen und integrierten europäischen und Herangehensweisen in den Kulturen. Was liegt also nä- Campus an und damit einen europäischen Abschluss für alle her, als sich der Stärken des Einzelnen bewusst zu werden Studierenden, der in den Ländern unserer Partnerhochschu- und sie zum Vorteil der Gemeinschaft zu bündeln und nutzbar len anerkannt wird und die Absolventinnen und Absolventen zu machen! auch interkulturell befähigt, in ganz Europa zu arbeiten und Stefanie Walter (HS Mittweida): Wir pflegen zu über 100 zu forschen. Hochschulen im Ausland sehr intensive Beziehungen, aber Drebenstedt: Die Europäische Hochschulallianz eröffnet auch zu einer Vielzahl inländischer Bildungs- und For- zahlreiche neue Möglichkeiten der Hochschulkooperation schungseinrichtungen, darunter die nahe gelegene TU und der Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten. Mit Freiberg. Mit der Bergakademie sind wir zum Beispiel über den Partnern in Griechenland, Österreich, Polen, Rumänien mehrere Forschungsprojekte und kooperative Promotionen und Spanien können wir bestehende Partnerschaften multi- intensiv verbunden. Professor Drebenstedt sprach mich an, lateral ausbauen und neue entwickeln. Die Teilnehmer des ob die Hochschule Mittweida ihr Wissen und ihre Fähigkeiten Projekts, ob Lehrende oder Studierende, erwerben bezie- in die sich aufbauende Allianz einbringen und das Bündnis hungsweise verbessern ihre interkulturellen und sprachlichen erweitern wolle. Ja, natürlich wollten wir uns beteiligen. Unsere Kernkompe- tenzen liegen unter anderem im Bereich «nachhaltige Ent- wicklung», die bei uns ein Querschnittsthema in Forschung und Lehre ist, sowie in den Kommunikations- und Medienwis- senschaften. Entsprechend werden wir uns in EURECA-PRO einbringen: Wir bearbeiten das breite kommunikations- und sozialwissenschaftliche Feld innerhalb der Allianz – bei- spielsweise interkulturelle Kompetenz, mediengestützte Bildung sowie Wissenschafts- und Nachhaltigkeitskommuni- kation. Fähigkeiten und erleben eine völlig neue Welt des Lernens und Lehrens in einem europäischen Campus, sei es durch Mobilität, sei es durch digitale Angebote. Neue Beratungsan- gebote stehen ebenso im Fokus wie die bessere Kommunika- tion mit der Gesellschaft und Wirtschaft und die Integration der Wissenschaft, verbunden mit einer Steigerung der Re- putation der Hochschulen. Jeder sollte unbedingt Teil dieser neuen Entwicklungen und Möglichkeiten sein wollen. Das Hauptgebäude der TU Bergakademie Freiberg Foto ©: TU Bergakademie Freiberg/Detlev Müller * Akronym für: The European University Alliance on Responsible Consumption and Production 26

DAADeuroletter wirkung Das Hauptgebäude der Hochschule Mittweida Foto ©: Hochschule Mittweida In der Verantwortung der HS Mittweida liegt der Bereich «Third Mission and External Image». Welche Aufgaben ergeben sich daraus und wie werden Sie diese umsetzen? Walter: Unser Arbeitspaket gliedert sich in viele Unterpunkte und diese wiederum in zahlreiche Aktivitäten. Eine unserer Aufgaben liegt in der Entwicklung einer gemeinsamen Strate- gie für die Dritte Mission: Wir intensivieren gemeinsam unter Die TU Freiberg ist für das Arbeitspaket «Ausbildung und anderem den Wissens-, Technologie- und Innovationstransfer Studium» verantwortlich. Welche Aufgaben ergeben sich in Wirtschaft und Gesellschaft. Dazu gehören eine passende daraus und was werden Sie zu dessen Umsetzung – kurz-, Kommunikationsstrategie und vielerlei Maßnahmen, die wir mittel- und langfristig – machen? Drebenstedt: Die große thematische Überschrift unserer Allianz EURECA-PRO ist «Verantwortlich Konsumieren und Produzieren». So lautet auch das 12. der 17 Ziele für nachhal- tige Entwicklung der Vereinten Nationen. Dieses Thema hat es in sich, geht es doch um nicht weniger als das Schicksal der Menschheit auf unserem Planeten mit seinen begrenzten Ressourcen, aber rasant wachsender Bevölkerung und stei- genden Bedürfnissen nach Wohlstand. Da wir in den entwi- ckelten Industrieländern etwa 5 Mal so viel Rohstoffe pro Per- son einsetzen wie der Rest der Welt, benötigen wir dringend energie- und materialeffiziente Lösungen und ein Umdenken bei den Produzenten, Verbrauchern und in der Politik. Des- halb wollen wir neue Studienprogramme entwickeln, die der Zukunft der gesellschaftlichen Entwicklung gerecht werden und technische, ökologische, soziale, rechtliche und andere Aspekte inter- und transdisziplinär miteinander verbinden. Wir wollen Bachelor-, Master-, Promotions- und Weiterbil- dungsprogramme mit dem Zusatz «of European Studies in Responsible Consumption and Production» als neues Prädi- kat vergeben. Dabei steht der Studierende im Mittelpunkt. Er beziehungsweise sie soll sich aus den Angeboten der Part- neruniversitäten in verschiedenen Fachbereichen sein be- ziehungsweise ihr Studium zusammenstellen und gleichzeitig Europa als einen Lern- und Wissenschaftsraum wahrnehmen sowie die europäischen Werte vertreten. an die heterogenen Zielgruppen anpassen. Zudem verantwor- ten wir die Module, die sich im Rahmen unserer Allianz mit Aspekten der Nachhaltigkeitskommunikation befassen. → Die beteiligten Hochschulen der EURECA-PRO-Allianz: Montanuniversität Leoben (Österreich), Technischen Universität Bergakademie Freiberg (Deutschland), Technical University of Crete (Griechenland), University of León (Spanien), Silesian University of Technolog y (Polen), University of Petrosani (Rumänien), Hochschule Mittweida (Deutschland). Abb ©: https://www.eurecapro.eu/ Ansprechpartner Technische Universität Bergakademie Freiberg Prof. Dr. Carsten Drebenstedt Professor für Bergbau-Tagebau/ Leiter des Instituts für Bergbau und Spezialtiefbau > carsten.drebenstedt@mabb.tu-freiberg.de Ansprechpartnerin Hochschule Mittweida Stefanie Walter Projektleiterin EURECA-PRO an der HS Mittweida > walter@hs-mittweida.de 27

DAADeuroletter wirkung Europäische Hochschulen: die Allianz EUGLOH 3 Fragen an die LMU München Der Aufgabenbereich «Verbreitung und Nachhaltigkeit» hatte zu einem kleinen Teil Glück im Unglück, denn die meisten Kommunikationskanäle konzentrierten sich auch vor Aus- bruch der Pandemie schon auf den Onlinebereich: Website, Social Media, Newsletter etc. waren zunächst unbeeinträch- tigt. Andere Bereiche wie die Durchführung von Veranstal- tungen – Führungen von Schulklassen, Podiumsdiskussio- nen etc. – litten dagegen natürlich massiv. Auch waren in diesem Bereich zudem ursprünglich Workshops geplant, die beispielsweise Studierende in die Öffentlichkeitsarbeit mit einbeziehen oder die Hochschulmitarbeitende im Schreiben erfolgreicher Projektanträge schulen sollten. Diese mussten ebenfalls zunächst ausgesetzt werden, konnten dann aber re- konzipiert und erfolgreich virtuell durchgeführt werden. Was sind die nächsten geplanten Schritte und Maßnahmen? Die unmittelbare Aufmerksamkeit gilt nun dem laufenden Wintersemester 2020/21, dem Ausbau unserer digitalen Studien- und Austauschangebote für Studierende und der Umsetzung der Learnings aus dem ersten Projektjahr. Dabei werden wir genau die Entwicklung der Corona-Situation im Auge behalten und dort, wo es möglich ist beziehungsweise wird, die virtuellen Möglichkeiten wieder durch physische Mobilität ergänzen. Zudem hat sich EUGLOH erfolgreich auf einen Horizon-2020-Call beworben und wird im Rahmen des so entstandenen Projekts EUGLOHRIA (EUGLOH Research & Innovation Action) den Mobilitäts- und Ausbildungscharakter der Allianz um eine Forschungs- und Innovationsdimension ergänzen. ■ Ansprechpartner Philipp Beck EUGLOH-Projektkoordinator an der LMU > philipp.beck@verwaltung.uni-muenchen.de Kick-off Meeting im September 2019 in Paris Foto ©: EUGLOH Vor gut einem Jahr, Mitte September 2019, fand das Kick-off- Treffen der Hochschulallianz in Paris statt. Wie hat sich die European University Alliance for Global Health seitdem aus Ihrer Sicht entwickelt? EUGLOH ist in diesem einen Jahr zu einer wirklichen Allianz zusammengewachsen. Intensiver Austausch und zahllose Meetings haben ein freundliches und kollegiales Verhältnis zwischen den Mitarbeitenden der verschiedenen Partneruni- versitäten geschaffen. Neben der gegenseitigen Annäherung in vielerlei institutionell-strukturellen Themen ging aus dieser Zusammenarbeit trotz der Corona-bedingten Widrigkeiten vor allem ein umfangreiches und qualitativ hochwertiges An- gebot für Studierende hervor: Allein im ersten Jahr nahmen über 2.100 Studierende an größtenteils virtuellen Kursen und Workshops rund um das Thema «Global Health» teil. Welche Auswirkungen hatte die Covid-Pandemie auf die Arbeit der Allianz und insbesondere Ihren Aufgabenbereich «Verbreitung und Nachhaltigkeit»? Wenn man bedenkt, dass EUGLOH ein auf Mobilität und Austausch orientiertes Projekt ist und Reisen sowie direkter Kontakt Corona-bedingt zwischenzeitlich fast vollständig zum Erliegen gekommen sind, wird deutlich, dass die Auswir- kungen der Pandemie immens waren. Es mussten sämtliche ursprünglich geplanten Vorhaben auf Eis gelegt und über- legt werden, wie man die bestehenden Konzepte bestmög- lich virtuell durchführen kann. Diese Umstellung war sehr arbeitsintensiv, gelang aber sehr gut und eröffnete vor allem auch sehr großes Lernpotenzial in diesem Bereich, dessen Erschließung der Allianz nachhaltig zugutekommen wird. 28

DAADeuroletter wirkung Facetten der Nachhaltigkeit in Erasmus+ Kooperationsprojekten TEXT: KATRIN WINTER Das Thema «Nachhaltigkeit» ist in Zeiten des Klimawandels und der globalen Umweltveränderungen vor allem eins: «grün» beziehungsweise ökologisch besetzt. Allerdings wird Nachhaltigkeit nicht allein als ökologisches The- ma diskutiert, sondern vielmehr als ein allgemeiner Imperativ – und das völlig zu Recht. Heute sind Akteure in allen Bildungs- und Fachbereichen gefragt. Auch im Hochschulbereich fördert eine bereichs- und fachübergreifende, nicht zuletzt grenzüberschreitende Zu- sammenarbeit das Potenzial für nachhaltige Wirkungen. Die Erasmus+ Förderlinien für Kooperationsprojekte (z.B. Strategische Partnerschaften, Wissensallianzen, Kapazitätsaufbauprojekte, Jean Monnet-Aktivitäten oder Erasmus Mundus) bieten für viele europäische und internationale Projekte einen idealen Rahmen, um den rele- vanten Fragestellungen zu begegnen. Die Rahmenbedingungen Nachhaltigkeit als Förderkriterium Die Nachhaltigkeit der Projektergebnisse hängt entschei- dend davon ab, ob sie mit ihrer systemischen Umgebung und deren Entwicklungen korrespondieren und darin weiterwirken können. Um ihr Wirkungspotenzial voll zu entfalten, müssen sie über den zeitlichen und struk- turellen Rahmen des Projekts hinaus verbreitet und ge- nutzt werden. Gerade für Kooperationsprojekte1 gilt laut Erasmus+ Programmleitfaden, dass «[d]as Ausmaß der Verbreitungs- und Nutzungsaktivitäten […] sich entspre- chend dem Umfang und der strategischen Bedeutung der Projekte» erhöht.2 So sind in den Kooperationsprojekten beispielsweise nach den einzelnen Projektphasen Veranstaltungen vorgesehen, auf denen die Community über die ersten Ergebnisse informiert wird und diese diskutieren kann. Dabei sollen gezielt Schlüsselpersonen und die breite (Fach-)Öffentlichkeit eingebunden werden, die als Multi- plikatoren wirken und Impulse geben, um eine mög- lichst breite Nutzung der Ergebnisse auch in anderen Bereichen zu erreichen. Voraussetzung dafür ist, dass die Erkenntnisse und Einsichten über die Projektlaufzeit hinaus frei zugänglich sind. In Erasmus+ Kooperationsprojekten geht es über die konkreten Projektziele hinaus also in einem hohen Maße darum, dass Nachhaltigkeit von vornherein mitgedacht wird und von Anfang an geeignete Voraussetzungen für eine möglichst gute Ausschöpfung und Maximierung der Projektergebnisse geschaffen werden. Hierbei hilft die Entwicklung einer durchdachten Nachhaltigkeitsstrate- gie und eines Verbreitungsplans schon in der Projektvor- bereitung. Damit den Gutachterinnen und Gutachtern im Auswahlprozess eine möglichst klare Beurteilungs- grundlage für eine eventuelle Förderentscheidung vor- liegt, sollten entsprechende Dokumente vor der Antrag- stellung im Konsortium erarbeitet und mit eingereicht werden. Selbst wenn Kooperationsprojekte auf einer verbindli- chen Zusammenarbeit von Institutionen basieren, hängt die Initiative und Durchführung der ambitionierten Vorhaben oft stark vom Engagement einzelner Personen und ihrer Netzwerkpartner ab. Insbesondere mit Blick auf die Nachhaltigkeit sollten die Verstetigung, Imple- mentierung und Weiterentwicklung der Ergebnisse des- halb von vornherein mit in die Überlegungen einfließen und beschrieben werden. Gleichfalls sollte feststehen, welche Stellen die Ergebnisse nach Projektabschluss wei- ter nachhalten, bei Bedarf weiterentwickeln und darüber Auskunft geben können. → 1 Praxisbeispiele für Hochschulkooperationen finden sich auf der Website der NA DA AD unter https://t1p.de/1jg8 2 Erasmus+ Programmleitfaden, Version 3 (2020): 25/08/2020, Anhang II – Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse, S. 329, online verfügbar unter https://t1p.de/gw7fa [09.11.2020]. 29

DAADeuroletter wirkung Nachhaltige Wirkungen auf die Partnereinrichtungen: das Projektbeispiel LogOn-U Um die Wirkungsentfaltung nach Projektabschluss zu betrachten, haben wir ein Projektbeispiel wieder auf- gegriffen, über das wir 2018 im DAADeuroletter 64 be- richtet haben: das Kapazitätsaufbauprojekt «LogOn-U – Green Logistics Management», koordiniert von der Hochschule Wismar in Partnerschaft mit mehreren russischen und kasachischen sowie jeweils einer schwe- dischen und einer estnischen Partnereinrichtung.² Das Projekt bündelte fachliche und ökologische Aspekte und wurde 2018 erfolgreich abgeschlossen. Aber was ist seit- dem aus den Ergebnissen geworden? Und wie haben sie sich ausgewirkt? Laut Professor Dr. Gunnar Prause, der an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften unter anderem für den Bereich «Maritime Wirtschaft» berufen ist, wird der im Projekt erzielte Ansatz für Kompetenzentwicklung inzwischen auch in anderen Master- und Bachelorpro- grammen in Russland angewendet. Unter anderem hat er dazu beigetragen, die russischen Konsortialpartner für die Entwicklung neuer, praxisorientierter Programme bestens aufzustellen; die Projektergebnisse konnten also auf andere Zielgruppen übertragen werden. Auch – und insbesondere – auf die Partnereinrichtungen in Kasachstan zeigt das Projekt positive Auswirkungen: Das Rudny Industrial Institute erhielt unter anderem dank des Projekts den Status einer Akademie und darf nunmehr Masterstudierende unterrichten. Und die Kos- tanay State University wurde zu einer der wichtigsten Universitäten ihrer Region. «Daran hat LogOn-U einen erheblichen Anteil», erklärt Gunnar Prause. Nicht zuletzt profitiert die Hochschule Wismar als ko- ordinierende Einrichtung weiterhin: Es hat einen na- tionalen MOOC (Massive Open Online Course) hervor- gebracht, der bis heute angeboten wird und inzwischen mehr als 5.000 Studierende erreicht hat. Die Sommer- und Winterschulen in «Green Logistics», die in dem Projekt entwickelt wurden, werden von den Konsor- tialpartnern immer noch durchgeführt und erreichen Studierende weltweit. Es ist zu erwarten, dass diese und künftige Programmteilnehmer hiermit ihre Beschäfti- gungsfähigkeit verbessern können. Das Projekt weist also bereits 2 Jahre nach seinem Ab- schluss deutliche nachhaltige Effekte auf beteiligte Institutionen und deren Lehrangebot auf. Weitere Ver- änderungswirkungen, wie eine Steigerung der Beschäfti- gungsfähigkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Weiterentwicklung des Transportsektors in der Zielregion und letztlich deren Prosperität, sind zu erwarten – mit «The consortium universities are further developing the project activities at their expense. Still, these university funds come from educational services, hoffentlich auch posi- tiven Folgen für ihre Ökobilanz. so the project results are sustained via the programme’s market value and its indirect outcomes. Another source are scientific grants, which the consortium universities obtain due to project results.» Prof. Dr. Gunnar Prause, Fakultät für Wir tschaf tswissenschaf ten und Wir tschaf tsinformatik, Hochschule Wismar 2 Siehe Yvonne Schnocks und Britta Schmidt, Wirkung und Nutzen von Erasmus+ Partnerschaften und Kooperationsprojekten, DAADeuroletter 64 (2018), S. 30–31 u. 34. 30

DAADeuroletter wirkung Ein Beitrag zur globalen Veränderung: das Projektbeispiel IMPACT – Intelligent Marine Systems Während im Fall von LogOn-U heute erste Wirkungen festgestellt werden können, müssen neue Projekte ihre Wirkung erst entfalten. So wie beispielsweise das auf den Schutz des maritimen Ökosystems bei der Nutzung maritimer Ressourcen und die Sicherheit von Hafenanla- gen abzielende, von der Universität Bremen koordinierte Projekt «IMPACT – a Pathway towards sustAinable edu- Cation, knowledge and empowermenT», das seit 2018 als Strategische Partnerschaft gefördert wird. Es handelt sich um eine Kooperation mit der privaten Jacobs University in Bremen sowie Hochschulen in den maritimen Anrainerstaaten Spa- nien, Portugal, Griechenland, Kroatien und Estland. Zweimal im Jahr trifft sich das IMPACT-Konsortium, um über fachliche Themen zu diskutieren, die in Verbindung mit den UN-Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 stehen. Mit IMPACT werden gemeinsame intensive Studienpro- gramme sowie Lehrmaterial entwickelt, das neben dem interdisziplinären fachlichen Input auch den Unter- nehmergeist der Studierenden wecken und kreatives Denken fördern soll. Auf der systemischen Ebene stärkt IMPACT die Zusammenarbeit von Hochschulen und Industrie. Gleichzeitig steigert das Projekt die Internatio- nalisierung der beteiligten Universitäten. → «Unsere Ozeane und Meere sind für die gesamte Menschheit von unbestrittener ökonomischer, ökologischer und klimatischer Bedeutung. Mit diesem Projekt zielen wir unter anderem darauf ab, diese Bedeutung auch durch bessere internationale Vernetzung in der Aus- und Weiterbildung nachhaltig abzubilden.» Prof. Dr. Ralf Bachmayer, Projektkoordinator an der Universität Bremen Im Rahmen der Biodiversität zielen EU-finanzier te Maßnahmen unter anderem darauf ab, die Meeresschildkrötenpopulation innerhalb der EU (wie hier z.B. in Italien) und angrenzender Gebiete zu schützen Foto ©: Giorgio Benvenuti/European Union, 2020, EC 31

DAADeuroletter wirkung Nachhaltigkeit in der Gesellschaft: das Projektbeispiel European Union and Global Sustainable Development Through Law Besondere Bedeutung kommt ebenso Projektergebnissen zu, die in der Zivilgesellschaft ankommen und dort ihre Wirkung zeigen – so naturgemäß auch im Bereich der Sozialwissenschaften. Ein Beitrag zur sozialen Nach- haltigkeit wird am Jean Monnet-Lehrstuhl «European Union and Global Sustainable Development Through Law» von Professor Dr. Peter-Tobias Stoll an der Univer- sität Göttingen erarbeitet. Hier wird ein ganzheitlicher Ansatz in den Europastudien der Fakultät und darüber hinaus verfolgt, zum Beispiel, indem EU-Themen in Vor- lesungen zum Internationalen Recht mit aufgenommen «Über Nachhaltigkeit zu arbeiten, heißt noch lange nicht, nachhaltig zu arbeiten.» werden. Gemeinsam mit europäischen Partnerhochschulen wer- den Seminare und Sommerschulen durchgeführt, an denen gezielt auch Akteure der Zivilgesellschaft teilneh- men, um den bereichsübergreifenden Dialog zu stärken. Zur EU-Außenpolitik wird eine neue Vorlesung entwi- ckelt. Die Studierenden erweitern so ihr Wissen und ihre Kenntnis über Europa sowie ihr methodisches Können – das stärkt wiederum ihre Beschäftigungsfähigkeit. Für eine möglichst nachhaltige Nutzung der gewonnenen Erkenntnisse werden ein Forschungshandbuch und ein Lehrbuch zum Europäischen und internationalen Wirt- schaftsrecht und zur nachhaltigen Entwicklung heraus- gegeben. Prof. Dr. Peter-Tobias Stoll, Institut für Völkerrecht und Europarecht der Universität Göttingen, in der Session «Nachhaltigkeit in der Projektförderung» des Erasmus+ Jahrestagungszyklus der NA DA AD am 26.10.2020 Die NA DAAD will es wissen Dieselben anspruchsvollen Maßstäbe wie für die geför- derten Projekte gelten für die Fördereinrichtungen und Mittlerorganisationen: Nachhaltigkeitsthemen sind das eine, die Nachhaltigkeit ihrer Unterstützung das andere. Die Förderer und Mittler müssen Fragen nach der Sinn- haftigkeit jeder Maßnahme nicht nur den jeweiligen Pro- jektverantwortlichen stellen, sondern auch sich selbst. rem die Nachhaltigkeit der Projekte im Sinne der konti- nuierlichen Nutzung der Ergebnisse nach Abschluss der Förderung sowie ihre positiven Veränderungswirkungen untersuchen soll. Besonders gespannt sind wir auf die nicht intendierten Wirkungen, die sich vielleicht mit aufzeigen lassen. Sobald hierzu Ergebnisse vorliegen, werden wir Sie darüber informieren. Die NA DAAD unterstützt durch ihre Beratung bereits seit Langem Projektkoordinatoren bei der Planung der Nachhaltigkeit ihrer Projekte. Zunehmend evaluieren wir ebenso, was nach Ende der Projektlaufzeit aus den Ergebnissen geworden ist. Im Bereich der Erasmus+ Kooperationsprojekte und zum Abschluss der aktuellen Programmgeneration wird im ersten Halbjahr 2021 eine entsprechende Evaluation durchgeführt, die unter ande- Aber nicht nur Erasmus+ denkt und wirkt nachhaltig: Die Nationale Agentur und der gesamte DAAD befinden sich auch in einem Prozess der nachhaltigen Entwick- lung. Das betrifft die Durchführung von Veranstaltun- gen, die Wirksamkeit unserer Prozesse und Programme oder die Entwicklung einer gesamtheitlichen Nachhaltig- keitsstrategie. Und darüber werden wir Sie gleichfalls auf dem Laufenden halten. ■ Katrin Winter EU03 – Partnerschaften und Kooperationsprojekte > winter@daad.de 32

NA Jahrestagungszyklus TEXT: MARCUS KLEIN Nach Lüneburg und Saarbrücken hätte es dieses Jahr Augsburg sein sollen. So war es zumindest vorgesehen und im Anfang März fertiggestellten DAADeuroletter 68 auch angekündigt. Doch kurz nach dessen Veröffentli- chung wurde deutlich, dass Covid-19 die Durchführung der Erasmus+ Jahrestagung als Präsenzveranstaltung mit Hunderten von Teilnehmenden unmöglich machen wür- de. Statt Schwaben wurde es so der virtuelle Raum. Die Arbeit an einem entsprechenden Konzept begann im Mai, denn an eine ersatzlose Absage der so wichtigen Jahres- tagung wurde in keiner Phase gedacht. «Es ging nicht», so macht Kerstin Tanovic vom Veranstaltungsteam der NA DAAD deutlich, «um das Ob; das stand nie infrage. Es ging um das Wie, also um die Realisierung. Und das stellte eine Heraus- forderung dar, da wir technisch betrachtet absolutes Neuland betraten.» Ein neuer Ansatz Die wesentlichste Änderung, die das vom Referat EU01 und dessen Veranstaltungsteam in enger Abstimmung mit Re- feratsleitungen und der NA-Direktion entwickelte Konzept vorsah, betraf den Ablauf. Da das Programm der Präsenzver- anstaltung nicht einfach übernommen werden konnte, wurde die virtuelle Jahrestagung modular aufgebaut. Neben einer Auftaktveranstaltung, samt Rückblick auf das vergangene Jahr und Ausblick auf die kommende Erasmus-Programmgenera- tion, sollte es im Oktober und November eine Reihe themati- scher Sessionen geben. Bei der Umsetzung konnten EU01 und das Veranstaltungs- team auf breite Unterstützung zählen. So wurden für die Auftaktveranstaltung professionelle Partner engagiert, die die Studiotechnik mitbrachten und die Aufzeichnung über- nahmen, während die Fachkolleginnen und -kollegen in den Referaten die inhaltliche Ausgestaltung verantworteten, punktuell unterstützt von externen Expertinnen und Exper- ten. Außerdem war die Öffentlichkeitsarbeit stark involviert, insbesondere das Onlineteam, das die EU-Website und den Social-Media-Auftritt der NA DAAD steuert und pflegt. → Inhaltlich schön knapp und eine gute Grundlage für die wei- teren Seminare. Kann ich die Termine in meinen Outlookka- lender übertragen? Ich mag dieses Format sehr, wenn ich auch den persönlichen Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen vermisse. Dennoch spart es vielleicht die Wege nach Bonn, mir erspart es ins- gesamt 12 Stunden Reisezeit. Von daher finde ich den Mix an Veranstaltungsformaten ganz wunderbar, vielen Dank für die Weiterentwicklung. Fotos ©: DAAD/Susanne Reich 33

NA Jahrestagungszyklus Ein gelungener Auftakt Nach nur 4 Monaten Vorbereitung – ein Gutteil davon unter den erschwerten Bedingungen von Homeoffice und einge- schränkten persönlichen Kontakten – war es am 30. Sep- tember soweit. Vor mehr als 500 zugeschalteten Personen, das heißt weit mehr als beispielsweise in Saarbrücken im September 2019 anwesend gewesen waren, eröffnete NA-Di- rektor Dr. Stephan Geifes die erste virtuelle Erasmus+ Jahres- tagung. Das rege Interesse «überraschte positiv», so Tanovic, obwohl man in der NA DAAD davon ausgegangen war, online mehr Teilnehmende zu erreichen als bei einer Präsenzveran- staltung. Die Reaktionen auf die Veranstaltungen waren ebenfalls durchweg positiv. «Wir denken, dass wir unser Ziel, nämlich Es wäre schön, wenn die während der Veranstaltung gestell- das Format, die Inhalte und die Dauer der Auftaktveranstal- ten Fragen im Nachhinein beantwortet und weiter diskutiert tung den Interessen und Erwartungen der Teilnehmenden werden könnten (Kommentarfunktion) anzupassen, gut umsetzen konnten und Lust auf die weiteren Sessionen gemacht haben», erklärt Tanovic. Beleg dafür ist, dass die Teilnehmerzahl seit der Auftaktveranstaltung auf gut 1.200 angestiegen ist. Positive Zwischenbilanz und bleibende Aufgaben Als Zwischenbilanz lässt sich festhalten, dass das Format der thematischen Angebote insgesamt sehr gut angenommen wird. Es könnte in Zukunft eine echte Alternative darstellen, um möglichst viele Interessenten schnell und direkt mit Infor- mationen zu für sie relevanten Themen zu versorgen. Verbesserungsbedarf gibt es zum einen bei der Interaktion zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. «Durch den Jahrestagungszyklus erhalten wir dazu aber wichtige Impulse und Rückmeldungen», stellt Tanovic fest. Zum anderem ge- staltet sich – neben technischen Aspekten – die Ansprache der Teilnehmenden schwierig. Ohne ein direktes Feedback auch durch die Körpersprache sind hier Grenzen gesetzt. Aber dafür wird sich ebenfalls, so die Hoffnung, eine Lösung finden. ■ 34 Fotos ©: DAAD/Susanne Reich

Fokus Portugal TEXT: MARCUS KLEIN Ein Blick über den Tellerrand, Teil 4: Internationale Mobilität, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, politische Unterstützung, und das in verschiedenen Bildungs- und gesellschaftlichen Bereichen. Für all das und noch einiges mehr steht Erasmus+ seit 2014. Das gemeinsame Dach aller transnationalen Bildungsprogramme der Europäischen Union ist dabei nicht nur unbestritten eines ihrer Vorzeigeprogramme, sondern auch für mehr als 10 Millionen Eu- ropäerinnen und Europäern er- und gelebtes Europa. Die Ziele werden zum einen von all denen umgesetzt, die von den diversen Programmlinien profitieren – dazu zäh- len mobile Einzelpersonen ebenso wie kooperierende Hochschulen und andere Organisationen. Zum anderen sind es aber auch die Nationalen Agenturen, mit denen die EU bei der «Verwaltung» des Programms zusammenarbeitet, «[d]amit die Wege für die Teilnehmer zu Erasmus+ möglichst kurz sind und sichergestellt werden kann, dass [es] in den verschiedenen Ländern gut funktioniert», wie auf der entsprechenden Website der Kommission zu lesen steht. Während über (ausgezeichnete) Projekte von Teilnehmenden immer wieder berichtet wird, ist über die Nationa- len Agenturen und deren Arbeit weit weniger bekannt. Mit dieser Serie möchten wir das ändern und Ihnen bis- lang unbekannte Perspektiven auf und Einsichten in Erasmus+ bieten. Nach Finnland (Nr. 67), Kroatien (Nr. 68) und Deutschland (Nr. 69) schauen wir diesmal auf Portugal, das im ersten Halbjahr 2021 turnusmäßig den Vorsitz im Rat der EU übernehmen wird. Agência Nacional Erasmus+ Educação e Formação: The Portuguese National Agency for Education and Training The institutional and legal framework New programmes bring new chal- lenges, which in turn, sometimes at least, require new answers. The Portuguese government certain- ly saw it that way when, reacting to the launch of the newly minted Erasmus+, it decided to overhaul the institutions managing the European Union’s programme for general and vocational education. At the end of February 2014, it established two new agencies, the Agência Nacion- al Erasmus+ Juventude em Ação (National Agency Erasmus+ Youth in Action, AN E+ JA) and the Agên- cia Nacional Erasmus+ Educação e Formação (National Agency Erasmus+ Education and Training, AN E+ EF), by a resolution of the Council of Ministers.1 1 See Diário da República, 1.ª série — N.º 38 — 24 de fevereiro de 2014, PRESIDÊNCIA DO CONSELHO DE MINISTROS, Resolução do Conselho de Ministros n.º 15/2014, p. 1626, available online at https://dre.pt/ application/conteudo/572634 [10.11.2020]. 36 Of particular interest for us is AN E+ EF, the bigger of the two enti- ties and, more importantly, the one entrusted with the higher education sector Karte ©: AdobeStock (amongst other things). It was set up as «a mission structure integrated into public administration» and giv- en «administrative and financial au- tonomy for awarding grants» (much like AN E+ JA). Reflecting its area of responsibility, it does so, however, «under the joint supervision and jurisdiction of the Ministry of Sci- ence, Technology and Higher Educa- tion, [the] Ministry of Education and [the] Ministry of Labour, Solidarity and Social Welfare».2 Based in Lisbon like its predecessor agencies, AN E+ EF currently has 56 employees working on the vari- ous education and training sectors covered by Erasmus+ (everything from schools to adult education and vocational training) as well as Europass, the European Union’s → 2 Agência Nacional Erasmus+ Educação e Formação, Erasmus+ Education and Training National Agency, https://www.erasmusmais.pt/agencia- nacional?lang=en [06.11.2020].

DAADeuroletter erfahrung 1 – Palácio de São Bento, das Parlamentsgebäude in Lissabon 2 – Strand in Lagos an der Algarve 3 – Portugiesische Nationalflagge 4 – Das Rektoratsgebäude der Universität Lissabon 5 – Die Brücke Dom Luís I im Herzen von Porto 6 – Surfer an der Atlantikküste bei Porto Batel 7 – Die Gare do Oriente, Lissabons Ostbahnhof 8 – Die Livraria Lello in Porto zählt zu den schönsten Buchhandlungen der Welt 9 – Blick über Lissabons Praça do Comércio in Richtung Tejo 10 – Canyoning am Rio Teixeira 11 – Die historischen Straßenbahnwaggons der Linie 28 in Lissabon 12 – Die historischen Gebäude der Universität Coimbra zählen zum Weltkulturerbe o a o J : 6 ; ) 5 . 2 A S - Y B C C ( g r o . a i d e p i k i W . e d / i v o r r a M : 5 ; ) 0 . 4 A S - Y B C C ( g r o . a i d e p i k i W . n e / o c r a M - o y l i D : 4 ; e c i v r e S l a u s i v o i d u A / 0 0 0 2 , s e i t i n u m m o C n a e p o r u E : 3 ; ) P d T ( m o c . l a g u t r o p f o s e g a m i - l a g u t r o P e d o m s i r u T / l e u n a M e s o J : 2 ; g r o . a i d e m i k i W / 0 . 3 A S - Y B C C / o g a G o d l a v s O : 1 © . ) 5 . 2 A S - Y B C C ( g r o . a i d e p i k i w . e d / e t p e r T s a e r d n A : 2 1 ; ) 0 . 3 A S - Y B C C ( g r o . a i d e p i k i w . e d / z t i m h c S . G . r D : 1 1 ; P d T / a v l i S o c s i c n a r F : 0 1 ; ) 0 . 4 A S - Y B C C ( g r o . a i d e p i k i w . e d / v n a m y N t g n e B : 9 ; ) 0 . 3 A S - Y B C C ( g r o . a i d e p i k i w . e d / o ã m r I e o l l e L a i r a r v i L : 8 ; P d T / l e u n a M e s o J : 7 ; P d T / a s o b r a B 37

Fokus Portugal initiative to increase transparen- cy of qualification and mobility of citizens in Europe. Besides teams working on transversal tasks, such as IT, the financial area, compliance and project auditing, and evidence-based analysis, there are 30 staff directly working with KA1 and KA2 teams. Of those, seven staff are responsible for higher education: six are dealing with learning mobilities of individu- als (Key Action 1) – four with mobil- ities involving programme countries (KA103) and two with mobilities involving partner countries (Interna- tional Credit Mobility [ICM], KA107) – and one with cooperation concerning innovation and the exchange of good practices (Key Action 2). A tale of two stories Erasmus+ is well-known and broadly recognised in Portugal, as one might expect from a country with a long involvement in European education and mobility programmes – Portu- gal is after all one of the 11 states which began to implement mobili- ty activities for students as part of the original ERASMUS programme (EuRopean Community Action Scheme for the Mobility of Univer- sity Students) back in 1987, just one year after its accession to the then European Community. «There is a lot of interest in all our actions», Ana Cristina Perdigão, the National Agency’s diretora since September 2020, states unequivocally. Indicative of this fact is that the numbers both of submitted and of approved projects have increased significantly since 2014, the latter more than the former; applications have grown by 57% over the sev- en-year period, approved projects even by 83%. And yet, as Perdigão also notes in this context, «the de- mand exceeds the capacity to fund all applications». This applies to ICM and especially to Strategic Partner- ships. «Only in KA103, it is possible for the National Agency to finance all projects», due to the Erasmus Charter for Higher Education (ECHE) scheme, which covers almost all Portuguese Higher Education Insti- tutions (HEIs). The annual increases in the Erasmus+ budget, particular- ly the marked growth rates in both 2019 and 2020, while welcomed, could not meet the demand for the decentralised actions administered by AN E+ EF. The scope of the programme Even if not all projects could be funded, what has been achieved since 2014 is still noteworthy. A study commissioned by the Nation- al Agency found, for instance, that during the first three years of Eras- mus+ alone, that is to say until 2016, students, teaching staff (profes- sores), and administrative staff from Portuguese Higher Education Insti- tutions studied, taught, or trained at some 1,800 European HEIs; that is half of all HEIs participating in the programme at the time. In absolute figures, these were almost 27,000 KA103 mobilities (plus 500 financed by ICM).3 Under Call 2017, Portugal recorded another 12,700 mobilities involving higher education staff and students (KA103 and KA107). 3 See Relatório nacional intercalar de avaliação da implementação e impacto do programe Erasmus+: Portugal ([Lisbon]: 2017), pp. 7–8, available online at https://t1p.de/247c [10.11.2020]. There are at the same time more staff, both teaching and adminis- trative, and above all more students coming to Portugal. This is to be ex- pected given the imbalance between the potential numbers inbound versus outbound. Yet Ana Cristina Perdigão is adamant that numbers alone only tell part of the story. «The quality of Portuguese higher edu- cation institutions, where all of the courses have at least 30 to 60 ECTS in English, and top research organi- sations and R&D units in all domains of knowledge» must also be taken into account, she points out, as they raise the attractiveness of Portugal as a destination. Last but least, there are the socio-economic conditions, such as a favourable cost of living compared to other European coun- tries, a welcoming and multicultural environment and, it almost goes without saying, the good weather and sunny beaches. The fact of the matter remains that Portugal is popular with Erasmus+ students, easily securing a top 10 place (e.g., 7th place in 2018). The main countries of origin being Spain (around 20.9% of inbound students), Italy (14.5%), Poland (11%), Germa- ny (8.6%) and France (6.7%). Around 61% of these incoming students are female and 38% are male. As for the levels of study, almost two thirds (61.6%) are first cycle and around one third (33.8%) are second cycle students. And while most of them fall into the category of Student Mobility for Studies (SMS), the ratio of Stu- dent Mobility for Placements/Trainee- ships (SMP) has increased since 2014 from 21% to about 29% in 2017. 38

DAADeuroletter erfahrung Fakten zu Portugal Name Portugiesische Republik, República Portuguesa Klima gemäßigt maritim, im Norden kühl und regnerisch, wärmer und trockener im Süden Landesfläche 92.090 Quadratkilometer inkl. Azoren und Madeira (2011: ca. 39,7 % landwirtschaftliche Nutzfläche, ca. 37,8% Wald) Hauptstadt Lissabon (803.900) Bevölkerung 10.302.674 (7.2020) Landessprachen Portugiesisch (offizielle Landessprache), Mirandés (anerkann- te Minderheitensprache) Staats-/Regierungsform Parlamentarische Republik Infrastruktur/Verkehr Es gibt ein Eisenbahn- und ein gut ausgebautes Auto- bahn- und Schnellstraßennetz. Wichtige Routen werden von gebührenpflichti- gen autoestradas abgedeckt. Der Fernverkehr mit Bussen hat in Portugal einen höheren Stellenwert als in Mitteleuropa. Studium In Portugal gibt es 14 staatliche Universitäten, 15 private Universitä- ten und einige Fachhochschulen (Instituto Politécnico) mit einem breiten Fä- cherspektrum sowie die Universidade Aberta (seit 1988), die Studien im Wege des Fernunterrichts anbietet. Die Universität Lissabon (Universidade Nova de Lisboa) ist mit 47.844 Studierenden (2018) die größte Hochschule im Land. Quellen: Central Intelligence Agency, The World Factbook, Portugal, https://t1p.de/kx5h [18.11.2020]; https://de.wikipedia.org/wiki/Portugal#Infrastruktur [18.11.2020]; https://www.daad.de/de/laenderin- formationen/europa/portugal/studieren-und-leben-in-portugal/ [18.11.2020] Nützliche Informationen vor dem Start nach Portugal Länderinformationen des Auswärtigen Amtes https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/portugal-node Länderinformationen des DAAD https://www.daad.de/de/laenderinformationen/europa/portugal/studieren-und- leben-in-portugal/ Agência Nacional Erasmus+ Educação e Formação https://www.erasmusmais.pt/?lang=en Website «studieren weltweit – ERLEBE ES!» mit Berichten Studierender über das Gastland Portugal https://www.studieren-weltweit.de/laender-entdecken/portugal/ The importance of Erasmus+ Individuals participating in Key Action 1 benefit in various ways, as the Relatório nacional interca- lar de avaliação da implementação e impacto do programa Erasmus+: Portugal, the country’s mid-term evaluation report, already noted in concurrence with other studies and surveys. After their mobility Por- tuguese students feel better «pre- pared to adapt to new situations» and «to collaborate with people of different cultural backgrounds», for example, and they are also «more confident in their abilities […] and more open-minded about new chal- lenges».4 At a more general level, as Perdigão adds, their shared experi- ence contributes «to the quantitative and qualitative targets towards an European Education Area». The picture is no less positive re- garding the impact of Erasmus+ on Portuguese higher education, its institutions and beyond. «We believe», the director of AN E+ EF states, that the programme «is critical to Portu- gal and the higher education sec- tor, since for most of our HEIs it is the main or even the only source of funding for internationalisation ac- tivities». Taken as a whole, Perdigão concludes, «Erasmus+ has created a network of opportunities and exper- tise, knowledge exchange and skills improvement, which is at the core of a qualified education system but mostly at the heart of the knowl- edge-based development of a more just and inclusive society, both at the national and at the European level.» → 4 Relátorio, p. 7. 39

Fokus Portugal Ausgewählte Kennzahlen Portugal und Deutschland im Vergleich Anzahl der eingeschriebenen Studierenden (2016) Frauenanteil an Studierenden (alle Studienstufen) in % (2016) Immatrikulationsquote in % des Jahrgangs* Anteil der Forschungsausgaben am BIP in % Knowledge Economy Index (KEI) (2012) Portugal 362.200 53,55 65 1,29 34 Anteil ausländischer Studierender in % (2016) (wichtigste Herkunftsländer für Portugal: 1. Brasilien, 2. Angola, 3. Kap Verde, 4. Spanien, 5. Mosambik) 3,92 Anteil der im Ausland Studierenden in %* (beliebteste Zielländer für Portugiesen: 1. Vereinigtes Königreich, 2. Spanien, 3. Frankreich, 4. USA, 5. Brasilien) 2,57 * Portugal 2016, Deutschland 2015 Quelle: DAAD-Datenblatt Portugal 2016, https://t1p.de/qxss [18.11.2020] Mobilität mit Programmländern: Austausch zwischen Portugal und Deutschland, Projekte 2017 Studierendenmobilität – Auslandsstudium Studierendenmobilität – Auslandspraktikum Personalmobilität – Unterrichts-/Lehrzwecke Personalmobilität – Fort- u. Weiterbildung total portugiesische Outgoer portug. Outgoer Anteil nach Deutschland insgesamt 500 184 43 44 771 7.487 2.893 1.460 963 12.803 6,7 % 6,4 % 2,9 % 4,6 % 6,0 % deutsche Outgoer deutsche Outgoer Anteil nach Portugal insgesamt Deutschland 2.807.010 48,20 68 2,88 8 12,30 3,91 Rang DE als Zielland 5 4 10 7 4 Rang PT als Zielland 10 11 12 10 11 3,3 % 2,2 % 2,6 % 4,0 % 3,1 % Studierendenmobilität – Auslandsstudium 1.109 Studierendenmobilität – Auslandspraktikum Personalmobilität – Unterrichts-/Lehrzwecke Personalmobilität – Fort- u. Weiterbildung total 198 79 145 1.531 33.290 9.009 3.046 3.613 48.958 Quelle: NA DAAD/Europäische Kommission; Stand: November 2020 40

Cooperation with the other National Agencies, which in the case of Spain includes bilateral meetings on ap- plications, project assessments, the recruitment, training, and evaluation of experts and the internal organisa- tion of the agencies and their staff, takes place through Transnational Cooperation Activities (TCAs) and seminars, for example, but there are also informal meetings and contacts between directors and staff. Job shadowing involving both inbound and outbound staff is an another means of deepening relations and learning from each other. Looking ahead Over recent months in Portugal, as indeed everywhere else in Europe, Covid-19 has had a major impact on job shadowing activities, and on all other opportunities for individ- uals funded by Erasmus+ for that matter. «The fact is», as Ana Cristina Perdigão states, «that the pandemic is putting a lot of strain on the pro- gramme». Closed borders, stay-at- home orders, curfews, and social dis- tancing regulations – all measures put in place to limit the spread of the virus – run counter to mobility and exchange, the ideas at the heart of Erasmus. Cooperation, at home and abroad AN E+ EF has contributed to this development and continues to do so, not least by means of its cooper- ation with other National Agencies. In Portugal, it closely collaborates with AN E+ JA, its Braga-based sister organisation responsible for projects and activities in the fields of youth and sport. Both agencies routinely share information about procedures, practices, and strategies regarding aspects such as programme dis- semination and the valorisation of projects, and they also hold joint monitoring meetings. Once a year, moreover, they meet for a best prac- tice and team building event. In Europe, the National Agency Eras- mus+ Education and Training par- ticipates in the horizontal working groups led by the European Commis- sion to develop the programme and optimise its implementation as well as in Mednet, the informal network of Southern European countries bringing together NAs from Croatia, Cyprus, France, Greece, Italy, Mal- ta, Portugal, Slovenia, Spain, and Turkey. AN E+ EF has particularly close relations with its counterparts in Spain, Italy, and Poland. These are traditional partner countries in Portuguese projects and the three countries that receive and send most of the total outgoing and incoming mobilities, respectively. DAADeuroletter spektrum Notwithstanding these restric- tions, the virus has not brought the programme to its knees. In 2020, Portuguese HEIs «still expect to accomplish a very positive number of mobilities and projects», Perdigão notes. Just as importantly, «they are doing everything in their power to maintain and indeed reinforce mo- bilities for the next programme gen- eration, which we expect to be more inclusive than the present one». With a view to this new programme and its improved coverage, AN E+ EF for its part has developed and im- plemented cross-sectoral priorities on internationalisation, inclusion, and synergies. With regard to further supporting the strategic develop- ment and future horizontal priorities of the programme, in 2019 the agen- cy also began to analyse the imple- mentation of Erasmus+ in Portugal, its impact on internationalisation and inclusion as well as its synergies with other relevant programmes and agencies. Portugal, in other words, está bem preparado. ■ 41 41

DAADeuroletter erfahrung Unterwegs … wie reist es sich nachhaltig? Wenn sich beim Austausch das Gewissen meldet TEXT: LUTZ CLEEVES Das Auslandsstudium in den USA, das Praktikum in Lettland oder die Fortbildung in Israel – was geht eigentlich noch, wenn die eigene CO2-Bilanz in den Fokus der Betrachtung rückt? Verträgt sich der Wille zu nachhaltigem Handeln noch mit dem Wunsch nach internationaler Studien- und Berufserfahrung? Der Weg ins Ausland führt häufig zu einem Dialog mit dem eigenen Gewissen – dabei steht fest: Ein wenig mehr an Nachhaltigkeit geht meistens – aber nicht immer! Wer beispielsweise in Ländern Amerikas, in Australien oder Neuseeland interna- tionale Erfahrungen sammeln möchte, wird dazu kaum mit anderen Verkehrsmitteln als dem Flugzeug anreisen können. Wir haben 3 Erasmus+ Studierenden bei der Umsetzung ihrer persönlichen Nachhaltigkeitsstrategie in Austausch- situationen «über die Schulter geschaut» – und dabei auch entdeckt, wie sie die Herausforderungen in Zeiten von Corona meistern. Über ihre individuellen Erfahrungen und Konzepte berichten die Correspondents auf dem Por- tal «studieren weltweit – ERLEBE ES!» in vielen spannenden Beiträgen und mit tollen Fotos der Austausch-Erleb- niswelt. Grün im wahrsten Sinn: die Bibliothek der Universität Lund. Foto © Benjamin Schlegel Benjamin, der normalerweise in Berlin Wirtschafts- ingenieurwesen studiert, ist in den Norden gereist, um im schwedischen Lund von August 2020 bis Januar 2021 mit Erasmus+ und einem Stipendium ein Bachelor-Auslandssemester im «Grün hinter dem Öresund» zu verbringen. Das große Kursangebot an seiner Gasthochschule zu nachhaltigen Technologien und der Umstand, dass sie in kleineren Gruppen statt- finden, hat ihn besonders gereizt. «Eins macht das ganze Vorhaben natürlich schwierig: die Corona-Pandemie. Auch wenn Schweden seinen Sonderweg geht, muss man sich […] auf Einschränkungen einstellen. Die Kurse finden beispielsweise größtenteils online statt», schreibt Benjamin. Er ist trotzdem gefahren, und das ganz ressourcenschonend (mit zusätzlichem Nutzen): «Die Anreise mit der Bahn nach Lund ist sehr praktisch: [E]inerseits ist es umweltfreundlicher als zu fliegen, ande- rerseits kann man deutlich mehr Gepäck mitnehmen. Gerade die dicken Wintersachen nehmen näm- lich sehr viel Platz im Koffer weg.» https://www.studieren-weltweit.de/gruen-hinter-dem-oeresund-meine-mission-in-lund/ [09.10.2020] Auf www.studieren-weltweit.de berichten Studierende aus Deutschland, die einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt absolvieren, im Rahmen der Kampagne «studieren weltweit – ERLEBE ES!» in persönlichen Blog-Beiträgen und in den sozia- len Netzwerken von ihren Erfahrungen und Erlebnissen. Im Dossier zum Thema «Nachhaltigkeit» auf www.studieren-weltweit.de/nachhaltigkeit finden Studierende passende Erfah- rungsberichte der Correspondents, Experteninterviews und Tipps zur nachhaltigen Gestaltung von Auslandsaufenthalten. 42

DAADeuroletter erfahrung Zu Fuß zum (portugiesischen) Ende Europas: Sophie auf Wanderpfaden rund um das Cabo da Roca, nordwest- lich von Lissabon. Foto © Henrike Klein Sophie, die von Februar bis Juli 2020 mit Erasmus+ in Portugal ein Auslandssemester in Philosophie und BWL absolvierte, schreibt, warum sie sich vor- genommen hatte, besonders nachhaltig zu leben – und dass der nachhaltige Weg nicht der einfache sei: «Ein nachhaltiger Lebensstil kostet Zeit. Ein nach- haltiges Leben kostet Zeit. Zum Markt zu gehen kostet Zeit, den Biosupermarkt zu finden kostet Zeit, mit dem Zug zu fahren kostet Zeit, sich zu informieren kostet Zeit. Aber ich will hier gerade die Sachen lieben lernen, die Zeit kosten. Und wo könnte ich das besser lernen als hier in Lissa- bon, wo ich das Gefühl habe, dass die Zeit viel langsamer läuft.» https://www.studieren-weltweit.de/nachhaltig-leben-im-auslandssemester- erstes-fazit-nach-4-wochen/ [09.10.2020] Silvia hat sich vor ihrem Auslandssemester vom Januar bis Mai 2020 mit Erasmus+ im Lehramtsstu- dium für Sonderpädagogik im nordfinnischen Oulu Gedanken gemacht, wie sie über 2.600 Kilometer zu ihrem Wunschort kommen könnte, ohne zu fliegen. Es hat geklappt! Mit Bus, Bahn und Fähre ging es über Polen, Litauen, Lettland und Estland in knapp 4 Tagen mit «ausreichend Entspannungsaben- den bei Freunden in Berlin und Tallinn schon inbegriffen» vom Schwabenland in die nördlichste Groß- stadt der Europäischen Union. Insgesamt, fasst Silvia zusammen, «hat mich die komplette Fahrt 127 Euro gekostet.» Und war das wirklich umweltfreundlicher, als zu fliegen? Silvia sagt: «Definitiv ja! Ich hatte einen CO2-Ausstoß von 83 kg im Ver- gleich zu 431,5 kg mit dem Flieger.» https://www.studieren-weltweit.de/umweltfreundlich-ins- auslandssemester/ [17.10.2020] Nach Silvias Meinung sind Korvapuusti (Zimtschne- cken) eine der Gründe dafür, dass Finnen glückliche Menschen sind. Foto © Silvia Stitzenberger 43

DAADeuroletter erfahrung «Nie war Internationalisierung so wichtig wie heute» Ein Interview mit Dr. Dorothea Rüland, der Generalsekretärin des DAAD INTERVIEW: LUTZ CLEEVES UND MARCUS KLEIN In unserem Interview spricht die Generalsekretärin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, Dr. Doro- thea Rüland, unter anderem über Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den akademischen Austausch, die Ver- änderungen der internationalen Hochschulkooperation wie auch des DAAD und reflektiert Chancen und Grenzen der Digitalisierung. Ihre Ein- und Ansichten zu Erasmus+ teilt sie anlässlich ihres Eintritts in den Ruhestand zum 1. Februar 2021 selbstverständlich ebenfalls mit uns. Herausforderungen und Reaktionen Frau Dr. Rüland, was fällt Ihnen spontan zum akademi- schen Austausch ein, wenn Sie auf das zweite Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts zurückblicken, das Sie als Generalse- kretärin des DAAD mitgeprägt haben? Dr. Dorothea Rüland: Es waren aufregende, wirklich sehr spannende Jahre, in denen viel passiert ist und es eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen galt. Zu Beginn waren es die Nachwehen der Finanzkrise 2007/2008, dann kamen der Syrienkrieg und die große Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 sowie in deren Folge die Integration von Geflüchteten an den deutschen Hochschulen. Seit dem Frühjahr 2020 ist es nun das Coronavirus, das uns vor bisher nicht gekannte Herausforderungen stellt. Was bedeutet das für die Arbeit des DAAD als die welt- weit größte Förderorganisation für den internationalen Austausch von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern? Die Internationalisierung der Hochschulen und der Wis- senschaft, unsere Kernaufgabe, interagiert immer auch auf politische, wirtschaftliche und soziale Ereignisse und Entwicklungen, die auf nationaler, europäischer wie glo- baler Ebene unser Umfeld bestimmen. Es handelt sich um einen überaus dynamischen Prozess. 44 Mit Blick auf die Hochschulen lassen sich für das letzte Jahrzehnt konkret 2 zentrale, teils widersprüchliche Phä- nomene identifizieren, nämlich Kooperation und Wett- bewerb. Hierzu mussten sich mein Team und ich sowie der DAAD als Institution positionieren. Die Zusammen- arbeit wurde länder- und institutionenübergreifend weiter ausgebaut und gleichzeitig wurden die deutschen Hochschulen – nicht zuletzt mithilfe des DAAD und sei- ner Programme – dabei unterstützt, ihre Profile zu schär- fen, um sich besser und pointierter global positionieren zu können. Hat sich dabei der DAAD als Institution selbst auch verändert? Wir haben mit der Anfang 2015 in Kraft getretenen prozessorientierten Organisationsstruktur die institu- tionellen Voraussetzungen geschaffen, um auf solche Entwicklungen noch besser reagieren zu können. Damit kommen wir auch unserer in den letzten Jahren ge- wachsenen politischen Verantwortung nach. Deshalb wurde beispielsweise im Zuge der Reform die Abteilung «Strategie» mit dem Bereich «Wissen» gegründet. Ein weiteres Beispiel ist das im November 2019 auf Empfeh- lung des Wissenschaftsrats ins Leben gerufene DAAD- Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskoope- rationen, das Hochschulen beim Auf- beziehungsweise Ausbau ihrer internationalen Kooperationen unterstützt. Schließlich verfolgen wir intensiv das Ziel, das weltweite DAAD-Netzwerk von Außenstellen und Informations- zentren völlig neu aufzusetzen. →

DAADeuroletter erfahrung Digitalisierung (und die Rolle von Covid-19) Das Coronavirus ist, wie Sie zu Beginn festgestellt haben, die letzte in einer Reihe von großen Herausforderungen in Ihrer Amtszeit. Wie sind Sie und der DAAD damit strate- gisch umgegangen? Wir standen Ende März vor der Aufgabe, für die etwa 8.000 DAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten, die sich zu diesem Zeitpunkt mit unserer Unterstützung im Aus- land oder hier in Deutschland befanden, eine passende Strategie zu finden. Das bedeutete für beide Gruppen entweder den Verbleib an ihrem entsprechenden Aufent- haltsort oder die Rückkehr in ihr jeweiliges Heimatland. In Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und dem BMBF konnten wir für jeden Einzelfall eine zufrie- denstellende Lösung finden. Gleiches galt für die rund 18.000 deutschen Erasmus+ Studierenden im Ausland. Mit Blick auf den Ausbau digitaler Angebote war es si- cherlich von Vorteil, dass der DAAD diesbezüglich gut auf- gestellt war. Denken wir dabei nur an das 2019 angelau- fene Projekt «Internationale Mobilität und Kooperation», das Sie im Frühjahr – beim ersten Lockdown – als einen «Meilenstein» bei der «Erweiterung physischer Mobilität um digitale Komponenten» bezeichnet haben. Kam Co- vid-19 in diesem Zusammenhang die Rolle eines Beschleu- nigers zu? Ja, das erscheint mir treffend charakterisiert. Ich würde sogar sagen, dass das Virus der Digitalisierung im Hoch- schulbereich in vielerlei Hinsicht großen Antrieb verlie- hen hat. Die Krise stellt in diesem Bereich bei allem Leid, das sie verursacht hat, auch eine Chance für eine weitere Entwicklung, für eine Neuausrichtung dar. Parallel mussten wir zum einen alle unsere Programme daraufhin überprüfen, ob und inwieweit sich Mobilitä- ten durch digitale Elemente ergänzen und ersetzen las- sen. Zum anderen haben wir analysiert, in welchen Be- reichen wir Hochschulen, die ja ebenfalls von einem auf den anderen Tag auf digitale Formate umstellen muss- ten, durch zusätzliche Programme unterstützen können, um zum Bespiel gemeinsame Semesterprogramme mit Partnern im Ausland digital umzusetzen. Beides haben wir sehr schnell verwirklicht. Ich möchte jedoch speziell bei Mobilitäten die Digitali- sierung – mittel- und langfristig – nicht als vollständige Alternative sehen. Für junge Menschen ist Auslands- erfahrung und dabei gewonnene interkulturelle Kompe- tenz ein ganz zentraler Zugewinn. Dazu muss man sich tatsächlich – physisch – treffen. Diese Art von Auslands- aufenthalten wird weiterhin Bestand haben. In diesem Sinne muss man Digitalisierung aus meiner Sicht weni- ger als ein Entweder-oder, sondern eher als ein Sowohl- als-auch verstehen. Was meinen Sie genau damit? Damit meine ich, dass sich mithilfe der Digitalisierung beispielsweise Auslandsaufenthalte qualitativ verbessern lassen. Das gilt für die Vor- als auch die Nachbereitung. Wir werden früher oder später ebenso die ganze Student Journey digital abbilden können. Insbesondere durch digitale Formate, die mit Ausbruch der Corona-Pandemie immens an Popularität gewonnen haben und zumindest zurzeit aus unserer Arbeit im Homeoffice ja nicht mehr wegzudenken sind, kann die Internationalisierung von Hochschulen vorangetrieben werden, namentlich die in- ternationalisation at home. So können sie Professorinnen oder Wissenschaftler aus der ganzen Welt zuschalten, die vielleicht nicht an ihren Standort kommen, sich aber über eine Videoschalte einfach 2 Stunden Zeit für eine Vorlesung nehmen können. Da ist noch viel Potenzial, sagen wir es so. Foto©: DAAD/Jonas Ratermann 46

Erasmus+ In Ihre Amtszeit fiel auch die Neugestaltung des Erasmus- Programms, das mit dem Start der Programmgeneration im Jahr 2014 eine enorme Dynamik entwickelt hat. Was ist Ihr bleibender Eindruck davon? Worin besteht aus Ihrer Sicht der größte Beitrag von Erasmus für Europa? Maßgeblich ist sicherlich die große Zahl an jungen Menschen, denen mit Erasmus die Möglichkeit geboten wurde und wird, junge Leute aus anderen Ländern zu treffen, mit ihnen zusammen zu studieren und bei Prak- tika natürlich auch zusammenzuarbeiten. Dieses Erleb- nis wirkt sich positiv auf ihre persönliche Entwicklung aus. Gleichzeitig wird durch diese Erfahrung der euro- päische Zusammenhalt gestärkt, der mir heute wichtiger denn je erscheint. Ebenfalls wesentlich, wenn auch auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz so offensichtlich, erscheint mir die inhaltliche Entwicklung des Bildungsprogramms, wie wir sie ganz ähnlich bei den DAAD-Programmen gese- hen haben. Es fing mit Studierendenmobilität an und ging dann über die Projektförderung bis in die Wis- senschaft hinein. Einen großen, wirklich aufregenden Schritt gehen die Europäischen Hochschulen. Dort ver- sucht man ja im Grunde die verschiedenen Aspekte zu- sammenzubringen, von der studentischen Mobilität bis hin zur gemeinsamen Forschung. DAADeuroletter erfahrung Foto©: DAAD/Jonas Ratermann Wobei momentan weder die endgültige Ausgestaltung noch die Zahl der Europäischen Hochschulallianzen noch die dafür zur Verfügung stehenden Mittel geklärt sind … Das ist richtig, aber sowohl die Europäische Union als auch nationale Förderer der Initiative sehen in ihr das Potenzial, die europäische Zusammenarbeit im wissen- schaftlichen Bereich weiter zu vertiefen und die Position Europas im globalen Wettbewerb zu stärken. Deswegen glaube ich – bei allen Vorbehalten und Unsicherheiten –, dass alles getan wird, um aus der Idee ein erfolgreiches Projekt werden zu lassen. Allein durch seine Budgetgröße von aktuell 160 Millionen Euro ist Erasmus+ in Ihrem Hause ein bedeutender Faktor geworden. Wird die Rolle der Nationalen Agentur überall im DAAD entsprechend wahrgenommen? Ja, unbedingt, dem würde ich auf jeden Fall zustimmen und wir gehen auch absolut in die gleiche Richtung. Das gilt für die Organisationsstruktur wie die Programman- gebote gleichermaßen. Wir arbeiten stark synergetisch, ergänzen uns also inhaltlich wie geografisch. Beide Bei- spiele, EU-Agentur und DAAD-Programme, sind 2 Seiten einer Medaille. → 47

DAADeuroletter erfahrung Wissenschaftsaustausch Abschließend noch eine Frage zur Zukunft des Wissen- schaftsaustausches. Wie sollte es weitergehen in den nächsten, sagen wir mal, 10 Jahren? Zuerst einmal sehne ich mich – wie wir uns alle – nach persönlichen Kontakten. Das ist essenziell, zumal uns noch einmal relativ schwierige Monate bevorstehen. Dabei müssen wir im Rahmen des Möglichen schon jetzt alles daransetzen, insbesondere Studienanfängerinnen und Studienanfängern ein wenig Präsenz an den Hoch- schulen zu ermöglichen. Mit Blick auf die Zukunft: Weit mehr noch als bisher sollten wir auf multilaterale Kooperationen wie die eben erwähnten Europäischen Hochschulallianzen setzen. Wir erleben anhand der Pandemie in Echtzeit, wie be- deutsam Internationalisierung ist. Noch nie war sie so relevant wie heute. Um die großen Themen der Zukunft angehen zu können, Umwelt- und Klimaschutz zum Beispiel – und damit eng in Zusammenhang stehend den ganzen Bereich der Nachhaltigkeit, dem wir uns im DAAD intensiv widmen –, bedarf es großer interna- tionaler Netzwerke. Da müssen wir unsere Kompetenz definitiv noch erweitern. All diese Themen gehören zu den umfassenden globalen Herausforderungen, die man unter den SDGs, den Sustainable Development Goals, zu- sammenfassen kann. Gleiches gilt für die Kommunikation über Wissenschaft, wie also wissenschaftliche Inhalte in die Breite der Ge- sellschaft getragen werden und natürlich für das ganze Thema «Digitalisierung». Da stehen wir noch am An- fang, es wird noch einiges auf uns zukommen und auch technisch gibt es durchaus Spielraum nach oben. Frau Dr. Rüland, vielen Dank für dieses Interview. ■ Foto©: DAAD/Sebastian Wilke Dr. Dorothea Rüland studierte Geschichte, Germanistik und Musikwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Nach ihrer Promotion übernahm sie verschiede- ne Lektorate in England und Thailand. 1991 begann sie im DAAD als Referatsleiterin für Groß- britannien, Irland und die Nordischen Länder. Es folgten weitere Stationen im Haus, unter anderem die Leitung der Außenstelle Jakarta, der Abteilung Süd sowie der Grund- satzabteilung. 2004 wurde sie stellvertretende Generalse- kretärin des DAAD. 2008 wechselte sie als Direktorin des Centers for International Cooperation an die Freie Univer- sität Berlin. Im Oktober 2010 kehrte Dorothea Rüland als Generalsekretärin in den DAAD zurück. Anfang 2021 wird sie in den Ruhestand verabschiedet. 48

DAADeuroletter forum Die Bedeutung von Auslandserfahrung für die Karriere TEXT: MARINA STEINMANN Erfahrungen lohnen sich, gerade in beruflicher Hinsicht. Das gilt nicht zuletzt für Erfahrungen, die im Zuge eines studienbezogenen Auslandsaufenthalts gewonnen werden, wie eine vom DAAD in Auftrag gegebene Untersu- chung deutlich macht. Die Ergebnisse zeigen, dass sich ein Verzicht auf Auslandserfahrungen während des Stu- diums im Berufsleben als Verlust an zusätzlichen Karrierechancen herausstellen könnte. Zielsetzung Design und Durchführung Das übergeordnete Ziel der vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 2020 abgeschlossenen Studie war zu ermitteln, welche Rolle eine im Studium erworbene Aus- landserfahrung für die berufliche Karriere spielt.* Dazu wurde erstmals untersucht, wie Arbeitgeber die Aus- landserfahrung bei der Besetzung von Karrierepositio- nen bewerten und ob der mit einem Auslandsaufenthalt verbundene Zugewinn an persönlichen und sozialen Kompetenzen für das Anforderungsprofil für Führungs- kräfte relevant ist. Wie in vorangegangenen Untersu- chungen wurde zudem der Frage nachgegangen, welche Faktoren beim Berufseinstieg von Hochschulabsolventen relevant sind und welche Rolle die Auslandserfahrung dabei spielt. Das Projekt bestand aus 3 Teilen: – einer umfassenden Analyse der bis zum Jahr 2020 erschienenen Forschungsliteratur zum Verhältnis der von Arbeitgebern gesuchten Kompetenzen und Fä- higkeiten, die im Auslandsstudium erworben werden – einer darauf aufbauenden, im Herbst 2019 durchge- führten repräsentativen Onlinebefragung von 1.099 deutschen Unternehmen zu Kompetenzen, die bei Einstellung und im Karriereverlauf ausschlaggebend sind – 8 ausführlichen qualitativen Interviews mit Personal- verantwortlichen aus Unternehmen als kommentie- rendes und vertiefendes Element im April und Mai 2020 In den Interviews wurde insbesondere die Rolle der sozi- alen und persönlichen Kompetenzen näher erörtert, aber auch die Frage, inwieweit Auslandserfahrungen für die Beförderung von Mitarbeitenden sowie für den berufli- chen Werdegang insgesamt von Bedeutung sind. Da sich mit der Coronakrise gänzlich neue Herausforderungen ergaben, die zum Zeitpunkt der Festlegung der zentralen Untersuchungsfragen und der Durchführung der beiden ersten Teile der vorliegenden Studie noch nicht absehbar waren, wurde darüber hinaus nach ihren Auswirkungen auf die Einstellungs- und Beförderungspolitik des jewei- ligen Unternehmens gefragt. * Die vollständige Studie «Die Bedeutung von Auslandserfahrung für den Karriereerfolg von Hochschulabsolventen auf dem deutschen Arbeitsmarkt» kann unter eu.daad.de/auswertungen heruntergeladen werden. 50

DAADeuroletter forum Bewertung Auslandsaufenthalt im Vergleich zur Einhaltung der Regelstudienzeit – Darstellung im Zeitvergleich Angaben in Prozent der Unternehmen, die Akademiker beschäftigen oder dies planen Quelle: IW-Personalpanel, 2019, S. 96 Ergebnisse Im Rekrutierungsprozess sind Praxiserfahrungen laut der Onlinebefragung für die Unternehmen das wich- tigste Auswahlkriterium. Dauer oder Abschlussnote des Studiums, aber auch die Auslandserfahrung als rein formales Kriterium sind demgegenüber deutlich weniger relevant. Gleichwohl haben Bewerber bei ansonsten glei- cher Qualifikation bei jedem 4. Unternehmen bessere Einstellungschancen; bei Unternehmen mit Mitarbei- tenden im Ausland ist dieser Vorteil mit über 50 Prozent noch viel häufiger gegeben. Verlängert sich die Studien- zeit aufgrund des Auslandsaufenthalts, so ist dies für die breite Mehrheit der Unternehmen kein Problem. Für international ausgerichtete Einstiegsprogramme ist die Auslandserfahrung oftmals sogar Einstellungsbedin- gung. Neben den positiven Effekten, die die Auslandserfahrung unter bestimmten Voraussetzungen in Auswahlprozessen mit sich bringt, kann sie die Entwicklung berufsrelevan- ter Kompetenzen positiv beeinflussen. Zu diesen Fähig- keiten zählen interkulturelle Kompetenz, Kommunika- tionsfähigkeit, Selbstvertrauen und Offenheit für Neues. Sie sind in einer durch permanenten Veränderungsdruck und Unwägbarkeit geprägten Arbeitswelt gefragter denn je. Das gilt nicht nur für akademische Berufseinsteiger, sondern auch für künftige Führungskräfte. Die studienbezogene Auslandserfahrung ist keine for- male Voraussetzung, um Karriere zu machen, aber sie kann zu zusätzlichen beruflichen Optionen führen. Bei gleicher Qualifikation kann sie bereits beim Berufsein- stieg Vorteile bringen und mit hoher Wahrscheinlichkeit erhöhen sich die Chancen, eine Tätigkeit mit internatio- nalen Bezügen zu übernehmen. Dadurch können sich insbesondere in international tätigen Unternehmen wei- tere Karrierechancen ergeben. Für den Karriereverlauf sind im Beruf erbrachte Leistun- gen das Wichtigste. Da soziale und persönliche Kompeten- zen mindestens so bedeutsam wie fachliche sind, kommt der Erweiterung dieser Persönlichkeitsmerkmale während der Studienzeit umso mehr Bedeutung zu: Durch Ausbil- dung entsprechender Kompetenzen erfolgt die Weichen- stellung eben nicht nur für den Einstieg in den Arbeits- markt; sie geschieht für das gesamte Berufsleben. Profunde Auslandserfahrungen haben potenziell mehre- re Vorteile: die Erweiterung der fachlichen Kompetenz→ 51

DAADeuroletter forum Bedeutung verschiedener Kompetenzen zur Gestaltung von Veränderungen bei Bewerbern um Führungspositionen – nach Auslandsaktivität der Unternehmen Anteil der Unternehmen in Prozent, denen die jeweilige Kompetenz besonders wichtig ist. sowie die Stärkung der sozialen Kompetenzen. Hinzu kommt, dass eine Auslandserfahrung für die Einstellung bei einem gewissen Teil der auslandsorientierten Arbeit- geber ein Muss ist und auch bei anderen Unternehmen Optionen zur Übernahme spezifischer Aufgaben eröffnet. Konsequenzen Ein Auslandsaufenthalt ist kein Kästchen, das bei Sich- tung der Bewerbungsunterlagen einfach abgehakt wird. Bei der Begleitung sowie der Vor- und Nachbereitung der Aufenthalte sollte von Hochschulseite deshalb besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, Studierende darin zu unterstützen, ihren Kompetenzgewinn wahrzunehmen Quelle: IW-Personalpanel, 2019, S. 118 und in Bewerbungssituationen angemessen darstellen zu können. Bei der Beratung von Studierenden sollte nicht nur auf die formale Bedeutung der Auslandserfahrung für den Berufseinstieg hingewiesen werden, sondern die Bewertungsperspektive um den späteren Verlauf des Be- rufslebens erweitert werden. Ziel sollte es sein, die Stu- dierenden zu studienbezogenen Auslandsaufenthalten zu motivieren und ihnen zu verdeutlichen, welche Art von Erfahrung angestrebt werden sollte, um bestimmte Kompetenzen zu erwerben. ■ Marina Steinmann Expertin für Hochschulzusammenarbeit > steinmann@daad.de 52

DAADeuroletter forum Die NA intern Das gegenseitige Sichkennen ist in einer Zusammenarbeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Deswegen stellen sich Ihnen in dieser Rubrik in jeder Ausgabe des DAADeuroletters einige unserer Kolleginnen und Kollegen vor. Babette Hofmann David Akrami Flores Elisabeth Tauch Meine Aufgabe in der NA … Meine Aufgaben in der NA: Meine Aufgaben in der NA … ist seit Juni 2019 im Referat EU01 die Ich leite das Referat EU04 Politik- sind im Bereich der Kooperations- Organisation von Veranstaltungen in unterstützung, das für Erasmus+ Leit- projekte angesiedelt. Im Referat EU03 Deutschland. Als Hotelbetriebswirtin aktion 3, den Bologna-Prozess und berate ich Hochschulen zu Möglich- und Dienstleisterin liegt mir in beson- den ASEM-Bildungsprozess verant- keiten der strukturellen Zusammenar- derem Maße die gute Betreuung und wortlich ist. beit in zentral verwalteten Erasmus+ Förderlinien. Meine Schwerpunkte liegen dabei auf den Jean Monnet- Aktivitäten und den Europäischen Hochschulen. Es mir wichtig, gut zu informieren und in allen Phasen der Projektentwicklung effektiv zu unter- das leibliche Wohl der Teilnehmenden während unserer Veranstaltungen am Herzen. Seit der Corona-bedingten Umstellung auf virtuelle Veranstal- tungsformate im Frühling liegt mein Fokus zurzeit im akustischen und visu- ellen Bereich. Mit der europäischen Idee … verbinde ich ein einzigartiges Projekt, das unserem Kontinent Freiheit, Frie- den und Freizügigkeit gebracht und ihn zusammengeführt hat. Ich halte die europäische Integration und die Entwicklung der europäischen Institu- stützen. Mit der europäischen Idee … tionen für eine besondere Errungen- Die europäische Idee … verbinde ich, Frieden und Freiheit zu schaft, da sie – trotz ihrer bekannten erzählt auch von der deutsch-franzö- erhalten, Meinungsvielfalt zuzulassen Defizite – eine demokratische Teil- sischen Verständigung. Als Französin, und zuzumuten sowie Stabilität und habe seiner Bürgerinnen und Bürger die seit Langem in beiden Kulturen Verlässlichkeit zu sichern. Meine Liebe garantiert. Die EU schafft einen Rah- lebt, ist es mir ein persönliches An- und mein Denken zu Europa wurden men, Einigungen bei teils sehr unter- liegen, Europa etwas zurückzugeben. durch viele Reisen und Arbeitsstellen schiedlichen nationalen Interessen zu Ich freue mich, dass mir durch die durch und in ganz Europa entfacht finden. Das ist eine besondere Stärke Beratungsarbeit zu Erasmus+ Koope- und in besonderem Maße geprägt. Europas. Diese Kompromissbereit- rationsprojekten täglich Gelegenheit Das Erasmus-Programm bringt uns schaft sollte aber seine Grenzen dort dazu geboten wird. Meine Vision ist, schon seit vielen Jahren auf diesen ge- haben, wo Populismus Demokratie dass Hochschulen über die Mobilität meinsamen Weg für die Zukunft. und Rechtsstaatlichkeit unter Druck hinaus das ganze Potenzial der Ko- setzt und gefährdet. operationsprojekte für die Stärkung des europäischen Zusammenhalts nutzen. 53

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