Werner Braune war ein zentraler Akteur des NS-Regimes und verantwortlich für den Tod Tausender Menschen. Für kurze Zeit war er auch Geschäftsführer des DAAD – und nutzte die Austauschorganisation zur Durchsetzung seiner rassenideologischen Vorstellungen.
Von Gemma Pörzgen
Mit dem nationalsozialistischen Karrieristen Werner Braune an der Spitze des DAAD verbindet sich eines der dunkelsten Kapitel der Austauschorganisation. Der Leiter des Außenamtes der Reichsstudentenführung übernahm die DAAD-Geschäftsführung im Juni 1943 und führte beide Organisationen fortan in Personalunion.
Karriere im Nationalsozialismus
Der Jurist Braune, der 1931 im Alter von 22 Jahren sowohl der NSDAP als auch der SA beitrat, machte eine rasche Karriere innerhalb der nationalsozialistischen Organisationen. Als überzeugter Nationalsozialist begann er 1936 seine Tätigkeit im Sicherheitsdienst des Reichsführers SS sowie in der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Dort übernahm er bald Leitungsfunktionen und stieg auf. Im Jahr 1941/42 wurde ihm die Befehlsgewalt über ein Einsatzkommando übertragen. Diese Einsatzkommandos waren Instrumente des Vernichtungskrieges in den eroberten „Ostgebieten“ der Sowjetunion und verübten Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten.
Verantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine
Als Kommandeur des Sonderkommandos 11b der Einsatzgruppe D, dessen Aufgabe die Ermordung von politischen Gegnern, Juden, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen war, verantwortete er im Dezember 1941 das Massaker in Simferopol auf der Krim. Dabei wurden innerhalb von drei Tagen 14.300 Menschen ermordet. Braune wurde dafür 1943 zum SS-Obersturmbannführer befördert. Die nächste Station auf seiner Karriereleiter war die Leitung des DAAD.
Mit seiner NS-ideologischen Ausrichtung nahm er Einfluss auf die Ausrichtung des DAAD, der unter ihm weiter zum Instrument von Rassen- und Volkstumspolitik wurde. Laut einer Chronik des DAAD wurden beispielweise im Baltikum Stipendien nur an die Menschen vergeben, die „auf Grund ihres rassischen Bildes die Aussicht dafür bieten, dass wir sie bei geeigneten Erziehungs- und Auslesemethoden allmählich in das deutsche Volk umvolken können.“ Damit wurde auch die Rolle des Deutschstudiums entsprechend der NS-Ideologie umgedeutet. Zum akademischen Jahr 1944/45 sollten alle Stipendiaten aus Flandern, der Wallonie, den Niederlanden und Norwegen in ein „Germanisches Begabtenwerk“ der SS übernommen werden. Aber durch den weiteren Kriegsverlauf kam es nicht mehr dazu. Der DAAD war für Braune nur eine kurze Station, denn im Februar 1945 erfolgte seine Versetzung nach Norwegen, wo er in der Hauptstadt Oslo Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD war.
Anklage in den Nürnberger Nachfolgeprozessen
Nach Kriegsende kehrte Braune zurück nach Deutschland und versuchte zunächst mit falschen Papieren und einer neuen Identität unterzutauchen. Er wurde jedoch schnell enttarnt und in Mainz festgenommen. Braune war einer von 24 ehemaligen SS-Führungsmännern, die vom 15. September 1947 bis zum 10. April 1948 im Einsatzgruppenprozess, einem der Nürnberger Nachfolgeverfahren, schwerer Kriegsverbrechen angeklagt wurden. Die Zahl der Menschen, die die Einsatzgruppen von Juni 1941 bis 1943 in der UdSSR ermordeten, wurde auf mindestens 600.000 geschätzt. Die Anklage ging auf Basis der Einsatzgruppen-Meldungen sogar von mehr als einer Million Opfern aus.
Hinrichtung als NS-Kriegsverbrecher
Vor Gericht schob Braune die Verantwortung auf Hitler und berief sich auf den Befehlsnotstand, eine in der Nachkriegszeit gängige Verteidigungsstrategie. Auf die Frage, was mit den bei den Razzien verhafteten Juden geschehen sei, antwortete Braune geradeaus, dass sie alle erschossen worden seien. Ein Unrechtsbewusstsein war in seinen Äußerungen während des Verfahrens nicht zu erkennen.
Am 8. und 9. April 1948 wurden alle Angeklagten schuldig gesprochen, am 10. April erhielten 14 der Angeklagten das Todesurteil, darunter Braune. Bis zu seiner Hinrichtung am 7. Juni 1951, saß Braune im „War Crimimnals Prison No. 1“ der Alliierten in Landsberg am Lech ein.
Die Vergangenheit als Mahnung, die Zukunft als Chance
Werner Braunes Zeit als DAAD-Leiter steht für die Instrumentalisierung von Austausch zu ideologischen Zwecken – seit seiner Wiedergründung setzt der DAAD auf Vielfalt und Offenheit als unverrückbare Werte seiner Arbeit. Die Beschäftigung mit diesen dunklen Jahren des DAAD mahnt uns, den Wert von Wissenschaftsfreiheit und internationaler Kooperation für eine friedliche Welt hochzuhalten. Angesichts nationalistischer Strömungen in der heutigen Zeit stemmt sich der DAAD mit aller Kraft gegen Ausgrenzung und Intoleranz und setzt ein klares Zeichen für Verständigung und Weltoffenheit.