typisch deutsch typically german letter 01/2017 die qual der wahl too much choice is tyranny so um das jahr 2009 gab es eine geheime abstimmung in den me dien, bei der berlin zur coolsten stadt der welt erklärt wurde. keine andere stadt kann sich erinnern, an der wahl teilgenommen zu ha ben, und das ganze wurde so gründlich überwacht wie eine schön heitskonkurrenz, die robert mugabe gewinnt. berlin verwandelte sich – wie das tollpatschige mädchen in der komödie, das plötzlich die haare offen trägt, die brille abnimmt, und alle schnappen nach luft: „wow, berlin, du bist ja richtig… scharf!“ als die leute dann merkten, dass berlin auch noch billig war, strömten alle hierher. die geschichte ist beinahe wahr. die leute sind tatsächlich herge strömt, jedenfalls ausländer wie ich. trottel. goldgräber, die bei ber lins multikulturellem goldrausch ihr glück machen wollten. die deutschen waren vom berlinhype nicht so leicht zu überzeugen. sie kannten die stadt und wussten, sie war dreckig und stank, war voll mit betrunkenen, das schwarze loch der deutschen wirtschaft – steuern fließen hinein, doch heraus kommt dabei nicht so et was wie nürnberg oder freiberg am neckar, sondern ein bankrottes technoprojekt für die generation ryanair. » die deutschen sind vollauf zufrieden im echten deutschland, in ihren kleinstädten. sicher, die kleinstadt bietet vielleicht keine unbegrenzten möglich keiten, aber das ist es ja eben. denn ein wenig auswahl ist gut, zu viel wahl die reine qual. in der kleinstadt drückt dich nicht die last der unendlichen alternativen. willst du hier abends essen gehen, musst du dich zwischen vier restaurants entscheiden, nicht zwi schen 400. du weißt, auf welche schule du deine kinder schickst, weil es nur eine gute gibt. an der wird kein esperanto unterrichtet, aber was soll’s? hier sind die straßen nicht mit gold und gelegen heiten gepflastert, aber auch nicht mit graffiti und erbrochenem. hier kannst du abends durch saubere straßen spazieren und in bloß einer kneipe 50 prozent deines freundeskreises treffen. und au ßerdem ist die nächste großstadt nur eine schnelle regionalbahn verbindung entfernt. ihr könnt mir als berliner glauben, wenn ich euch sage: wenn diese stadt die hauptstadt von irgendwas ist, dann nicht deutschlands, sondern der bundesrepublik bloniver (bloß nichts verpassen). wir haben es hier vielleicht größer, lauter, glänzender, exotischer – aber in der kleinstadt habt ihr es besser… sometime around 2009, there was a secret media ballot and berlin was declared coolest city in the entire world. no other city remembers taking part, and the whole thing was conducted with the same level of oversight as a beauty pageant won by robert mugabe. berlin transformed, like the goofy girl in the romcom who lets her hair down, takes her glasses off, and everyone gasps, “wow, berlin, you’re... hot!” once people found out berlin was also cheap, they flocked here to try and make lives for themselves. this story is almost true. people did flock here, foreign people, like me. suckers. prospectors trying to strike their fortune in berlin’s multicultural gold rush. germans – wiser and more experienced – were not as easily convinced by the berlin hype. they knew the city well. knew it was dirty, smelly, crowded, full of drunk ards, the black hole of the german economy – a place where taxes and services go in, but what comes out isn’t nuremberg, or freiberg am neckar, but a bankrupt techno art project for generation ryanair. » the germans are perfectly happy in the real germany, in kleinstädten. si- g al/g etty i m a g e s sure, kleinstadt might not be a place where anything is possible, but that’s precisely the point. because a little choice is good, too much choice is just tyranny. just because something is possible, doesn’t mean it’s probable. kleinstadt and the provinces allow a life unburdened by endless choice and possibility. where eating out tonight is a decision between four restaurants, not 400. where they know which school to send their children to because there’s only one that’s good. it doesn’t offer classes in esperanto, sure, but so what? they turned out fine enough, without esperanto. where the streets might not be paved with gold and possibility, but at least they’re not caked in graffiti, sick and broken glass. where tonight they can walk those clean streets and see 50% of their friends just by visiting one bar. and anyway, the next big city is just a short regional rail hop away. e k z r e h o g n as a berliner, trust me when i say, if this city is the hauptstadt of anything, it’s not germany, it’s the federal republic of fomo (fear of missing out). we might have it bigger, louder, flashier, exoticer, but in a kleinstadt you have it better… i : n e h c s i l g n e m e d s u a g n u z t e s r e b ü adam fletcher der 1983 geborene brite lebt heute in berlin. er hat mehrere bestseller geschrieben, darunter „how to be german / wie man deutscher wird“ und „denglisch for better knowers“ (mit paul hawkins). n n a m e s o r x a m adam fletcher born in 1983, adam fletcher is from the uk but now lives in berlin. he has written several bestsellers, including “how to be german / wie man deutscher wird” and “denglisch for better knowers” (with paul hawkins). 50